[gelesen] Sol. Das Spiel der Zehn von Aiden Thomas

Rezensionsexemplar

© Dragonfly (HarperCollins)
Sol. Spiel der Zehn
Sol 1
.
Aiden Thomas
erschienen Mai 2023
448 Seiten
.
hier geht’s zum Verlag
Dragonfly (HarperCollins)
.

spannender Dilogieauftakt, komplexe Welt

Seitdem sich die Sonnengottheit Sol geopfert hat, finden alle zehn Jahre die Sonnenspiele in Reino del Sol statt, um die Energie der Sonnensteine neu aufzuladen und damit die Welt vor dem Bösen zu schützen. Dabei treten zehn Nachfahren der Gottwesen in verschiedenen Prüfungen gegeneinander an, um herauszufinden, wer als nächster das Licht der Sonne in die einzelnen Städte bringen wird. Es geht allerdings nicht nur um Ruhm und Ehre bei den Herausforderungen. Wer auf dem letzten Platz landet, wird das nächste Opfer für den Schutz der Welt.
Als Teo bei der Auswahlzeremonie als einer der zehn Teilnehmenden für die Spiele ausgesucht wird, kann er es kaum fassen. Als Nachfahre einer Jade Gottheit wurde er nicht auf die Prüfungen vorbereitet und weiß nicht, was ihn erwarten wird. Gemeinsam mit seiner besten Freundin Niya, die auf der Akademie der Golds war, um für die Spiele und das Leben als Heldenhafte ausgebildet zu werden, und Xio, einem stillen Dreizehnjährigen, der ebenso wie Teo nicht weiß, was auf ihn zukommt, versucht Teo so gut wie möglich durch die Prüfungen zu kommen. Seine Strategie ist dabei eine andere, als die der Golds, was ihn immer wieder anecken lässt. Das ist allerdings nicht das größte Problem, das sich auftun wird…

Der Einstieg ins Buch ist mir nicht ganz leicht gefallen. Den Prolog habe ich zwei Mal gelesen, um die Ursprünge der Gottwesen (Golds, Jades, Obsidians) und der göttlichen Nachfahren und was sie ausmacht auch wirklich zu verinnerlichen. Es gibt besonders zu Beginn sehr viele Namen, die man erst mal alle sortieren, auseinanderhalten und miteinander in Verbindung bringen muss. Da wäre eine Übersicht der Gottwesen und ihrer Nachkommen sehr hilfreich gewesen, um zwischendurch noch mal nachzuschauen, wer zu wem gehört und auch wofür sie verantwortlich sind. Mit der Zeit wurde es etwas besser, auch weil der Fokus dann konzentrierter auf die Teilnehmenden der Sonnenspiele war und ich die Charaktere und ihre Herkunft dann auf dem Schirm hatte. Die Welt ist recht komplex, eine Mischung aus modern und altertümlich, interessant gestaltet und ich mochte auch die ganzen unterschiedlichen Fähigkeiten der Gottwesen und Halbgötter, die aus ihrem Zuständigkeitsbereich resultieren. Jede göttliche Familie hat eine Glyphe und einen Ort, der ihnen unterstellt ist. Im Laufe des Buches besucht man verschiedene dieser Orte und lernt damit unterschiedliche Schauplätze kennen, die alle ihre Eigenarten haben. Mit einer Übersichtskarte wäre es auch hier noch leichter gewesen, die Reiseroute der Spiele nachzuvollziehen, aber da die Städte ja nach und nach wechselten, konnte man dem auch so folgen.
Etwas schade fand ich, dass es einige spanische(?) Ausdrücke im Buch gibt, die nicht so richtig erläutert werden. Teilweise gibt es Erklärungen und Übersetzungen, manchmal direkt nach dem Wort, manchmal dann auch im Satz danach, damit klar wird, was gemeint ist. an einige Stellen wurde es jedoch nicht wirklich aufgelöst. Dabei ging es Hauptsächlich um Lebensmittel, was mich nicht so sehr störte, bei anderen Bezeichnungen stört es dann schon mehr den Lesefluss, der grobe Sinn hat sich aber erschlossen.

Es gibt im Buch zahlreiche queere Charaktere, ohne dass das extra thematisiert wird. Zumindest nicht in dem Sinne, dass es ein Problem darstellt. Es gibt zwar eine Stelle, an der das Thema Transsexualität etwas ausführlicher eingebunden ist, eigentlich geht es dabei aber mehr darum, herauszufinden, wer man selbst wirklich ist und wie man sich definiert und nicht so sehr ums queer sein an sich. Ich empfand das als sehr angenehm, weil es eben einfach als normal angesehen wurde. Einige der Figuren waren auch mit dem Neopronomen „sier“ und den dazugehörigen Formen eingebunden. Daran musste ich mich beim Lesen etwas gewöhnen, aber nicht, weil mich nonbinäre Charaktere stören, sondern weil es einfach noch ungewohnt ist. Der Cast ist sehr divers angelegt und auch von den charakterlichen Eigenschaften bieten die Figuren eine große Vielseitigkeit, was es immer wieder abwechslungsreich macht und zusätzlich Potenzial für Auseinandersetzungen bietet.

Der personale Erzähler beschränkt sich innerhalb der Geschichte auf Teo, wodurch man ihn am intensivsten kennenlernt und viel von seinen Gedanken und seiner Entwicklung mitbekommt. Mit im Fokus stehen immer wieder Niya, Xio und auch Aurelio, ein weiterer Gold, den Teo schon seit Kindertagen kennt, zu dem er zwischendurch jedoch den Kontakt verloren hatte.
Die Jades, zu denen Teo gehört, sind viel näher am Volk dran, haben einen guten Kontakt zu den Bewohnern der Stadt und sind von außen betrachtet nicht so abgehoben, wie viele der Golds. Ihre Fähigkeiten sind häufig nützlich, jedoch nicht so spektakulär und mächtig, wie die der Golds. Manchmal hadert Teo ein wenig mit seinem Schicksal und der Ungerechtigkeit, dass er nicht auf die Akademie der Golds gehen durfte. Auf der Akademie werden die Halbgötter sowohl auf die Sonnenspiele als auch auf das Leben als Heldenhafte vorbereitet. Die Golds sollen ihre Fähigkeiten nutzen, um anderen zu helfen, große Aufgaben zu erledigen, Katastrophen abzuwenden, eben alles, was so anfällt und wofür sie nützlich sind. Dafür werden sie vom Volk gefeiert, viel  private Zeit bleibt ihnen jedoch oft nicht.
Teo, 17, ist nicht so hochgewachsen und kräftig, wie viele der Golds, für die Menschen, die ihm wichtig sind, würde er durchs Feuer gehen, er wirkt manchmal etwas zerstreut, was aber auch daran liegt, dass ihn die neue Situation immer wieder überfordert und aus dem Konzept bringt. Im Verlauf des Buches muss er auch über sich selbst noch Dinge lernen, Aspekte annehmen und sich damit auseinandersetzen, was daraus resultiert, was ich eine schöne Entwicklung fand. Während der Prüfungen hat er deutlich mehr Skrupel, als andere. Ihm ist es wichtig, dass Niya und Xio ebenfalls gut durchkommen, nicht nur dass er selbst ganz vorn landet.
Niya ist eine interessante Figur, die mich immer wieder zum Schmunzeln brachte. Sie ist eine imposante Erscheinung, groß und muskulös, allerdings oft eher plump, nicht besonders feinfühlig und hat oft auch nicht so das Gespür dafür, wenn Zurückhaltung gut wäre. Sie ist sehr direkt, manchmal etwas verplant, aber irgendwie total liebenswert. Teo und sie sind sehr verschieden, gemeinsam mochte ich sie aber total gern.
Xio ist erst 13, klein, eher unauffällig und ziemlich verunsichert durch die Teilnahme an den Sonnenspielen. Niya und Teo haben es sich zur Aufgabe gemacht, ihn zu beschützen und ihm zu helfen, damit er durch die Herausforderungen kommt.
Aurelio ist einer der Golds, hat starke Fähigkeiten, wirkt oft sehr ernst, unnahbar und ist nicht so leicht zu durchschauen. Von ihm erfährt man im Verlauf dann aber auch noch etwas mehr, wodurch er greifbarer wird. Auch wenn man vielleicht nicht jede Aktion gutheißen will, so konnte ich sein Verhalten doch dann viel besser verstehen.
Rundrum gibt es noch viele weitere Charaktere, einige spielen eine größere Rolle, besonders die anderen Teilnehmenden an den Sonnenspielen, andere bleiben eher im Hintergrund. Für mich waren diese vier aber die, um die es sich hauptsächlich drehte. Es war interessant zu sehen, wie sie sich geschlagen haben und wie sie mit den Resultaten der Prüfungen umgegangen sind.

Nachdem ich mich im Buch und der Welt eingefunden hatte, hat sich die Geschichte flüssig lesen lassen. Es gab ruhigere Phasen mit Gesprächen und Charakterentwicklung, aber auch viele spannende und teilweise turbulentere Momente. Umso weiter man vorankommt, umso fesselnder wird die Handlung dann auch. Ein besonderes Augenmerk lag auf den einzelnen Prüfungen bei den Sonnenspielen. Die Aufgaben waren vielseitig angelegt, die Teilnehmenden mussten sich immer wieder anderen Herausforderungen stellen, für die sie teilweise auch ihre Fähigkeiten gut durchdacht einsetzen mussten. Die Beschreibungen waren hier mitnehmend und detailreich, so dass man sich die Szenen gut vorstellen konnte. Manchmal wurde es ziemlich gefährlich, bei anderen Prüfungen ging es eher um strategisches Denken. Hier konnte man die Charaktere gut kennenlernen und einen Eindruck von ihren Gaben erhalten. Es zeigte auch die Komplexität und den Facettenreichtum innerhalb des Buches schön. Es gab immer wieder Neues zu entdecken und zwischendurch gab es auch ein paar kleine Überraschungen. Andere Entwicklungen waren erwartbarer, aber nicht alles am Handlungsverlauf habe ich kommen sehen. Hier und da gab es kleine Elemente, die mich nicht komplett überzeugt haben, insgesamt wurde ich aber wirklich gut unterhalten. An der einen oder anderen Stelle schwingt auch eine gewisse Gesellschaftskritik mit, was gut in die Geschichte eingeflochten war. Ich bin auf jeden Fall auch gespannt, wie es sich im zweiten Band dann entwickeln wird. Eine Richtung, worum es geht, wird hier auf jeden Fall schon angedeutet und die Ausgangssituation bringt einiges an Potential mit sich.

Fazit

Ein spannender, abwechslungsreicher Dilogieauftakt in einer cool aufgebauten, facettenreichen Welt. Die Fähigkeiten der einzelnen Gottwesen waren sehr vielfältig und wurden auf verschiedene Weise eingebunden, was es immer wieder interessant machte und auch zu kleinen Wendungen führte. Die Kombination aus den zahlreichen diversen Charakteren, Fantasyelementen, Spannung, Freundschaft, aufkeimenden Gefühlen, die aber nicht zu sehr in den Mittelpunkt rückten und den immer wieder neuen Herausforderungen bei den Prüfungen hat mir gut gefallen. Durch den Teaser auf Band zwei bin ich auf jeden Fall neugierig geworden.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

6 Gedanken zu „[gelesen] Sol. Das Spiel der Zehn von Aiden Thomas“

  1. Huhu Dana,

    freut mich, dass dich die Geschichte abholen konnte. Bei mir hat es die Leseprobe leider nicht geschafft und auch das, was du in deiner Rezension schreibst, kann mich irgendwie nicht so fesseln.

    Ich finde es auch gut, wenn das queere immer normaler wird, aber ich glaube die Menge wäre mir in einem Buch doch etwas zu viel.
    Zumindest habe ich mich auch im Prolog schon sehr schwer mit dem sier, siesen und sien getan und auch den Rest der Götterentstehung fand ich eher lieblos runtererzählt. Und auch der Start in die Hauptgeschichte konnte mich nicht fesseln. Ich habe die Leseprobe dann auch abgebrochen.

    Deshalb wird es wohl keine Reihe für mich werden, aber ich bin gespannt, was du zur Fortsetzung sagen wirst.

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

    1. Hallo Steffi,
      wenn dich schon die Leseprobe nicht überzeugt hat, dann kann ich gut verstehen, dass du das nicht weiter verfolgt hast. Ich habe mich im Verlauf an das sier, siesen und sien ganz gut gewöhnt. Es gab zwar mehr als eine Figur, die es betraf, aber ich konnte das dann doch gut sortieren. Die Menge an queeren Charakteren hat mich auf jeden Fall nicht gestört. Die allgemeine Fülle an Namen fand ich da schon schwieriger 😀
      Auch wenn wir uns sonst manchmal einige sind, sind hier unsere Geschmäcker wohl einfach verschieden, was ich völlig okay finde 🙂 Im Moment gehe ich auf jeden Fall davon aus, dass ich die Fortsetzung auch lesen werde. Dann werde ich gern berichten.
      Liebe Grüße,
      Dana

  2. Huhu Dana,

    ah, da ist ja die Rezension zum Bild :o)

    Das, was du anfangs über das Buch betreffend des Weltenaufbaus, des fehlenden Glossars, der vielen Namen etc. schreibst, sagt mir schon, dass das ein Buch wäre, dass ich vermutlich wieder im Urlaub lesen müsste. Solche komplexen Geschichten können, wenn sie gut gemacht sind richtig lange nachhallen. Aber ich muss mir dann auch immer etwas mehr Zeit dafür nehmen. Ein Glossar hätte ich mir hier vermutlich zum Ende auch gewünscht. Eine Karte … darauf kann ich zur Not auch verzichten.

    Bei den fremdnamigen Speisen musste ich gerade an eines meiner letzten Bücher XOXO denken. Da gab es so viele koreanische (?) Speisen, die mir alle nichts gesagt haben. Ich wollte aber unbedingt ein Bild davon haben, was die da essen, zumal sie immer so leidenschaftlich von den Speisen geschwärmt haben! :o) Daher musste ich ständig googeln ;o)

    Deine Beschreibungen bzgl. der Charaktere machen neugierig und ich würde auch sehr gerne mehr über die Prüfungen erfahren/lesen. Du hast mich auf jeden Fall neugierig gemacht.

    Es freut mich, dass du dann auch im Verlauf des Buches richtig gut reingekommen und in einen guten Lesefluss gelangt bist.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich empfand es auch eher nicht als ein Buch, dass man mal fix nebenher liest. Einige sehen das bestimmt anders, aber besonders zu Beginn musste ich mich doch etwas mehr konzentrieren, um die ganzen Namen zu sortieren, wer wohin gehört und so. Als ich dann drin war, war es besser und man hat eben dann auch mehr Fokus auf weniger Charaktere als zu Beginn. Ich hab noch gar nicht geschaut, wann Teil zwei kommt. Ich hoffe, es dauert nicht ganz so lange 😀 Damit ich nicht alles wieder vergessen habe 😉
      Bei koreanischen/asiatischen Speisen wäre ich auch raus 😀 Da würde ich auch nichts kennen. Ich weiß aber auch nicht, ob ich wirklich alles googeln würde… vermutlich wäre mir das zu aufwendig beim Lesen 😉 Ich kann aber verstehen, dass du es gemacht hast. Wenn man weiß, worum es da geht, ist es schon netter.
      Liebe Grüße,
      Dana

  3. Hallo liebe Dana 🙂

    Bei dem Buch habe ich ganz lange überlegt, ob ich es lesen möchte, habe mich aktuell aber dafür entschieden, erst einmal meinen SuB etwas einzuschrumpfen, bevor ich mir neue Geschichten gönne. Dass queere Charaktere immer natürlicher in Bücher eingebunden werde, finde ich eine richtig tolle Entwicklung. So ganz habe ich das Buch nach deiner Rezension also noch nicht abgeschrieben, auch wenn es nicht ganz nach der leichten Lektüre klingt, die man hinter dem fröhlich bunten Cover vielleicht erwarten könnte. Aber nachdem mich bereits „Wendy & Peter – Verloren im Nimmerwald“ so gut unterhalten hat, werde ich „Sol – Das Spiel der Zehn“ vielleicht auch irgendwann noch eine Chance geben 🙂

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

    1. Hallo Lisa,
      ich könnte mir schon gut vorstellen, dass dir die Geschichte gefallen würde. Geschmack ist natürlich unterschiedlich, aber wenn man eben so ein bisschen verfolgt, was du sonst so liest, denke ich, es passt auf jeden Fall in dein Beuteschema. Ich musste mich zu Beginn eben ziemlich konzentrieren, damit ich richtig reinkam, aber dann hat es für mich gut funktioniert. Vielleicht gleich beide Bände nacheinander lesen zu können, wenn man die Möglichkeit hat, würde hier bestimmt auch Sinn machen 😉 Auch wenn ich natürlich noch nicht weiß, wie viele Rückblenden usw. es geben wird. Aber ich habe die Vermutung, dass Band zwei doch anders aufgebaut sein wird, nach dem, was passiert ist. Ich bin gespannt, ob das Buch irgendwann noch bei dir einziehen wird 🙂
      Liebe Grüße,
      Dana

Schreibe einen Kommentar

(Kommentare werden von uns freigeschaltet.)

Mit dem Absenden des Formulars werden deine Nachricht sowie dein Name und deine Webseite (freiwillige Angaben) gespeichert. Weitere Informationen findest du in der Datenschutzerklärung.