Rezension: S. B. Sasori – Der Sodomit

© Weltenschmiede 
  Der Sodomit

  Autor: S.B. Sasori

  erschienen März 2014
  Verlag: Weltenschmiede
  ISBN: 978-3-944504-14-8


grausames Mittelalter trifft auf wundervolle Charaktere und viel Liebe

Die raue Zeit des Mittelalters hat die Menschen voll im
Griff. Armut, Hunger, mangelnde Hygiene, Krankheiten, die sich schnell
verbreiten, Zwang und Unterdrückung überall wohin man schaut. Sich zu behaupten
und zu entfalten ist in diesem Zeitalter kaum legal möglich, es sei denn, man
folgt recht bedingungslos den Ansichten und Auflagen der Kirche. Mihály ist
Arzt und steht im Dienste des Königs. Er ist wissbegierig und möchte viel über
den menschlichen Körper, Erkrankungen und Behandlungsmethoden herausfinden. Die
Grenzen des Erlaubten überschreitet er dabei einige Male, allerdings nicht nur
im medizinischen Sinne. Seine Forschung und Neigungen muss er gut verstecken,
um nicht angeprangert zu werden. Als Josias – ein Mann mit Buckel- in sein
Leben tritt, verändert sich alles und die Gefahr der Entdeckung wächst.
Das Buch ist eine sehr interessante Mischung aus
historischem Roman, mit reichlich, wenn zum Teil auch versteckter, Kritik an
der Zeit und erotischer Liebesbeziehung. Diese Kombination hat mich sehr
angesprochen, da es weder zu historisch noch zu beziehungslastig ist. Als Leser
bekommt man einen guten Eindruck von der oft sehr brutalen, unschönen und
dreckigen Phase des Mittelalters, in der die Protagonisten leben, ohne mit
Details der geschichtlichen Hintergründe überladen zu werden.
Auch wenn einem das Zeitalter nicht ganz unbekannt ist,
erschreckt es, von den Umständen und Methoden, besonders den Foltergegenständen
und deren Anwendung, zu lesen. Wenn die Meisten ums Überleben und Ansehen kämpfen,
kommt es irgendwann immer zu Intrigen, Verrat und ungeahnten Zusammenschlüssen.
Wenn man da auf der falschen Seite steht, helfen nur noch gute Freunde und ein
Quäntchen Glück, damit man seinem Schicksal vielleicht noch entkommt.
Der Schreibstil von S. B. Sasori hat mich wieder überzeugt.
Trotz der gänsehautauslösenden, teilweise wirklich ekligen Beschreibungen der Hygienezustände
und Foltermethoden, habe ich mich in der Geschichte wohl gefühlt und konnte
mich auf die Handlung und die Personen einlassen. Eine besondere Dynamik
entsteht durch die häufigen Perspektivwechsel, die es ermöglichen, von
verschiedenen Personen Eindrücke und Gedanken aufzuschnappen. Auch ahnt man so
als Leser schon einige Dinge, von denen die Protagonisten selbst noch nichts
wissen können.
Josias und Mihály sind zwei sehr starke Charaktere. Während
Josias zu Beginn der Geschichte noch sehr eingeschüchtert und verletzlich ist,
gewinnt er im Verlauf der Handlung immer mehr an Selbstbewusstsein, Vertrauen
und innerer Kraft, die ihm dabei hilft, sich gegen andere zu wehren und seinen
eigenen Weg zu finden.
Mihály ist schon am Anfang eine gefestigte
Persönlichkeit, die weiß, was sie erreichen will und kann – jedoch nicht
unbedingt darf. Das Zusammentreffen mit Josias bringt dann einige Mauern ins
Wanken und ermöglicht einen Blick hinter die mühsam aufgebaute Fassade des
Wundarztes.
Neben den widrigen Zuständen, mit denen Mihály und Josias
zu kämpfen haben, bleibt immer wieder Zeit für Annährung, positive Gefühle und
Austausch von Zärtlichkeit. Was so streng verboten ist, erfüllt die beiden mit
zu großer Freude, als das sie es lassen könnten. Die erotischen Szenen sind sehr
schön beschrieben. Gefühl, Vertrauen, aber auch das Verlieren der Kontrolle,
beim völligen Fallenlassen und Genießen der Lust werden thematisiert und
bringen deutlich rüber, wie intensiv die Beziehung zwischen den jungen Männern
ist.
Überraschungen und unerwartete Wendungen erhalten die
Spannung im Buch, so dass ich immer weiter lesen wollte, um zu erfahren, wie es
weitergeht, was die Männer noch aushalten müssen und auf welcher Seite die
anderen, zum Teil undurchsichtigen Gestalten stehen.
Direkte, ungeschönte Beschreibungen von den Umständen können
schockieren, bewegen, bringen zum Nachdenken und gehören dennoch einfach in die
Zeit, in der wir uns bewegen. Abgemildert durch faszinierende Charaktere, prickelnde
Erotik und viel Spannung, entsteht eine runde Mischung, die mich begeistert
hat.
„Der Sodomit“ ist ein sehr intensives Buch, das definitiv
nichts für schwache Nerven oder Zartbesaitete ist.

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