[gelesen] Roxy. Ein kurzer Rausch, ein langer Schmerz von Neal & Jarrod Shusterman

Rezensionsexemplar

© Fischer
Roxy
Ein kurzer Rausch, ein langer Schmerz
.
Neal & Jarrod Shusterman
erschienen im Februar 2022
448 Seiten
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Fischer Sauerländer

erste Thematik mit interessanter Umsetzung, die nicht komplett überzeugen kann

Als Isaac der überirdisch schönen Roxy begegnet, zieht sie ihn sofort in ihren Bann. Er fühlt sich lebendig wie nie, alles ist leicht und nichts scheint unmöglich. Isaac ahnt nicht, dass Roxy kein normales Mädchen ist, sondern eine Droge, hergestellt in einem Labor, um die Menschen von ihrem Schmerz zu befreien. Und Millionen Menschen lieben sie dafür. Doch das ist Roxy nicht genug. Sie will beweisen, wie tödlich sie ist. Klappentext: © Fischer

Scythe habe ich geliebt. Und auch Dry, das erste Buch von Vater und Sohn, fand ich richtig klasse.
Mit Roxy allerdings… war es nicht immer ganz einfach.

Ganz grundsätzlich: Hier wird ein wichtiges Thema aufgegriffen, auf das definitiv mehr aufmerksam gemacht werden muss, wobei die Problematik in den USA noch weit dramatischer zu sein scheint als hierzulande.
Im Mittelpunkt stehen zwei Teenager, Geschwister, die auf ganz unterschiedliche Weise mit Medikamenten bzw. Drogen in Kontakt kommen. Es ist erschreckend, wie leicht beide an die jeweiligen Mittel gelangen und ohne Kontrolle konsumieren können. Intensiv wird geschildert, was die Substanzen mit ihren Gedanken anstellen. Wie unbedacht direkt die nächste Pille eingeworfen wird, die den Strudel der Abhängigkeit verstärkt. Die Unkenntnis von Außenstehenden. Dass es nicht so leicht ist, die eigene Abhängigkeit zu erkennen. Die Hemmschwelle, sich diese einzugestehen und Hilfe zu holen. Entzugserscheinungen. Rückfälle. Die tragischen Konsequenzen…

Ivys und Isaacs Kapitel fand ich sehr interessant und super zu lesen. Das allererste Kapitel wirft eine Frage auf, deren Beantwortgung lange auf sich warten lässt, was durchweg eine gewisse Spannung erzeugt. Ich war schockiert, betroffen und habe gebangt, das unvermeidliche Ereignis könne vielleicht doch noch abgewendet werden…

Womit ich allerdings meine Probleme hatte, waren die Kapitel aus der Ich-Perspektive der Drogen, die hier personifiziert werden. Prinzipiell ist die Idee ganz spannend und am Anfang fand ich auch interessant, wie auf diese Art ihre Wirkweise beschrieben wird: Schmerzlinderung, Konzentrationssteigerung… Sie reden auf ihre Opfer ein, flüstern ihnen zu, dass sie unbedingt weitere Mengen nehmen müssen. Auch das ist noch einleuchtend, mögen es die Betroffenen, die teilweise halluzinieren, es doch so empfinden, dass jemand ihnen zum Konsum rät.
Aber je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr haben mich diese Passagen angestrengt. Ja, sie fungieren als Verführer. Und dass Isaac Roxy „sieht“ und mit ihr spricht, verstärkt diese Rolle.
Allerdings wetteifern die Substanzen darum, die Menschen in den Abgrund zu treiben. Ihr Konkurrenzkampf nimmt ziemlich viel Raum ein. Immer wieder gibt es Begegnungen und Streitgespräche zwischen einzelnen Mitteln, was teils doch etwas befremdlich ist.
Den Drogen werden hier allerlei Gedanken und Gefühle zugeschrieben, die ich immer weniger nachvollziehbar fand. Und es gibt zahlreiche solcher Kapitel, die die Handlung für mich letztlich eher in die Länge gezogen haben, als tatsächlich zum Fortgang beizutragen.

Ob das Buch am Ende die gewünschte – abschreckende – Wirkung erzielt, kann ich schwer einschätzen. Die Welt der verschiedenen Drogen wird bunt und schillernd dargestellt. Sie feiern glamouröse Partys, steigern die Leistung, verhelfen zu Erfolgen, bezeichnen sich selbst als Götter. Die Schattenseiten nehmen im Verhältnis viel weniger Raum ein.
Außerdem hätte ich mir eine etwas stärkere Differenzierung zwischen bzw. mehr Infos zu den zwei Medikamenten gewünscht, die hier im Vordergrund stehen. Isaac bekommt nach einer Verletzung extrem starke Schmerzmittel, die ihn in die Abhängigkeit ziehen. Ivy hat ADHS. Dank der Tabletten bekommt sie ihre schulische Leistungen wieder in den Griff, bis die Situation außer Kontrolle Gerät. Völlig unterschiedliche Voraussetzungen und Substanzen also, die aber irgendwie in einen Topf geworfen werden – besonders im Battle gegeneinander.

Was dem eBook fehlt, ist die im Buch enthaltende Übersicht der Substanzen und ihre Zuordnung, die sich für mich nicht immer aus dem Kontext heraus erschlossen hat bzw. einige Medikamente waren mir auch einfach nicht bekannt.

Fazit

Roxy enthält eine erste Thematik, die auf interessante Weise umgesetzt wurde – mich aber trotzdem nicht komplett überzeugen konnte. Die Geschichten der zwei Geschwister, die auf so unterschiedliche Weise in eine Spirale der Abhängigkeit geraten, fand ich sehr interessant. Mit den Ich-Perspektiven der Drogen hatte ich allerdings meine Probleme. Ich fand diese Passagen teils zäh und konnte mich in die Darstellung nicht immer gut reindenken. Dennoch macht die Geschichte oft betroffen, nachdenklich und sensibilisiert für mögliche Anzeichen…

Ich danke dem Verlag sowie NetGalley für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

 

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5 Gedanken zu „[gelesen] Roxy. Ein kurzer Rausch, ein langer Schmerz von Neal & Jarrod Shusterman“

  1. Hi Anja!

    Ohhh, das ist natürlich richtig doof, wenn im Ebook der Überblick fehlt! Ich kenne zwar viele der Drogen (dem Namen nach und weiß von der Wirkung), aber mit den „Spitz“Namen hätte ich jetzt auch nicht immer die passende Droge dazu gewusst.
    Das Wetteifern der Drogen konnte ich „nachvollziehen“ bzw. mich reinversetzen, das hat mich gar nicht so gestört.
    Dass zwei so unterschiedliche Substanzen genommen wurden fand ich eigentlich sehr gut, da sie einfach völlig unterschiedlich sind, aber eben dennoch in Abhängigkeiten stürzen können.

    Ob das ganze abschreckend wirkt, da hab ich ja auch so meine Zweifel. Allerdings nicht, weil die Partywelt bunt und schillernd dargestellt wird, sondern aus einem Gefühl heraus dass es manche einfach fasziniert. Warum der eine abhängig wird und der andere nicht, das ist mir hier z. B. viel zu wenig thematisiert worden. Es hängt sozusagen „nur“ an den Drogen. Ich weiß aus Erfahrungen einiges, und ich hab das Buch oft mit einem sehr beängstigenden Gefühl gelesen. Teilweise fast schon „triggermäßig“, obwohl ich das Wort ja nicht so gerne mag… ich denke nur, man sollte mit solchen Büchern / Themen immer etwas vorsichtig sein.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Huhu,
      ich habe den Überblick dann online gefunden. Viele Substanzen waren mir nicht bekannt und von den Namen konnte ich tatsächlich nicht alle ableiten. Das hatte dann auf jeden Fall einige Fragen beantwortet.

      Du hast schon recht, dass die zwei ganz unterschiedlichen Substanzen zur „gleichen“ Abhängigkeit führen können, ist grundsätzlich ein wichtiger Punkt der Handlung.
      Aber dennoch finde ich es schwierig, ein ADHS-Medikament, auf das Betroffene oft angewiesen sind, mit „Spaß-Drogen“ gleichzusetzen. Ivy war ja in dem Sinne zumindest „berechtigt“ es zu nehmen, während in den USA ja wohl viele bei Prüfungsstress und co. ebenfalls zu Adderall greifen, auch ohne ADHS-Diagnose. (sagt das Internet. Irgendwo habe ich gelesen, dass es auch ein nettes Nachwort der Autoren geben soll, auch das fehlt dem eBook).

      Weiterführendes Hintergrundwissen fehlt mir zum Glück.

      Viele Grüße
      Anja

  2. Hallo liebe Anja,

    also ich bin ein Fan von Neal Shusterman seit „Vollendet“ …..aber mit dieser Drogengeschichte habe ich auch etwas Probleme…denn eine Droge als Mensch mit menschlichen Befindlichkeiten..finde ich gefährlich und nicht irgendwie zielführend bzw. abschreckend gestaltet..

    Hm…hm……LG…Karin..

    1. Hallo Karin,
      wie Abschreckend man das Thema findet, wird letztlich wohl auch viel von der eigenen Einstellung und Neugier abhängen.
      Die Meinungen gehen ja auch in den USA extrem auseinander.
      Viele Grüße
      Anja

  3. Guten Morgen Anja,

    ja, ich finde die Thematik an sich und auch die ungewöhnliche Idee der Umsetzung interessant, aber ich glaube auch, dass mich das stören würde, das du als Kritikpunkte angebracht hast. Es ist halt doch sehr abstrakt, dass die Drogen als Person dargestellt werden und sich dann auch noch untereinander streiten usw.
    Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob ich das Buch irgendwann mal lesen werde, obwohl ich mir schon vorstellen kann, dass es auf jeden Fall nochmal ein ganz anderes LIcht auf vieles wirft.

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

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