[gelesen] Sanctuary -Flucht in die Freiheit von Paola Mendoza und Abby Sher

Rezensionsexemplar

©Carlsen
Sanctuary – Flucht in die Freiheit

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Paola Mendoza, Abby Sher
erschienen Juli 2021
352 Seiten
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Carlsen
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dramatische Flucht in „dystopischen“ Setting

Vali möchte eigentlich nur eines: in Frieden leben und frei sein. Doch so einfach dieser Wunsch für manche klingen mag, so schwierig ist es für sie…
Im Jahr 2032 ist es in den USA üblich, dass jeder Bürger mit einem ID-Chip versehen wird. Sich unregistriert im Land aufzuhalten, wird immer schwieriger. Vali und ihre Familie führen seit ihrer Flucht aus Kolumbien ein beschauliches Leben und versuchen möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Nur Valis kleiner Bruder ist in den USA geboren und trägt daher einen gültigen und problemlos funktionierenden Chip.
Durch einen Vorfall an der Grenze zu Mexiko greift die Regierung zu härteren Maßnahmen und drängt damit alle illegalen Immigranten in die Enge. Für Vali, ihren Bruder und ihre Mutter bedeutet das erneut die Flucht aus ihrem zu Hause. Auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft müssen sie sich vielen Hürden stellen, stoßen immer wieder an ihre körperlichen und mentalen Grenzen und sind umgeben von Angst und Schrecken.

Die Geschichte spielt einige Jahre in der Zukunft, in einem Setting das zunächst dystopisch wirkt -und es natürlich auch ist-, bei näherer Betrachtung jedoch viele Berührungspunkte zur aktuellen Realität und den Bestimmungen z.B. in den USA hat, und damit gar nicht so weit entfernt scheint, wie man hoffen würde. Migration Ausländerfeindlichkeit und solche Themen sind auch heutzutage aktuelle Probleme, die die Bevölkerung vielerorts beschäftigen. Und auch wenn die Gründe für das Verlassen des Heimatlandes unterschiedliche sind, so sind die Schwierigkeiten, denen sich die Immigranten gegenübersehen teilweise schon ähnlich. Ebenso in die Handlung eingeflochten sind unter anderem politische Entscheidungen, Machtdemonstrationen und das gewaltsames Durchsetzen der Regeln, wodurch es zusätzlich erschreckende, brutale Momente gibt.
Im Buch ist die Situation in den USA eskaliert und auf die Spitze getrieben, jedoch auch nicht völlig unrealistisch und aus der Luft gegriffen, auch wenn man sich das beim Lesen wünschen würde. Es wirkt an vielen Stellen erschreckend authentisch und realistisch. Umso bedrückender, erschreckender und aufwühlender sind die Erlebnisse der jungen Protagonistin, die aus der Ich-Perspektive geschildert werden.

Die Stimmung innerhalb der Handlung ist berechtigterweise bedrückt, teilweise niedergeschlagen, angsterfüllt und stellenweise ziemlich düster. Die Charaktere klammern sich an jeden Hoffnungsschimmer, der sich ihnen auf ihrer schlimmen, dramatischen Flucht bietet. Und ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass es davon viel zu wenige gibt. Immer wieder gibt es Rückschläge, Verluste, neuen Schmerz, neue Gefahren und Strapazen.
Auch wenn es hauptsächlich um Vali und ihre Familie geht, lernt man im Verlauf der Geschichte auch andere Charaktere kennen, die aus unterschiedlichen Gründen ihren Weg kreuzen und ihn mal länger, mal kürzer begleiten. Einige sind selbst auf der Flucht, andere sind den Flüchtlingen wohlgesonnen und helfen, wo sie können, wieder anderen sollten sie besser aus dem Weg gehen und nicht wieder begegnen. Von einigen der Figuren lernt man dabei auch ein paar ihrer Hintergründe und einen Teil ihrer eigenen Geschichte kennen. Insgesamt geht es aber viel mehr um die Erlebnisse auf der Flucht und die Probleme, die sich dort auftun, als um sonstige Stärken und Schwächen der Figuren oder ihre detaillierte Hintergrundgeschichte.
Der Schreibstil der beiden Autorinnen hat mich angesprochen und gut mitgenommen, trotz der bedrückenden Atmosphäre. Durch die zahlreichen Emotionen, Ängste und Zweifel, die in die Handlung einfließen, wird die Situation der Protagonistin greifbarer. Man bekommt eine Vorstellung davon, wie schrecklich Vali, 16, sich fühlen muss und wie schwer es fällt trotzdem weiter zu machen und gleichzeitig noch ihren kleinen Bruder, 8, mit zu versorgen und dazu zu bringen, nicht aufzugeben. In manchen Passagen wirkt die Protagonistin ein wenig jünger, als sie ist, ich denke jedoch, das könnte zum einen der Situation geschuldet sein, wie sie aufgewachsen ist und dann natürlich auch ihrer aktuellen Lage, die ihr alles abverlangt und manches einfach so viel unwichtiger macht, als es für andere in ihrem Alter wäre. Mitzuerleben, wie Vali unerbitterlich kämpft und dabei auch über sich hinauswachsen muss, war sehr bewegend und aufwühlend. Einige Aspekte zur Situation rundrum im Land werden eher angedeutet, was auch daran liegt, dass Vali längere Zeit keinen Zugang zu aktuellen Informationen hat. Aber auch die Andeutungen zeigen, wie schlimm die Lage sich entwickelt und wie viele Menschen von den verschärften Regelungen betroffen sind.
Gut gefallen hat mir, dass man nicht zu „euphorisch“ aus dem Buch geschickt wird, was auch zu den direkten, ungeschönten Schilderungen passt, die es im Verlauf des Buches gab. Die grausamen Aspekte waren nicht zu ausschweifend detailliert, aber direkt genug, um zu wissen, was passiert Nach dem Beenden des Werkes bleiben viele Gedanken hängen…

Fazit

Ein Buch mit einer hochaktuellen Thematik und einem Szenario, das sich wohl niemand wünscht, das aber auch nicht so unrealistisch-dystopisch erscheint, wie man es wohl gern hätte. Denn dann wäre es unwahrscheinlicher, dass es ähnliche Situationen einmal geben könnte.
Die dramatische Flucht der Protagonistin Vali mitzuerleben und die Aspekte, die nur angedeutet werden, weiter zu denken, lässt eine bedrückende, nachdenkliche Stimmung entstehen und ich schätze, dieses Buch wird noch einige Zeit in mir nachwirken.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

4 Gedanken zu „[gelesen] Sanctuary -Flucht in die Freiheit von Paola Mendoza und Abby Sher“

  1. Hallo liebe Dana,

    das Buch ist mir auf Instagram schon ein paar Mal begegnet, allerdings wusste ich bei dem Cover nie so richtig, was mich beim Lesen erwarten würde. Dass es sich dabei um eine Dystopie handelt, hätte ich niemals erwartet, deshalb stand das Buch auch bisher nicht auf meiner Wunschliste. Deine Rezension macht mich auf jeden Fall neugierig und ich werde mich mal schlau machen, ob das Buch nicht doch etwas für mich sein könnte 😉

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

    1. Hallo Lisa,
      wenn ich nur das Cover gesehen hätte, hätte ich vermutlich auch nicht unbedingt an eine Dystopie gedacht. Ich habe das Buch damals in der Vorstellung des kommenden Verlagsprogrammes entdeckt und war gleich neugierig. Falls du das Buch lesen solltest, bin ich sehr gespannt, ob es dich auch ansprechen kann, ich hoffe es natürlich. 🙂
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Liebe Dana,

    du hast hier wirklich schöne Worte zu dem Buch gefunden, denen ich mich nur anschließen kann. Die Stimmung der Geschichte ist wirklich düster und drückend. Eine Geschichte, die man intensiv erlebt.

    Liebe Grüße
    Jenny

    1. Hallo Jenny,
      es ist schön, dass du meine Worte nachvollziehen kannst. Man überlegt beim Schreiben einer Rezension ja doch immer, wie man es am besten ausdrückt, damit rüberkommt, was man empfunden hat, man aber auch nicht zu sehr spoilert. Auf jeden Fall ein besonderes Buch.
      Liebe Grüße
      Dana

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