[gelesen] Mord im Gewächshaus. Ein Myrtle-Hardcastle-Krimi von Elizabeth C. Bunce

Rezensionsexemplar

©Knesebeck Verlag
Mord im Gewächshaus

Ein Myrtle-Hardcastle-Krimi 1
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Elizabeth C. Bunce
erschienen März 2022
336 Seiten
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Knesebeck Verlag
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clevere, kriminalistische Ermittlungen einer Zwölfjährigen im 19. Jahrhundert

Myrtle ist alles andere als eine gewöhnliche Zwölfjährige. Sie interessiert sich wenig für schicke Empfänge, Teegesellschaften, die neuste Mode oder all diese Dinge, für die sich eine Tochter aus gutem Hause im Jahr 1893 wohl interessieren sollte. Myrtle liest lieber die Fachbücher ihres Vaters, der Staatsanwalt ist, und beschäftigt sich mit Toxikologie und Kriminologie. Damit fällt sie ziemlich auf und noch mehr rückt sie in den Fokus des kleinen Städtchens Swinburne, als sie felsenfest davon überzeugt ist, dass ihre alte Nachbarin keineswegs einfach an einem Herzversagen gestorben ist. Denn für Myrtle ist die Sache ganz klar: es war Mord! Wie kompliziert es dann jedoch wird, Beweise zu sammeln und Täter zu überführen, das hätte die Zwölfjährige zu Beginn ihrer Ermittlungen wohl auch nicht gedacht.

Myrtle ist eine eher ungewöhnliche Protagonistin, die ich aber gleich liebgewonnen habe – vermutlich auch, weil sie etwas eigen ist. Sie hat einen sehr wachen Verstand und schert sich nur wenig darum, was die Gesellschaft eigentlich von ihr erwarten würde. Sie ist wissbegierig, hat eine ausgeprägte Beobachtungsgabe und kombiniert ziemlich clever, auch wenn sich nicht immer alle Zusammenhänge sofort erschließen lassen. Myrtle lässt sich nicht so schnell von etwas abbringen, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, sie ist schlagfertig und geht dabei dennoch geschickt vor. Trotzdem weiß sie auch, dass es Momente gibt, in denen sie sich zügeln muss und nur denken darf, was sie eigentlich gern sagen würde. Natürlich ist Myrtle aber auch nicht perfekt, ihr unterlaufen auch mal Fehler oder sie zieht die falschen Schlüsse, weil die ersten Hinweise alle auf etwas anderes hingedeutet haben der sie eben einfach noch nicht alle Zusammenhänge kennt. Auch kann es passieren, dass man mal den falschen Menschen vertraut – aber irren ist menschlich, oder? Es hat sie mir auf jeden Fall nur noch sympathischer gemacht. Mit ihren 12 Jahren wird sie von ihrem Umfeld gern auch mal unterschätzt oder dafür gerügt, dass sie sich nicht mit den Dingen befasst, mit denen sich Töchter aus gutem Hause befassen sollte, aber Myrtle ist eben etwas eigen.
Gemeinsam mit ihrer Gouvernante Miss Judson ergibt sich ein ziemlich kreatives Ermittlerteam, das nicht auf den Kopf gefallen ist. Die biegen auch mal die Regeln und Vorschriften, damit ihre Recherchen in einem für sie angemessenen Rahmen bleiben. Ich hatte viel Spaß mit den beiden und mochte auch Miss Judson einfach total gern. Sie ist ein sehr herzlicher Mensch, unterstützt Myrtle, weiß aber auch zu rügen, wenn es angebracht ist, allerdings nie so intensiv, dass Myrtle den Mut verlieren würde, denn eigentlich steht sie schon auf der Seite ihres Schützlings. Auch Myrtles Vater spielt immer wieder eine Rolle, zum einen weil er als Staatsanwalt beruflich mit dem Fall betraut ist, in dem Myrtle privat „ermittelt“ zum anderen natürlich als ihr Vater, der sich mit seiner wissbegierigen Tochter befasst. Auch er ist aber die meiste Zeit eher stolz auf sie, auch wenn sie sich nicht immer benimmt wie eine Tochter aus gutem Hause. Dennoch gibt es auch Situationen, die ihm missfallen und bei denen er es lieber sehen würde, wenn die Zwölfjährige sich raushalten würde.
Darüber hinaus gibt es natürlich dann noch einige Verdächtige und weitere Figuren, die mal eine größere, mal eher eine kleinere Rolle spielen. Positiv aufgefallen ist mir auch Katze Peony, die ein treuer Begleiter von Myrtle wird.

Die Geschichte spielt zum Ende des 19. Jahrhunderts, das merkt man natürlich in unterschiedlichen Aspekten. Zum einen eben was die gesellschaftlichen Vorstellungen so angeht, aber auch bezogen auf den technischen Stand, das Wissen rund um Medizin und einige Ausdrucksweisen wird es deutlich. Dennoch empfand ich es nicht als zu intensiv. Ich fühlte mich gut in das Setting der Vergangenheit zurückversetzt, ohne ständig überlegen zu müssen, was mir dieser oder jener Satz sagen soll. Die Sprache war trotz allem gut verständlich. Hin und wieder gibt es Fußnoten, die dann unten auf der jeweilige Seite erklärt werden. Manchmal sind das Begriffe, die vielleicht nicht so geläufig sind, manchmal wird dabei jedoch auch Bezug genommen auf ein vorausgegangenes Ereignis, das im Buch selbst nicht thematisiert wird oder es gibt eine kurze Erklärung zu einer Person.
Der Stil der Geschichte war angenehm und hat mich gut mitgenommen. Es war eine abwechslungsreiche Kombination aus den reinen Geschehnissen rund um den Todesfall, die durchbrochen wurden durch die direkten Ansprachen Myrtles an die Leser und ihren cleveren oder auch mal aufmüpfigen Gedanken zu unterschiedlichen Themen. So entstand eine dynamische Mischung, die mich gut mitgenommen und auch mal zum Schmunzeln gebracht hat. Zwischendurch gibt es auch mal sarkastische oder ironische Äußerungen, was ihr sehr erfrischend fand. Myrtle ist zwar gut erzogen und weiß sich – meistens- auch zu benehmen, aber sie ist eben kein kleines, stilles Püppchen, das ihren Kopf nur zum Frisieren hat. Im Gegenteil, all das ist ihr eben reichlich egal, sie überzeugt lieber mit Intelligenz und nicht mit Mode.
Der Kriminalfall hat ein paar Kurven und Wendungen genommen. Nicht alle davon kamen für mich komplett überraschend, aber dennoch war es interessant und spannend zu verfolgen, wie Myrlte nach und nach an ihre Hinweise und Beweise kommt, welche Wege sie gehen, um dem nachzugehen, welche Verbündeten sie sich sucht und wem man davon dann wirklich trauen kann. Einen Verdächtigen hatte ich sehr früh, den ich dann fast wieder verworfen hatte, so ganz loslassen konnte ich denjenigen aber nicht. Dazu kamen dann aber auch noch andere potenzielle Täter und Motive, die mal mehr mal weniger wahrscheinlich waren oder eben alsbald widerlegt werden konnten. Es hat einfach Spaß gemacht die Zwölfjährige zu begleiten, auch wenn die eine oder andere Aktion vielleicht etwas überstürzt und kopflos war. Die meiste Zeit hat sie schon durchdacht agiert und unermüdlich gegrübelt, wie sie weiterkommen könnte. Schon allein durch das Alter und den gesellschaftlichen Stand waren ihr ab und an aber auch einfach die Hände gebunden.

Fazit

Ein sehr erfrischend und gleichzeitig spannend gestalteter Krimi, der mir beim Lesen viel Spaß gemacht hat. Das Highlight war für mich wirklich die Protagonistin selbst, die nicht nur für ihre Zeit sondern auch ganz allgemein ein wenig ungewöhnlich und eigen ist, die ich aber total gern mochte, vor allem aufgrund ihrer cleveren Gedanken und der sarkastischen Äußerungen. Auch wenn nicht alle Wendungen ganz überraschend kamen, hat sich das Buch zügig lesen lassen und es war durchweg interessant. Stimmungsvoll war auch das Setting umgesetzt und hat dem Ganzen einen schönen Rahmen gegeben. Ich könnte mir gut vorstellen, Myrtle auch bei ihrem nächsten „Fall“ zu begleiten.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

4 Gedanken zu „[gelesen] Mord im Gewächshaus. Ein Myrtle-Hardcastle-Krimi von Elizabeth C. Bunce“

  1. Huhu Dana,
    über das Buch haben wir ja schon ein wenig gesprochen. Ich freue mich, dass du Lenis Begeisterung vollumfänglich teilen konntest.Die Protagonistin scheint ein sehr aufgewecktes, intelligentes Mädchen zu sein.Sarkastischer Humor klingt auch richtig gut. Ich bin sehr gespannt, was du zum nächsten Buch sagen wirst, solltest du es denn lesen :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich wusste im Vorfeld ja auch nicht, ob die Wahl wirklich passt. Ich fand die Leseprobe ganz cool, Leni hat mich sehr neugierig gemacht, aber es blieb natürlich historisch und da bin ich so wenig unterwegs, aber die Protagonistin hat mich echt total gut mitgenommen. Ich mochte ihre etwas ungewöhnliche Art einfach total gern. Band zwei steht ja irgendwie schon in den Startlöchern, ich habe ihn auf jeden Fall schon gesehen, mal sehen, wann dafür Zeit ist 😉
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Hi Dana!

    Hach, das freut mich ja sehr dass es dir so gut gefallen hat!
    Ich kenne ja schon einige „Kinder“ Bücher bzw. Krimis und ich mag das sehr gerne. Dieser Auftakt hier konnte mich ja nicht so vollends begeistern – aber manchmal funkt es einfach nicht 🙂

    Ich wünsch dir noch ein schönes Wochenende!

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hallo Alex,
      Geschmack ist und bleibt eben einfach verschieden und das ist ja eigentlich auch gut so. Wäre schade, wenn es nicht mehr so wäre. Auch wenn es natürlich cooler gewesen wäre, wenn dich der Auftakt auch mehr mitgenommen hätte 😉
      Ich fand Myrtle einfach ziemlich cool und außergewöhnlich 😀 Es ist aber schon etwas „spezieller“. Mal sehen, ob ich den zweiten Band auch lesen werde. 😉
      Liebe Grüße
      Dana

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