[gelesen] Shadow Land. Tödliche Wildnis von Rainer Wekwerth

Rezensionsexemplar

©Planet! Thienemann Esslinger
Shadow Land. Tödliche Wildnis

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Rainer Wekwerth
erschienen August 2022
ab 13 Jahren
368 Seiten
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Planet! (Thienemann Esslinger)
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geniale dystopische Welt, aber Potenzial nicht voll genutzt

Für Kaia ist schon ihr Leben lang klar: die Welt außerhalb der Mauern ist gefährlich! Nicht allein weil sie dort viel verloren hat, sondern auch weil einfach jeder weiß, dass die Menschen, die außerhalb der Sicherheitszone leben, sich in Bestien verwandeln, die nicht mehr viel mit Menschen zu tun haben. All die Katastrophen und ein neuartiges Virus haben die Welt so verändert, dass im Jahr 2169 nicht mehr viel sicherer Lebensraum zur Verfügung steht. Als Kaia dann doch wieder außerhalb Stadt unterwegs ist und eher ungewollt tiefer in die Wildnis eintaucht, erlebt sie große Überraschungen. Die Welt dort ist gefährlich, tückisch, aber auch faszinierend und voller Wunder, mit denen sie niemals gerechnet hätte. Wie passen die Erkenntnisse, die sie mit der Zeit gewinnt nur zu den Dingen, die sie bisher zu wissen glaubte?

Ich war wirklich gespannt auf diese Jugenddystopie, die mich vom Klappentext sofort ansprach. Am Ende muss ich allerdings sagen, ich war nicht ganz so gefesselt und umgehauen, wie ich gehofft hatte. Es gab wirklich viele tolle Idee, deren Potenzial aus meiner Sicht jedoch nicht komplett ausgeschöpft wurde und mit der Protagonistin hatte ich zwischendurch meine Probleme. Vielleicht hätte der Geschichte ein zweiter Band gut getan, um einiges noch etwas ausführlicher und tiefgehender zu erklären und zu beschreiben, die Wunder der Welt noch mehr wirken zu lassen und auch Kaia mehr Zeit und Raum zu geben.

Das Setting ist wirklich grandios. Man taucht nach und nach tiefer in die dystopische Welt ein, die gleichermaßen faszinierend und erschreckend ist. Durch eine Vielzahl an Katastrophen und aufgrund eines Virus hat sich einfach das gesamte Leben verändert. Nur innerhalb der Sicherheitszonen ist man halbwegs sicher, doch auch dort kann man nicht alle Auswirkungen der Veränderungen stoppen. Das Leben ist hart, viele technische Errungenschaften funktionieren nicht mehr oder nur noch in geringerem Umfang bzw. sie sind bestimmten Institutionen vorbehalten, weil die Ressourcen nicht für alle reichen. Doch außerhalb der Mauern ist alles noch viel unheimlicher, gefährlicher und wilder. Wer sich dort aufhält, muss sich auf eine Wildnis einstellen, in der es viele Gefahren gibt, unter anderem auch die mutierten Menschen, die zu Bestien geworden sind. Schon diesen Ausgangspunkt empfand ich als faszinierend und interessant, die bildhaften Beschreibungen machen es leicht, sich die Umgebung und die Lebenssituation vorstellen zu können. Umso weiter man im Buch vorankam, umso faszinierender fand ich die Welt dann aber. Es gibt noch so viel mehr, was man zu Beginn nicht ahnt, unglaublich coole Ideen, von denen viele für mich auf jeden Fall neu waren. Die Veränderungen, die es in der Natur in den vorausgegangenen Jahren gab, haben mich begeistert durch ihre Vielfältigkeit. So entstehen neue Möglichkeiten, aber eben auch Gefahren und wenn man sich nicht auskennt, kann man schnell verloren sein. Von einigen der Aspekte, Fähigkeiten und Facetten hätte ich gern noch mehr erfahren, einiges ging mir etwas schnell beziehungsweise hat nicht so viel Raum eingenommen, wie ich mir gewünscht hätte, um dort noch tiefer reinzugehen. Die Welt bietet noch so viel mehr Potenzial, als gezeigt wird und auch als ich hier aufliste, um niemanden was vorwegzunehmen, von den Ideen, von denen man dann beim Lesen hoffentlich überrascht wird, wie ich.

Man begleitet im Buch Protagonistin Kaia, die mit ihren 17 Jahren ziemlich auf sich allein gestellt ist. Ihr Ziehvater lässt sich aktuell nur wenig blicken, auf wen sie sich aber immer verlassen kann, ist ihr bester Freund Adam, der jedoch aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht immer ganz fit ist. Kaia hat gelernt sich durchzuschlagen und durchzusetzen, dabei hilft ihr auch immer wieder ihr Wolf, der sie bereits seit 10 Jahren auf Schritt und Tritt begleitet. Sie ist taff und ins System integriert, trotzdem zweifelt sie inzwischen an einigen Dingen, fängt an zu hinterfragen, will mehr Antworten, mehr erfahren. Im Verlauf der Geschichte hat die Protagonistin bei mir allerdings an Sympathie eingebüßt. Ich empfand es als nachvollziehbar, dass sie einige der Offenbarungen und Wunder der Wilden Welt erst mal nicht glauben kann. Es widerspricht allem, was sie bisher wusste und erzählt bekommen hat. Aber wenn man sich dort eine Zeit lang aufhält und gewisse Dinge mit eigenen Augen sieht, am eigenen Leib erlebt, könnte man sich eben schon etwas für die neuen Aspekte öffnen, sie mehr zulassen und nicht bockig alles ablehnen, weil es nicht zu ihrer bisherigen Weltanschauung passt. Mit dieser Haltung ist sie mir irgendwann auf die Nerven gegangen. Ungläubig zu sein, ist das eine, aber es trotz mehrfachen Erfahrungen, Berichten und Gesprächen weiterhin vehement abzulehnen… ich fand es anstrengend und es hat die Handlung auch teilweise einfach ausgebremst. Manchmal reagiert sie sehr stur und verbohrt, was man zu einem gewissen Teil vielleicht verstehen kann, auch ihre ambitionierten Ziele, an denen sie festhält, passen schon zu Kaia, auch wenn sie sich nicht über alle Konsequenzen und Stolpersteine im Detail Gedanken macht. Da ist es gut, dass sie nicht allein losziehen muss.
Auch die enthaltene Liebesgeschichte ging mir zu schnell, ich konnte nur bedingt nachvollziehen, woher die Anziehung und die plötzliche überschwängliche Liebe kommt.Zwischendurch gab es auch einen Stimmungswandel, der mir zu plötzlich kam und irgendwie einfach nicht stimmig wirkte.  Teilweise hätte ich mir auch einfach mehr Tiefe bei den Figuren gewünscht, auch wenn die in einem Jugendbuch eben nicht immer so da ist, wie man es vielleicht gern hätte.
Einige der anderen Charaktere, die man im Verlauf kennenlernt, fand ich sympathisch und auch von ihnen hätte ich stellenweise gern mehr erfahren. Die übernatürlichen Fähigkeiten sind faszinierend und erleichtern ihre Lebensweise und Einstellungen. Doch auch ohne solche Fähigkeiten sollte man wieder mehr auf seine Umgebung und die Natur achten. Ausbeutung der Natur, Naturschutz und solche Themen schwingen in der Geschichte immer wieder mit.

Größtenteils war der Schreibstil angenehm und flüssig zu lesen. Es gab für mich jedoch auch Passagen, die eher etwas stockend wirkten. Viele kurze Sätze störten irgendwie meinen Lesefluss. In den Momenten, in denen Kaia in einer passenden Stimmung war, empfand ich es als unterstützend, aber sonst hat es mich eher gestört. Hier und da hätte ich mir noch etwas mehr Details und noch mehr Beschreibungen gewünscht, sowohl von den Figuren, als auch von den Schauplätzen und den Emotionen. Alles davon wird thematisiert, manchmal bleibt es aber etwas an der Oberfläche.
Im Verlauf des Buches wird es turbulenter und temporeicher, es steckten viele tolle Ideen drin und einige Überraschungen und Wendungen. Auch am Ende der Geschichte gab es einige Aktionen, die mir wirklich gut gefallen haben, vorallem weil sie nicht alle von der Protagonistin ausgingen. Manches war vielleicht etwas einfach und runtergebrochen, aber ganz grundsätzlich mochte ich die Herangehensweise und den Mut, den die Charaktere aufbringen, um ihre Ziele zu erreichen, auch wenn sie wissen, wie gefährlich das alles wird.

Fazit

Eine Jugend-Fantasy-Dystopie, die mit dem unglaublichen tollen Setting und all den facettenreichen Ideen und Möglichkeiten total punkten konnte. Leider wurde das Potenzial der Welt aus meiner Sicht nicht komplett ausgeschöpft, man hätte da sicher vieles noch etwas genauer und ausführlicher machen können, um mehr auf die Wunder der Welt, die Gefahren und Möglichkeiten einzugehen und damit auch Protagonistin Kaia mehr Zeit und Raum zu geben, sich an die neue Situation und das neue Wissen zu gewöhnen, sich neu orientieren zu können und nicht ganz so überfordert zu sein mit dem einen oder anderen. Die Protagonistin hat es mir nicht immer leicht gemacht, ich empfand ihre Engstirnigkeit zwischendurch als ziemlich anstrengend, da es über die nachvollziehbare Ungläubigkeit und das Überwältigtsein bei all den neuen Eindrücken hinausging. Manche Stimmungsschwankungen und Wendungen kamen mir etwas plötzlich, insgesamt mochte ich aber viele der Handlungselemente und die Dynamik der Geschichte.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

6 Gedanken zu „[gelesen] Shadow Land. Tödliche Wildnis von Rainer Wekwerth“

    1. Hallo Alica,
      ich bin gespannt, wie es dir dann gefallen wird und hoffe, es kann dich vielleicht sogar noch etwas mehr begeistern! Es war auf jeden Fall nicht schlecht und wie gesagt eben voller toller Ideen. Ich werde die Augen offen halten, was du dazu sagst 🙂
      Liebe Grüße
      Dana

  1. Hallo liebe Dana,
    auf deine Meinung zu Shadowland war ich schon sehr neugierig, zumal ich das Buch auch schon ein wenig im Blick hatte. Dass dir hier noch einiges gefehlt hat, finde ich schade. Zumal ein weiterer Band ja vermutlich kein Problem gewesen wäre, wenn denn einfach die Seitenzahl nicht ausgereicht hat, um alle Ideen und Verknüpfungen unterzubringen.

    Das, was du über die Welt berichtest, hat mich hier auf ganzer Länge angesprochen. Es macht neugierig und Lust selbst in die Geschichte einzutauchen.

    Deinen Kritikpunkt betreffend der kurzen Sätze verstehe ich. Solche Kleinigkeiten können einen aus dem Lesefluss bringen und zu einem Problem werden, was es eigentlich gar nicht sein müsste. Das würde mir vielleicht ähnlich ergehen.

    Ich werde mir noch ein paar Rezensionen zum Buch durchlesen. Ich denke aber, es ist jetzt kein Buch, das bei mir unbedingt auf der Wunschliste landen muss.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich fand es auch schade, dass mich das Buch nicht so komplett packen und mitreißen konnte, wie ich bei der genialen Idee gehofft hatte. Die Welt ist wirklich einfach grandios – in meinen Augen, aber rundrum fehlte es mir halt teilweise bzw. einfach auch hier und da bei der Umsetzung. Was ja aber auch totale Geschmackssache ist. Wir haben Bücher ja auch durchaus schon unterschiedlich empfunden 😉 Vielleicht hatte ich auch zu große Erwartungen. Ich bin auf jeden Fall auch gespannt auf die Meinung anderer und werde da auch die Augen offen halten 😉
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Hallo liebe Dana 🙂

    Nanu? Eine Dystopie, die ich bislang noch gar nicht so sehr auf dem Schirm hatte, obwohl ich die Pheromon-Reihe des Autors vor einiger Zeit recht gerne gelesen habe. Wenn es nach mir geht, kann es eigentlich gar nicht genügend Geschichten mit dystopischem Setting geben – schade, dass hier das Potenzial wohl nicht vollumfänglich ausgeschöpft wurde. Nichtsdestotrotz merke ich mir das Buch mal!

    Liebe Grüße
    Lisa von Prettytigers Bücherregal (Blog & Instagram)

    1. Hallo Lisa,
      bei den ganzen Büchern, die erscheinen, kann man auch einfach nicht alle auf dem Schirm haben, oder 😉 Mir rutschen auch oft genug Bücher durch und wenn ich sie dann bei jemandem entdecke, denke ich mir „wie ist das passiert?!“ 😀 Aber so kann man dann immer mal wieder neue Bücher auf die Wunsch- und Merkliste setzen und sich darüber freuen, dass potenzieller Lesestoff nie ausgeht 😀
      Ich mag es auch gern in dystopische Settings einzutauchen und die Idee hier war auch wirklich genial! Falls du es mal lest, drücke ich dir die Daumen, dass es dir vielleicht sogar etwas besser gefällt als mir. Vielleicht stören dich meine Kritikpunkte beim Lesen dann ja auch gar nicht. 🙂
      Liebe Grüße
      Dana

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