[gelesen] Eloise 2. Inmitten der Dunkelheit von Jessica Wismar

Rezensionsexemplar

©Impress (Carlsen)
Inmitten der Dunkelheit

Eloise 2
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Autorin: Jessica Wismar
erscheint am 9.April 2020
467 Seiten
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Impress (Carlsen)
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fesselnd, emotional und einfach genial bis zum Schluss

Achtung: zweiter Band, meine Rezension kann kleine Spoiler in Bezug auf den ersten enthalten!

Seit Eloise hinter den Mauern des Ordens lebt, hat sich für sie einiges verändert. Eigentlich führt sie ein besseres Leben mit deutlich weniger Leid, weniger Hunger, weniger täglichem Kampf, doch komplett glücklich und zufrieden ist sie dennoch nicht. Denn die junge Frau musste außerhalb der Mauern etwas zurücklassen, worauf sie nun kaum noch Einfluss nehmen kann und die Lage draußen scheint sich zuzuspitzen, ohne dass sie etwas unternehmen kann. Gemeinsam mit ihrem Mann kämpft sie nun innerhalb des Ordens dafür ein paar Veränderungen auf den Weg zu bringen, allerdings ist ihr Vorhaben gefährlich und bald kämpfen die beiden nicht nur für ihr Ziel, sondern auch ums Überleben.

Ich habe die Bände direkt hintereinander gelesen und hatte damit keine Probleme mich an die Handlung oder Zusammenhänge zu erinnern. Es gibt im Buch kleine Rückblenden, Erinnerungen, Nacherzählungen, ich bin aber nicht sicher, ob das wirklich ausreicht, um die Handlung parat zu haben, sollte man den ersten Band nicht kennen. Ich empfehle daher auf jeden Fall Vorwissen und damit beim ersten Teil zu beginnen. Aus meiner Sicht lässt man sich sonst auch eine tolle Geschichte entgehen, was schade wäre.

Auch der zweite Band hat mich von Beginn an wieder mitgenommen und bis zum Ende nicht wieder losgelassen. Für mich war es noch mal eine Steigerung der Emotionen, der Konflikte, der klugen Dialoge und der persönlichen Entwicklung der Charaktere. Am Ende brauchte ich sogar ein paar Taschentücher, da mich die Handlung so intensiv mitgenommen hat, dass ich mit den Figuren gelitten und gebangt habe.

Das Setting und den Aufbau der Welt kennt man bereits aus dem ersten Buch. Im Verlauf der Geschichte bekommt man noch ein paar Einblicke zu einigen Entwicklungen und Strukturen, es ging aus meiner Sicht jedoch mehr um die Dinge, die bei der Ordnung der neuen Welt nicht so bedacht wurden und geändert gehören, als um weitere Details der Welt. Eloise kann als Straßenmädchen von Erfahrungen berichten, die sich innerhalb des Ordnens viele gar nicht vorstellen können. Und so passiert es nicht selten, dass ihre Gegenüber das als Lüge oder Ketzerei abtun wollen. Doch so nach und nach können sie sich, aus unterschiedlichen Gründen, nicht mehr komplett davor verschließen und die Veränderungen beginnen ihren Lauf zu nehmen. Allerdings bringen sie für alle, die sich freiwillig daran beteiligen auch ihre Gefahren mit sich.  Die Lage spitzt sich immer mehr zu, was Angst und Vorsicht mit sich bringt und beinahe dafür sorgt, dass das Vorhaben, endlich etwas zu verändern, wieder kippt.
Doch auch außerhalb des Ordens wird die Lage immer dramatischer und schwieriger. Die Mäuse, die nach dem Weggang von Eloise nun auf sich allein gestellt sind, kämpfen um alles, was sie bisher schon erreicht haben, beobachten, kombinieren und suchen weiter Verbündete. Doch die Übermacht an Erwachsenen, die sich ihnen entgegenstellt, können sie nicht komplett ignorieren. Die Situation in den Straßen der Armenviertel wird immer dramatischer und blutiger.
Diese beiden Stränge laufen zwar zunächst getrennt voneinander, sind aber niemals komplett losgelöst voneinander zu betrachten, denn die Handlung ist schon miteinander verknüpft. Die beiden Handlungsabschnitte sind sehr unterschiedlich von der Atmosphäre und den Gefühlen, die sie auslösen. Während es außerhalb des Ordens sehr brutal zugeht, die Mäuse wirklich nichts mehr zu Lachen haben und ums Überleben kämpfen, ist es innerhalb des Ordens deutlich harmonischer, doch auch dort ist die Stimmung teilweise sehr aufgewühlt und es geht immer mehr ein Ruck durch die Reihen. Dennoch ist die Lage dort von weit mehr positiven Gefühlen unterstützt, was den Kontrast zwischen den Strängen sehr deutlich werden lässt. Im Verlauf des Buches gibt es dann auch wieder mehr Berührungspunkte und die Stränge laufen zu einem großen Ganzen zusammen.

Eloise mochte ich als Protagonistin bereits im Auftaktband sehr gern. Sie ist eine starke, junge Frau, die gelernt hat zu kämpfen, ohne dabei ihr Herz abstumpfen zu lassen. Sie ist eine gute Seele, breit für andere und vor allem für die Sache, für die sie einsteht, alles zu geben, koste es, was es wolle. Auch im zweiten Buch präsentiert sie sich wieder von ihrer starken, entschlossenen Seite, sie präsentiert aber auch immer wieder, was wirklich in ihr vorgeht und lässt Emotionen zu. Besonders faszinierend finde ich ihre klugen Gedanken, ihre clevere Gesprächsführung und wie sie geschickt ehrliche Worte und Wahrheiten an die Leute bringt, ohne dabei laut und ungestüm zu werden. Mit einer Ruhe, Entschlossenheit und Feinfühligkeit bringt sie an die Leute, was sie zu sagen hat und deckt Missstände auf, vor denen man sich nicht verschließen sollte. Wichtig ist ihr dabei jedoch auch, dass die Menschen selbst sehen und erkennen und nicht unbedingt, dass sie ihnen eine Meinung und Worte in den Mund legt. So sind die Erkenntnisse viel wirkungsvoller und bringen immer mehr Charaktere zum Zweifeln. Mir hat es viel Spaß gemacht Eloise bei ihrer Arbeit zu begleiten und immer wieder zu sehen, wie durchdacht, geschickt eingefädelt und dynamisch aufgebaut die Handlung ist. Und trotz all er positiven Eigenschaften und Stärken ist auch die Protagonisten nicht unfehlbar, trifft auch falsche Entscheidungen oder lässt sich von ihren Gefühlen übermannen.
Auch viele andere Charaktere haben mir gut gefallen und einige sind mir beim Lesen ans Herz gewachsen. Kastor, Kagar und Lis gehören auf jeden Fall dazu, genauso wie Mia und Leanne. Sie sind alle sehr unterschiedlich, was es noch abwechslungsreicher und spannender macht. Jeder kann seine Stärken mit einbringen und gibt der Handlung eine eigene, besondere Note.
Es wird immer wieder turbulent, spannend und gefährlich, aber auch die gefühlvollen, traurigen und aufwühlenden Momente haben mir gefallen, genauso wie die Gespräche, die immer wieder eine wichtige Rolle spielen. Ich kann mich an kaum eine Geschichte erinnern, in der die Dialoge so essenziell für die Handlung waren. Der Schreibstil bleibt dabei durchweg flüssig und fesselnd. Ich habe sehr intensiv mit den Figuren gefühlt, mit ihnen gehofft, gebangt, ihnen die Daumen gedrückt und das obwohl es keine Ich-Perspektive gab. Dennoch ist man den Charakteren nah und erlebt sehr detailliert mit, wie es ihnen geht und was sie erleben.

Fazit

Eine tolle Dilogie, die mir rundum gefallen hat. Der Schreibstil lag mir und ich wurde von Beginn an mitgenommen und erst am Ende der Geschichte wieder freigegeben. Es war emotional, aufwühlend, fesselnd, spannend und so clever durchdacht und aufgebaut, dass es immer wieder Neues zu entdecken und erleben gab, selbst wenn es „nur“ die geschickt eingefädelten Gespräche mit all ihren Wahrheiten und dem Augenöffnen waren. Das teils düstere Setting ist ein toller Schauplatz und auch wenn vielleicht nicht alle Ideen komplett neu waren, hat mir der Weltenaufbau und die Konstellation der Figuren, der Möglichkeiten und der Fähigkeiten enorm gut gefallen. Die Kombination all dieser Dinge, gepaart mir den starken Charakteren und den hervorstechenden Dialogen hat die Geschichte für mich zu einem Highlight gemacht.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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