[gelesen] Töchter der Freiheit von Theresa Jeßberger

Rezensionsexemplar

© Fischer

Töchter der Freiheit

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Theresa Jeßberger
erschienen Juni 2020
448 Seiten
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hier geht’s zum Verlag
Fischer KJB
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Spannende Idee, langatmige Umsetzung

Die größten Liebesgeschichten werden mit Blut geschrieben!

Schöne Kleider tragen und lächeln – das ist alles, was Elodeas Leben noch ausmacht. Denn Elodea war Teil einer Widerstandsgruppe aus Studentinnen, die sich gegen die Tyrannenherrschaft in Avendúr gewehrt hat und deren Mitglieder nun getrennt voneinander an den Adelshöfen des Landes auf Linie gebracht werden sollen. Doch plötzlich bekommen sie eine neue Chance, für ihre Ideen zu kämpfen.
Gleichzeitig suchen auch andere im Kampf der Ideologien ihren Weg: Avian, der von seinem Vater in das Amt des Vorsitzenden der Kirche gezwungen wurde, obwohl er als Atheist nichts vom Glauben hält, unterstützt aus Angst um seine Familie die Herrschenden und wird dafür von seiner Schwester verachtet. Lyonel, der verschollene Bruder der Königin, der aufgrund einer Behinderung von seiner Familie versteckt wurde, will sich mithilfe der Rebellen im Untergrund seinen Thron zurückerobern. Isobel, die als Gräfin in den Adelsstand geboren wurde, im Herzen aber eigentlich Demokratin ist, schmiedet heimlich Bündnisse für einen Umsturz.
Während Avendúrs psychisch labile Königin unbeirrbar ihre Ideologie der Herrschaft des Stärkeren verfolgt und das Land in einen Krieg führen will, verstricken sich die Rebellen immer mehr in einem Netz aus Schuld, Lüge und Verrat. Sie müssen sich entscheiden: Sind sie bereit, für ihre Ideale zu sterben? ©  Klappentext: Fischer-Verlag

Die Idee der Geschichte hat mir eigentlich gut gefallen. Eine machthungrige Monarchin, ein unterdrücktes Volk, dass sich aus Angst fügt und einige mutige Widerstandskämpfer, die mal mehr, mal weniger offen gegen das System rebellieren, bevor sie beginnen, Anhänger um sich zu sammeln.
Auch die entworfene, mittelalterlich anmutende Welt, in der Magie an alte Worte gebunden und nur über bestimmte Regeln weitergegeben werden kann, mochte ich.

Leider musste ich mich dennoch regelrecht durch die Geschichte quälen. Zwar gibt es immer wieder spannende Passagen, insgesamt empfand ich das Buch allerdings als sehr langatmig. So gibt es beispielsweise immer wieder ausschweifende Beschreibungen der Kleidung und Frisuren der einzelnen Ländereien. Zwar ist die Ausarbeitung der Eigenarten der verschiedenen Regionen, ob nun in Bezug auf Wetter, Landschaft oder Kleidungsstil, detailliert und die Unterschiede an sich nett, doch die ausgeschmückten Beschreibungen sorgen dafür, dass das ohnehin eher geringe Tempo der Geschichte sich noch weiter verlangsamt. Eine Karte hätte für die Vorstellung verschiedener beschriebener Wege, auf denen teilweise mehrere Tage oder Wochen verstreichen, geholfen.

Insgesamt passiert mir für die Vielzahl an Seiten und das durchaus vorhandene Konfliktpotential über weite Strecken des Buches zu wenig. Das Geschehen hätte sich vermutlich problemlos auf mindestens 100 Seiten weniger zusammenfassen lassen. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse dann geradezu.
An Stellen, wo ausschweifende Beschreibungen hätten spannend sein können, wie beispielsweise in einer großen Schlacht, kommen sie fast eher zu kurz.
Viel zu oft werden Themen, wie Familienstreitigkeiten oder aufkommende Gefühle zwischen verschiedenen Figuren, angeschnitten, bekommen dann aber nur wenig Raum, während weniger spannende Themen lang und breit ausdiskutiert werden.
Interessante Nebenfiguren, die durch plötzliche Meinungsänderung zu Schlüsselfiguren werden, werden gerade so weit ausgearbeitet, dass ihr Handeln nachvollziehbar ist.
Die Hauptfiguren hingegen verlieren sich viel zu oft in Nebensächlichkeiten, als hätten sie alle Zeit der Welt und der Krieg stünde nicht quasi bereits vor der Tür.
Auch die Magie nimmt insgesamt leider nur eine geringe Rolle ein und die Hintergründe ihrer Entstehung und Übertragen wurden sehr spät erklärt.

Auch mit der Erzählweise und auch dem Schreibstil an sich hatte ich meine Probleme.
Abschnittsweise wird das Geschehen aus der personalen Sicht zahlreicher verschiedener Personen geschildert. Manchmal sind diese die agierenden, manchmal die Beobachter, aber nicht immer schien mir die gewählte Sicht passend, um zu erfahren, was in den Figuren wirklich gerade passiert. Die meisten Abschnitte werden aus Elodeas Sicht geschildert. Dennoch empfand ich den Erzählstil als eher distanziert und konnte das Geschehen nur bedingt mitfühlen. Die bewegendste Szene war tatsächlich nicht der Tod eines Vertrauten, sondern der eines Feindes…

Fazit

Interessanter Beginn und spannendes Ende. Dazwischen zog sich das Buch für mich leider extrem. Die detaillierten Beschreibungen wurden für mein Empfinden für die falschen Bereiche eingesetzt – statt langer Erklärungen zur Kleidung hätte ich mir ein höheres Tempo, insgesamt mehr Handlung und auch einen intensiveren Blick auf die Nebenfiguren gewünscht, die im Verlauf einen großen Wandel durchmachen, und damit zu Schlüsselfiguren in der Geschichte werden. Auch mit dem Schreibstil bin ich nicht warm geworden.

Ich danke dem Fischer-Verlag sowie NetGalley für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

4 Gedanken zu „[gelesen] Töchter der Freiheit von Theresa Jeßberger“

    1. Hallo Lisa,

      mein Buch war es wirklich leider nicht. Allerdings gibt es auch einige total begeisterte Stimmen. Also wer weiß, wie es dir gefallen würde…

      LG anja

  1. Liebe Anja,

    ich kannte das Buch bisher noch nicht, aber es klingt doch vom Klappentext recht spannend. Jedoch ist dein Eindruck ja nicht so gut von der Geschichte, da lasse ich doch lieber die Finger von 🙂 Ich bin auch nicht so sehr der Fan davon, wenn zu viel beschrieben wird und die Randfiguren eher leblos bleiben.

    Liebe Grüße
    Jenny

    1. Hallo Jenny,
      der Klappentext hatte mich auch direkt angesprochen. Und auch das Cover. Allerdings gehen die Meinungen bei dem Buch auch stark auseinander…
      LG anja

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