[gelesen] Heimliche Nähe von Tanja Bern

Rezensionsexemplar

© Ashera Verlag
Heimliche Nähe
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Autorin: Tanja Bern
erschienen November 2019
352 Seiten
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Ashera Verlag

nachdenkliche, gefühlvolle Geschichte

Für Tom hat sich unfreiwillig sein gesamtes Leben geändert. Nachdem er von seinen Eltern beim Knutschen überrascht wurde, zieht er aus, versucht auf eigenen Füßen zu stehen und findet dabei viel Halt in seiner Mitbewohnerin und seiner Ausbildung. Und doch gibt es einen Menschen, der ihm noch mehr Halt und Kraft geben würde. Nur ist dieser Mensch nicht auf die Weise für ihn erreichbar, die er sich wünschen würde. Von weitem Schmachten und freundschaftliche Gespräche sind einfach nicht genug und so bricht Toms Herz Stück für Stück.

Mich hat die Geschichte von Beginn an gut mitgenommen. Man wird gleich in die Handlung und damit das Leben von Tom geworfen, das er sich doch irgendwie anders und vor allem harmonischer vorgestellt hatte, als es nun wird. Durch die Ich-Perspektive ist man sehr nah am Geschehen und lernt vor allem den Protagonisten auch sehr intensiv kennen. Die Einblicke in seine Gedankenwelt offenbaren all seine Ängste, Hoffnungen, Zweifel und Wünsche. Mit dem Voranschreiten der Geschichte herrscht in seinem Kopf und seinem Herzen zunehmendes Chaos. All seine sehnlichsten Träume scheinen unerreichbar weit weg, denn der Mensch, der sein Herz und seinen Verstand im Sturm erobert hat, steht ihm höchstens nur als guter Freund zur Seite. Toms Gedanken, sein immer stärker werdender Leidensdruck und der daraus resultierende Rückzug sind sehr nachvollziehbar und authentisch geschildert und auch wenn man selbst vielleicht nicht so empfänglich für all die Dinge ist, die er in der frustrierenden Zeit macht, so passte es doch zu dem Charakter und den Ereignissen.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und das Buch liest sich flüssig, trotz der oft gedrückten Stimmung, die aufgrund all der nachdenklichen Momente entsteht. Neben den bewegenden, aufwühlenden Passagen gibt es aber auch Momente in denen man sich mit den Figuren freuen und mit ihnen lachen kann. Themen wie Outing, Intoleranz, Erwartungen der Eltern an das Leben der Kinder und Freundschaft spielen im Buch eine große Rolle. Auch die Liebe mit verschiedenen Facetten rückt immer wieder in den Mittelpunkt des Geschehens.
Die Liebesszenen an sich sind recht dezent gehalten und sprachlich nicht zu detailliert ausgebaut. Dennoch kann man sich vorstellen, was passiert, ohne dass es wörtlich auf den Punkt gebracht wird. Die Empfindungen haben in diesen Passagen eine größere Bedeutung, so wirkte es für mich auf jeden Fall.
An einigen Stellen hätte ich mir zusätzlich die Perspektive von Finlay gewünscht, um auch seine Sicht auf die Dinge ein wenig intensiver mitzubekommen. Wodurch sie einem vorenthalten wird, steigt natürlich aber auch die Spannung auf die Entwicklung in der Geschichte, da man ebenso wie Tom nicht weiß, wie es weitergehen wird.
Nicht alle Ereignisse in der Handlung kamen völlig unerwartet, sie waren aber trotzdem schön zu verfolgen. Obwohl das Buch mich nachdenklich gemacht hat und ich öfter das Bedürfnis hatte einen der Charaktere mal in den Arm zu nehmen, hat es auch Spaß gemacht Tom zu begleiten und zu beobachten, sie er sich entwickelt und was er aus all den schwierigen Situationen macht.

Besonders im letzten Abschnitt der Geschichte hätten die Szenen noch etwas ausgedehnter und die Zeitsprünge etwas kleiner sein können. Dadurch wäre es vielleicht noch etwas nachdenklicher und verzweifelter geworden, was aus meiner Sicht gut zu den Figuren und ihrer Entwicklung gepasst hätte. Und besonders da hätte ich auch gern in Finlays Kopf gesehen, das hätte den Druck vermutlich noch intensiver und greifbarer gemacht. So kam mir das Ende der Geschichte dann fast etwas plötzlich, auch wenn die Geschehnisse an sich stimmig und rund wirken. Insgesamt also nur ein kleiner Kritikpunkt und mein persönlicher Geschmack. Es ist ja nicht so, als würden die Figuren nicht schon ziemlich leiden müssen auf ihrem steinigen Weg.

Fazit

Eine schöne romantische, aber zugleich auch nachdenkliche Geschichte, in der Verzweiflung und Frustration ebenso eine Rolle spielen, wie Freundschaft, Liebe und Selbstverwirklichung. Die Charaktere haben mir gut gefallen und es hat Spaß gemacht sie zu begleiten, auch wenn ihr weg ziemlich steinig war. Einige Passagen hätten für mich etwas ausgedehnter sein können, insgesamt gesehen aber eine stimmige Handlung, die mich zufrieden zurück lässt.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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