[gelesen] Das dunkle Flüstern der Schneeflocken von Sif Sigmarsdóttir

©Loewe Verlag
Das dunkle Flüstern der Schneeflocken

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Sif Sigmarsdóttir
erschienen Oktober 2020
432 Seiten
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Loewe Verlag
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viele Themen, interessant kombiniert

Hannah Eiríksdottir hat nur wenig Lust nach Island zu ziehen, eine Wahl hat die Sechzehnjährige dennoch nicht. Das Land hält dann allerdings mehr für sie bereit als nur eine endlose Schneeschicht und Kälte. Durch das Praktikum bei der Zeitung, in der auch ihr Vater arbeitet, bekommt sie Einblicke in unterschiedliche Dinge und lernt verschiedene Menschen kennen. So auch die erfolgreiche Influencerin Imogan Collins, die berufsbedingt ebenfalls aktuell in Island wohnt und kurz nach dem Interview, das Hannah mit ihr führen durfte, in einen Mordfall verwickelt sein soll. Hannahs Neugier ist geweckt und sie beginnt selbst Nachforschungen anzustellen. Damit bringt sie sich jedoch in Gefahr und wandelt sehr nah am Rand der Legalität.

Dieses Buch hat so viel mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick denken würde. Es gibt nicht nur interessante Recherchen rund um Imogen Collins, die in einen Mord verwickelt sein soll, sondern noch zahlreiche andere Themen, die in die Handlung integriert sind und es sehr abwechslungsreich, spannend, teilweise aber auch nachdenklich werden lassen.

Mir hat die Mischung an Themen innerhalb der Geschichte richtig gut gefallen. Wenn man sie alle aufzählen würde, könnte man denken, das Buch muss einfach überladen und unübersichtlich sein, aber so habe ich es gar nicht empfunden. Ich fand es sehr harmonisch miteinander kombiniert und durchweg spannend zu verfolgen. Beleuchtet werden sowohl die persönlichen Hintergründe der beiden Protagonistinnen als auch Dinge, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Der Bezug zu Social Media macht das Buch bestimmt für die angedachte Zielgruppe sehr interessant, aber auch ich mochte diese Aspekte sehr gern, auch wenn ich selbst nur extrem wenig bei Instagram und auch nur blogbedingt bei FaceBook unterwegs bin. Aus meiner Sicht wirkte die Betrachtung der Nutzung der Plattformen authentisch und ehrlich. Die Art, wie es eingebunden wurde, war für mich auch einfach gelungen. Es gibt zum Beispiel Beschreibungen der Fotos, die man auf Insta sehen kann (die Bilder selbst sind jedoch nicht abgebildet), darunter gibt es dann jeweils mögliche Varianten der Bildunterschriften, die sehr ehrlich zeigen, wie es den Protagonistinnen eigentlich wirklich geht oder was sie denken und die tatsächliche Bildunterschrift, die deutlich macht, wie viel Schein eben mit dabei ist. Dass vieles nicht ehrlich ist und es die meisten Leute ohnehin nicht interessieren würde, wenn man nur die Wahrheit schreiben würde, findet sich an unterschiedlichen Stellen der Handlung wieder. Eine Tatsache, die sich sicher nicht jeder eingesteht und die auch nicht jeder für sich als „wahr“ annehmen muss, die aber sicher auf viele zutrifft.
Datenerfassung, -auswertung und -nutzung sind weitere Themen, die neben den persönlichen Entwicklungen von Hannah und Imogen immer wieder in den Fokus rücken. Auf der einen Seite hochinteressant, auf der anderen aber auch einfach ziemlich erschreckend.

Hannah ist 16 und hatte es in den vergangenen Jahren nicht immer leicht, da sie sich viel um ihre Mutter kümmern musste, das nach außen hin allerdings nicht unbedingt zeigen wollte. Nun muss sie nach Island zu ihrem Vater ziehen und taucht dort in eine ganz andere Familienstruktur ein, die für sie aber auch nicht ganz einfach ist. Wenn sie sich einmal irgendwo festgebissen hat, möchte sie unbedingt die Wahrheit erfahren und an Information gelangen- eine Eigenschaft, die sie zwischendurch in Schwierigkeiten bringt und mit der sie sich auch nicht unbedingt Freunde macht. Die Offenlegung der Fakten ist darüberhinaus ein weiterer heikler Punkt, der nicht allen gefällt.

Imogen ist 19 und arbeitet derzeit in einer Firma, die Daten erhebt, auswertet und zielgruppenorientierte Werbestrategien verkauft. Die Einblicke fand ich sehr interessant, teilweise aber auch erschreckend. Imogen hat durch ein sehr einschneidendes Erlebnis einige Dämonen, die sie stets begleiten und die immer wieder Einfluss auf die Handlung haben. Ohne es selbst darauf angelegt zu haben, ist die junge Frau zu einer erfolgreichen Influencerin geworden. Für sie ein Aspekt, der jedoch nicht nur sonnige Seiten hat.

Auf den ersten Blick mögen die beiden Protagonistinnen nicht so viel gemeinsam haben, aber es gibt schon einige Berührungspunkte bei ihnen und durchaus auch Gemeinsamkeiten, neben all den Dingen, die sie voneinander unterscheiden. Ich fand es interessant, ihren Weg zu verfolgen und zu sehen, wie sie an unterschiedliche Dinge herangehen, wie sie Situationen durchdenken und was sie für ein Fazit für sich daraus ziehen. Durch die Beschriftung der Kapitel konnte man sich auch gut zurechtfinden und wusste stets, mit wem man unterwegs ist. Dabei spielen die Perspektiven teilweise in unterschiedlichen Zeitebenen, die jedoch größtenteils nur einige Wochen oder Tage auseinander liegen und sich im Verlauf der Geschichte weiter annähern. So setzt sich nach und nach die Gesamthandlung mit den Verstrickungen und Verbindungen zusammen.
Der Mordfall, der die Handlung überschattet, wirft immer wieder neue Fragen auf. Ich mochte die verschiedenen Verdachtsmomente, die sich auftun und einen immer wieder in andere Richtungen führen. Man konnte selbst ein wenig rätseln, wie das alles passiert ist und wer hinter all dem stecken konnte und dann kam es doch zwischendurch ganz anders. Die Auflösung und auch ein Teil des Weges dorthin wirkte zwar ein wenig konstruiert, aber insgesamt war es trotzdem interessant zu verfolgen, auch wenn es ebenfalls mit etwas weniger „Konstrukt“ funktioniert hätte.

Ich mochte das Setting Island, auch wenn man nicht seitenweise Landschaftsbeschreibungen bekommt, werden einige Eigenheiten der Umgebung, des Landes und der Bewohner schon thematisiert. Interessant finde ich auch die Namensgebung, bezogen auf die Nachnamen, der Isländer, die mir zwar nicht unbekannt war, die das Setting aber unterstützt und einfach auch mal was anderes ist, wenn man nicht so oft im hohen Norden unterwegs ist.

Fazit

Ein Buch, in dem sehr viel drinsteckt. Manipulation, Korruption, verdrehte Wahrheiten, falsche Selbstwahrnehmung, Werbemethoden, Freundschaft und Familie sind Themen, die unter anderem im Buch enthalten sind. So spielen viele verschiedene Aspekte während der Geschichte eine Rolle und ergeben zusammen das große Ganze. Auch wenn das eine oder andere vielleicht ein wenig zu konstruiert und damit fast unnötig kompliziert war, hat mir das Lesen viel Spaß und mich gleichzeitig auch nachdenklich gemacht.

6 Gedanken zu „[gelesen] Das dunkle Flüstern der Schneeflocken von Sif Sigmarsdóttir“

  1. Hallo liebe Dana,
    dieses Buch hatte ich bislang noch gar nicht im Blick. Ich muss sagen, dass du mich mit deiner Rezension gerade sehr neugierig gemacht hast. Auch die von dir aufgezählten Themen sprechen mich sehr an, ebenso wie das Setting Island.

    Was die Bilder auf Instagram betrifft: Irgendwie wäre es cool gewesen, hätte man die im Buch abgebildet. Ich könnte mir vorstellen, dass das ein zusätzliches Special gewesen wäre. Wie hättest du das gefunden? Oder hat dir hier der Text völlig ausgereicht?

    Freut mich, dass du so eine unterhaltsame Lesezeit mit dem Buch hattest!

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich habe das Buch bei Aleshanee entdeckt, das war aber auch schon eine Weile her und dann stand es in der Bibliothek vor mir und ich dachte, mhhh könnte man ja mal mitnehmen 😀 und dann wurde es sogar fast direkt gelesen, obwohl ich eigentlich andere Bücher auf der Liste hatte.
      Mhm… ich weiß nicht, ob ich die Bilder wirklich gebraucht hätte. Klar hätte es noch was hergemacht, aber dann hätten sie auch in Farbe sein müssen und nicht schwarz-weiß, weil teilweise eben auch die Farben und die Stimmung mit beschrieben wurde. Ich konnte halt mit den Insta-Filtern nichts anfangen, die dabei standen, das hätte man im Bild vielleicht dann eher gesehen, aber eigentlich passte es für mich so ganz gut. 🙂

      Liebe Grüße
      Dana

      1. Huhu Dana,
        okay, bei den Filtern wäre ich jetzt vermutlich auch raus. Farbig hätte ich mir die Bilder in so einem Buch vermutlich auch nicht vorgestellt. Hätte man ausprobieren müssen. Wäre vermutlich ein nettes Special gewesen.Es freut mich, dass es aber auch so sehr gut funktioniert hat :o)

        Stimmt! Das Cover sagte mir doch was. Dann habe ich es bestimmt auch schon bei Aleshanee gesehen. :o)

        Ganz liebe Grüße
        Tanja :o)

        1. Hallo Tanja,
          ich denke, wenn man Bilder reingemacht hätte, hätten sie halt idealerweise Farbe haben müssen, weil dann auch sowas stand wie „Auf dem Foto ist eine junge Frau in buntem Sommerkleid, während tristes Regenwetter herrscht“ – also so sinngemäß, nicht wörtlich… na das braucht man mir in schwarz-weiß dann auch nicht zeigen 😉 da kann ich es mir auch gleich so vorstellen. Aber für mich passte das eben so auch wirklich ganz gut 🙂 Außerdem hat man da in seinem Kopf dann noch etwas künstlerische Freiheit 😉
          Liebe Grüße
          Dana

  2. Hi Dana!

    Freut mich sehr dass es dir auch so gut gefallen hat! Die Themen hier sind wirklich vielfältig, aber so gekonnt miteinander verknüpft, dass es gar nicht überfüllt wirkt. Eine Menge Botschaften, die sich viele zu Herzen nehmen sollten oder zumindest mal etwas mehr darüber nachdenken – grade die jüngere Generation ist da teilweise ja sehr verflochten mit den social medias ohne abzusehen, was das alles bewirkt.

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hallo Alex,
      ich war auch nicht unglücklich, das Buch dann fast direkt gelesen zu haben, als ich es aus der Bibliothek mitgenommen hatte 🙂
      Wenn man jetzt einfach nur lesen würde, was alles drin steckt an Themen, könnte man sich fast nicht vorstellen, dass es wirklich geht, das so gut miteinander zu verknüpfen, aber so war es. ^^ Du hast es selbst ja auch erlebt.
      Oh ja, das stimmt, ich hoffe auch, dass besonders die jungen Leser, aber auch alle anderen, die da sehr drin „hängen“ sich die Gedanken zu Herzen nehmen und vielleicht evaluieren, ob es wirklich sinnvoll ist, sich so in der Scheinwelt zu verlieren und zu posten, was andere eben lesen wollen, auch wenn es gar nicht der Wahrheit entspricht. Man belügt sich damit dann ja auch einfach selbst.
      Liebe Grüße
      Dana

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