[gelesen] Alexis Goldfire. Auserwählte der Macht von Vivien Verley

Rezensionsexemplar

© Impress
Alexis Goldfire. Auserwählte der Macht
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Autorin: Vivien Verley
erschienen April 2019
455 Seiten
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hier gehts zum Verlag
Impress (Carlsen)

Interessante Idee, holprige Umsetzung – und als Einzelband untauglich

Die 17-jährige Alexis Goldfire besitzt 13 goldene Strähnen in ihrem weißen Haar und ist damit die Mächtigste ihres Volkes. Nach Beendigung ihrer Prüfung soll sie sich einen Ehemann wählen und gekrönt werden. Dafür stehen ihr nur zwei Männer zur Auswahl, von denen sie eigentlich keinen Heiraten will. Aber zuvor muss sie ohnehin erst noch eine Mission erfüllen. Und plötzlich gerät alles irgendwie ins Chaos…

Dieses Buch hat mich etwas ratlos zurückgelassen.

Grundsätzlich hat mir die Idee mit den versteckt auf der Erde aufwachsenden Kindern, die dann abgeholt und ausgebildet werden, gut gefallen. Xander, der länger als üblich versteckt auf der Erde geliebt hat und deswegen viel Wissen aufholen muss, wird rätselhaft eingeführt und schnell wird klar, dass es hier einige Geheimnisse aufzudecken gibt.

Doch dann wird die Geschichte insgesamt sehr holprig.

Zum einen wird der ganze Weltenentwurf nicht vernünftig erklärt. Immer wieder werden total selbstverständlich irgendwelche Regeln oder Test erwähnt, ohne dass die Hintergründe oder Zusammenhänge hierfür erläutert werden. Das ganze Gesellschaftssystem sowie auch die Regeln der Magie bleiben unklar. Und auch sonst haben sich mir bis zum Schluss einige Dinge nicht erschlossen, z.B. warum es überhaupt menschliche Austräger gibt.

Zudem gibt es in der Handlung einige Ungereimtheiten. So nimmt Xander beispielsweise unbeschriftete Tabletten. Als Leserin wird man da natürlich sofort hellhörig. Doch bei den Figuren lief der Dialog dann etwa so: Du nimmst Tabletten, wieso? – Die muss ich schon seit Jahren nehmen, damit ich nicht krank werde. – Aber wir werden doch gar nicht krank?! – Thema beendet, Xander schluckt weiter wochenlang seine Tabletten, was zwar alle wissen, aber keiner weiter hinterfragt. Und, oh Wunder, natürlich wird das Thema später doch nochmal wichtig…
Ansonsten wird Xander, der am Anfang so eine wichtige Figur und auch einer der Ich-Erzähler ist, leider im Verlauf immer weiter zur Nebenfigur. Er taucht zwar immer wieder auf und seine Entwicklung, wie er all die neuen Dinge lernt und sich langsam in die Gesellschaft einfügt, wird nebenbei geschildert, doch vorrangig geht es um Alexis und sich andeutbetende Regierungsprobleme.

Auch über Alexis habe ich so manches mal den Kopf schütteln müssen. Um Xander zu holen hat sie den Auftrag, sich versteckt bei den Menschen einzuschleusen. Zur Vorbereitung darf sie kräftig shoppen gehen, damit sie wie die anderen Teenager aussieht. Doch vernünftiges Verhalten bringt ihr keiner bei. Das sorgt zwar für ein paar witzige Dialoge, weil sie kein Blatt vor den Mund nimmt und unverfängliche Konversation als sinnlos abschmettert, aber zielführend ist dieses Verhalten natürlich nicht, wenn sie jedem Menschen, dem sie begegnet, erst mal vor den Kopf stößt. Auch im späteren Verlauf fällt Alexis immer wieder durch überstürztes, unbedachtes Verhalten und arrogantes Gehabe unangenehm auf.

Der Großteil der Handlung wird aus der Ich-Perspektive von Alexis und Xander geschildert. Doch im Verlauf kommen immer wieder auch andere Ich-Perspektiven hinzu, die zum Glück eindeutig gekennzeichnet sind. Zwar ist es einerseits sehr spannend, in viele Köpfe zu schauen und die verschiedenen Gedanken und Gefühle zu erfahren, doch dabei hatte ich das Gefühl, dass die Handlung den roten Faden verliert. Es kommen immer neue Probleme und damit neue Handlungsstränge hinzu. Immer neue Intrigen und Krisen deuten sich an, sodass ich mich bereits zu fragen begonnen habe, wie all diese Ereignisse auf den verbliebenen Seiten noch aufgelöst werden sollen. Die Antwort lautet: Gar nicht! Obwohl das Buch vom Verlag als „in sich abgeschlossener (!) Einzelband“ ausgewiesen ist, endet die Geschichte mittendrin. Hier kann man auch nicht von einem offenen Ende reden, da einfach gar kein Handlungsstrang zuende geführt wurde. Mitten im größten Chaos wird zwar eine Sache – die nicht mehr überraschen kam und bei diesem Ende nun auch gar nichts mehr zur Sache tut – aufgedeckt, aber dann ist Schluss und alles, wirklich alles, bleibt offen.
Wäre das Buch als Auftaktband angekündigt gewesen, wäre das total ok. So frage ich mich nun aber schon, was es damit auf sich hat, denn so macht die Geschichte für mich einfach keinen Sinn.

Fazit

Interessanter Beginn mit einem grundsätzlich interessanten Weltenentwurf, der aber nicht ausführlich genug ausgeführt wird, weil immer wieder Fragen ungeklärt bleiben. Dies gilt auch für die ganze Handlung, die sich von dem ursprünglichen Schwerpunkt um Xander und Alexis in eine ganz andere Richtung bewegt, immer komplexer wird und immer neue Intrigen offenbart, um dann leider einfach zu enden. Als Einzelband – wie angekündigt – kann die Geschichte eigentlich nicht stehen bleiben, weil am Ende nichts geklärt ist. Alle Entwicklungen sind noch im Gange, alles wäre möglich… Abgeschlossen ist da definitiv nichts. Schade.
Unter dem Gesichtspunkt, dass dies ein abgeschlossener Einzelband sein soll, würde ich sogar nur 2 Möhren vergeben, weil das Buch, bei dem man am Ende genauso schlau ist wie am Anfang nur mit jeder Menge neuer Fragezeichen im Kopf, als Einzeltitel für mich nicht funktioniert. Ich bleibe dennoch bei drei, weil ich die Geschichte grundsätzlich gern gelesen habe und einfach hoffe, dass es noch weitergeht. In einer Leserunde habe ich aufgeschnappt, dass die Autorin grundsätzlich mehr als einen Band geplant hatte…

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

2 Gedanken zu „[gelesen] Alexis Goldfire. Auserwählte der Macht von Vivien Verley“

  1. Huhu Anja,
    ohje. Als ich das Cover des Buches gerade bei dir entdeckt habe, bin ich sofort neugierig geworden. Ich finde es sieht wirklich sehr schön aus. Auch der Klappentext hörte sich schon richtig gut an. Das, was du über die Umsetzung schreibst, ist etwas, was gar nicht geht. Ein abgeschlossener Band, mit offenem Ende ist schon mal nicht so schön. Dass dann aber so viele Fragen aufgeworfen und nicht zuende gebracht werden und so viele Logiklücken enthalten sind, geht irgendwie gar nicht. Ich hoffe sehr, dass die Autorin vielleicht doch noch einen weiteren Band rausbringen und mit all den Fragen und dem offenen Ende aufräumen wird.
    Vielen Dank für diese ehrliche Rezension.

    Ich wünsche dir ein wunderschönes Wochenende und einen guten Start in deine Woche.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      wie ich am Ende ja schrieb, at die Autorin in einer Leserunde geäußert, dass sie den Roman eigentlich als Trilogieauftakt abgelegt hat. Warum er vom Verlag als abgeschlossener Einzelband beworben wird, und dann diese Ereignisse als Ende gewählt wurden, verstehe ich daher leider nicht. Das ist sehr unglücklich gelöst, weil es natürlich völlig falsche Erwartungen weckt.
      Trotz der Schwächen bin ich aber neugierigl wie es weitergeht und hoffe daher, dass die Fortsetzungen in nicht allzuferner Zukunft noch kommen werden.
      Viele Grüße
      Anja

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