Rezensionsexemplar
© arsEdition | Kleiner Löwe, großer Mut Eine Mutmachgeschichte inspiriert von Tom Belz . Tom Belz & Carolin Helm, Alexandra Helm (Illustratorin) erschienen im Mai 2020 32 Seiten, ab 4 Jahre . hier geht’s zum Verlag → arsEdition |
Kurz vorweg: Das Buch hat mich aufgrund seiner Thematik angesprochen. Ich bin immer auf der Suche nach passender Literatur für meine Nichte und meinen Neffen (beide im Kindergartenalter). Allerdings neige ich dazu, Kinderbücher aus pädagogischer Sicht zu zerpflücken. Dabei stoßen mir Dinge auf, über die die Kids sich beim Vorlesen vermutlich wenig Gedanken machen würden… Und genau das ist auch hier passiert
Tobe ist ein kleiner Löwe, der infolge einer Begegnung mit einem Krokodil ein Bein verloren hat. Seine Freunde aus dem Tierreich wollen ihn schonen, lassen ihn absichtlich gewinnen oder trauen ihm Dinge einfach nicht mehr zu. Das ärgert Tobe und er fordert sie dazu auf, ihn „normal“ zu behandeln. Wenn er hinfällt, steht er halt wieder auf, aber das hält ihn nicht vom Rennen ab. Die Freunde akzeptieren das nun und sie haben gemeinsam Spaß, was Tobe glücklich macht.
Um sich zu beweisen, begibt sich Tobe auf ein Abenteuer, bei dem er letztlich Hilfe benötigt. Und er erkennt, dass es ok ist, manchmal Hilfe zu brauchen, um seine Träume zu verwirklichen.
Den Grundgedanken der Geschichte finde ich super und gelungen kindgerecht umgesetzt. Auf jeder Doppelseite begegnet Tobe anderen Tieren, mit denen er seinen Lieblingsbeschäftigungen nachgehen möchte und denen er immer aufs neue erklären muss, dass er trotz des fehlenden Beines nicht anders behandelt werden möchte.
Die Zeichnungen sind knallig und voller kleiner niedlicher Details – einer punkigen Löwenmähne, süßer Klamotten oder ulkiger Schwimmkappen auf viel zu großen Köpfen.
Die Wortwahl ist kindgerecht und leicht verständlich. Es gibt nicht allzu viel Text und die wichtigsten Passagen werden wortwörtlich immer wieder wiederholt, um die Aussage zu verstärken: das Tobe immer noch er selbst ist und nicht anders behandelt werden will.
Aus Erwachsenensicht stören mich aber zwei Punkte.
So passt das Ende für mich nicht so ganz zum Rest. Dieses Beweisen, dass er noch alles kann, hätte es in meinen Augen nicht gebraucht und bringt eigentlich nochmal eine ganz neue Aussage in die Geschichte. Hilfe anzunehmen hat schließlich nichts mit Einschränkungen zu tun. Jeder von uns benötigt mal Hilfe. Es ist ok, Schwächen zu haben, es ist in Ordnung, um Hilfe zu bitten. Handicap hin oder her.
Zudem finde ich eine der wiederkehrende Formulierungen sehr ungünstig.
Eigentlich geht es ja gerade darum, Vorurteile zu überwinden. Ein Löwe auf drei Beinen ist deswegen noch lange kein schwacher Löwe. Er kann mehr, als man ihm zutraut und der erste Eindruck täuscht.
Nun verwendet Tobe aber bei jeder Begegnung die Formulierung „Ich bin ein Löwe, also…“ schwimme ich, rennen ich… Von einem Schubladendenken ins nächste. Damit bestätigt er seinerseits die nächsten Vorurteile, nur eben nicht die bezüglich seiner körperlichen Versehrtheit. Löwen müssen nämlich stark sein. Und Löwen müssen laut brüllen. Aber warum eigentlich?! Zwar ist Tobe ein recht vielseitiger Löwe, dennoch finde ich dieses starre, stereotype Bild, das durch seine wiederkehrende Formulierung, er müsse(!) irgendwie sein, erzeugt wird, ungünstig gewählt. Denn kein Kind muss wie das andere sein und kein Löwe wie seine Artgenossen…
Ich danke dem Verlag für das via NetGalley bereitgestellte Rezensionsexemplar.