[gelesen] Die Bestimmung – Letzte Entscheidung von Veronica Roth

  Die Bestimmung –
Letzte Entscheidung
Autor: Veronica Roth
erschienen März 2014
Verlag: cbt
ISBN: 978-3-570-16157-9
(c) cbt 

tolle Trilogie aber ein Abschlussband mit Schwächen
Inhaltliche Spoiler zu den ersten beiden Teilen! Zudem sei
gesagt, dass sich das Lesen dieses Abschlussbandes nicht empfiehlt, wenn man
den Rest der Trilogie nicht kennt. Abgesehen davon, dass man zwei tolle Bücher
verpassen würde, ist es beinahe unmögliche, sämtliche Zusammenhänge mit den
dezenten Rückblicken zu erfassen und sich wirklich in die Personen einzudenken.

Nach den Kämpfen zwischen
den zersplitterten Fraktionen und den Fraktionslosen ist die Stimmung in der
Stadt immer noch hochexplosiv. Besonders nachdem die Bewohner erfahren haben,
dass sie jahrelang über die Geschichte ihrer Stadt belogen wurden. Tris und
Four machen sich gemeinsam auf die Suche nach der Wahrheit, aber außerhalb der
Stadt entdecken sie nur noch weitere Lügen und werden in neue Kämpfe gezogen…

Die Handlung setzt relativ nahtlos an die Ereignisse des
Vorgängerbandes an. Der Beginn der Geschichte ist sehr rasant, beinahe
überstürzt und vieles geht viel zu schnell und zu einfach. Danach wird es sehr
lange sehr ruhig. Einige Figuren werden von dem, was sie außerhalb der Stadt
erfahren, so aus der Bahn geworfen, dass sie zu keinem klaren Gedanken mehr
fähig sind, was letztlich auch zu voreiligem, unüberlegten Handeln mit
schwerwiegenden Folgen führt. Die sich im Kreis drehenden Gedanken zerren
allerdings nicht nur an den Nerven der Protagonisten, sondern auch an denen der
Leser. Statt der gewohnt actionreichen Handlung kehrt Stillstand ein, bevor
sich dann nach der Hälfte des Buches das Geschehen wieder dramatisch ändert.
Danach bleibt es wirklich spannend und ereignisreich und knüpft damit doch noch
an die guten Vorgänger an.

Das Szenario um die Hindergründe der Stadt, das
Fraktionssystem und die Unbestimmten, dass Roth entwirft, ist allerdings viel
zu komplex und undurchsichtig beschrieben. Die erklärenden Passagen nehmen zu
viel Raum ein und ziehen die zu diesem Zeitpunkt ohnehin ruhige Handlung noch
künstlich in die Länge.

Nachdem Band 1 und 2 ausschließlich aus der Ich-Perspektive
von Tris erzählt wurden, gibt es nun einen Wechsel zwischen Tris und Tobias.
Nach über 700 Seiten in denen man intensiv mit Tris gelebt und gelitten hat,
fällt der plötzliche Wechsel schwer. Am Anfang musste ich immer wieder zu den
Kapitelbeginnen zurückblättern, um nachzusehen, wer eigentlich gerade
berichtet. Natürlich bietet diese doppelte Erzählperspektive Einblicke in beide
Personen und dementsprechend auch auf unterschiedliche Handlungsstränge, aber
die Erzählweise beider ist so ähnlich, dass sie ohne den Namen in der
Kapitelüberschrift nicht zu unterscheiden sind, was schade ist, da sie schon
sehr unterschiedliche Charaktere sind und man gut jedem eine eigene Sprechart
hätte zuweisen können.

Es gibt einige neue Charaktere und viele alte Bekannte. Es
ist wieder eine vielseitige, konfliktgeladene Mischung ohne klares Gut und Böse
– jeder Figur zeigt sehr verschiedene Facetten und so mancher ist bereit, sich
zu ändern. Obwohl die Protagonisten insgesamt in der Trilogie eine sichtbare
Entwicklung durchmachen, fiel es mir in diesem Band manchmal schwer, ihr Denken
und Handeln nachzuvollziehen. Gerade der sonst so starke, strategische Tobias
lässt sich sehr leicht aus dem Konzept bringen und handelt zeitweise impulsiv
und unüberlegt, was man so von ihm bisher nicht kennt. Bei allem, was sie
bisher schon erlebt und geleistet haben, vergisst man allerdings schnell, dass
Tris und Four mit ihren 16 und 18 Jahren halt keine ausgebildeten Kämpfer,
sondern pubertierende Teenager sind, die furchtbar viele Schicksalsschläge
wegstecken müssen – wozu dann das manchmal trotzig-kindliche Verhalten doch
wieder gut passt.

Das Ende, nun darüber lässt sich streiten. Ich habe es mir
anders vorgestellt, keine Frage, und wurde daher sehr überrascht. Letztlich
finde es ich für die Trilogie aber durchaus passend. Mancher mag nur kitschige
Happy-Ends, der nächste verzichtet lieber zugunsten der Dramatik auf ein
solches und andere lieben offene Enden, um sich die Geschichte selbst
weiterzuspinnen. Man kann es halt nicht jedem recht machen…

Fazit:

Nach einem holprigen Einstieg und langatmigen, theoretischen
Passagen, während denen ich das Buch gern einfach in die Ecke geschmissen
hätte, weil es mich nach den tollen Vorgängern so nervte und enttäuschte, baut
sich nach der Hälfte doch noch eine spannende Handlung auf, in der man wieder
mitfiebern kann und die mich insgesamt mit diesem Trilogieabschluss versöhnlich
stimmt, wobei ich bei der Bewertung vor allem die Story um die liebgewonnen
Charaktere beurteile und das komplizierte theoretische Drumherum, welches nicht
immer so leicht zu durchschauen war, außen vor lasse.

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