[gelesen] Shattered Crescent – Die Risse seiner Seele von Svea Lundberg

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Shattered Cresent – Die Risse seiner Seele

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Svea Lundberg
erschienen Oktober 2020
504 Seiten
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Svea Lundberg
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facettenreich, mit vielen ernsten Passagen

Für Sam ist der Reitsport alles. Sein Anker, sein Grund aufzustehen, Motivator, um über sich hinauszuwachsen, vielleicht manchmal auch sein Verderben. Es war schon früh sein Traum, auf dem Pferderücken erfolgreich zu sein und dafür tut er, was nötig ist. Er trainiert hart, manchmal härter, als gut für ihn ist. Das Wohlergehen der Pferde steht für ihn allerdings weit oben. Sam achtet darauf, ob es den Tieren gut geht, spürt jeder kleinen Ungereimtheit nach und geht keine unnötigen Risiken ein.
Thiago sieht im Rennsport eher Tierquälerei. Was auf den Galopprennbahnen und hinter den Kulissen abgeht, löst in ihm Unverständnis aus, obwohl er sich eingestehen muss, dass die Euphorie der Massen einen selbst ebenfalls gefangen nehmen kann, wenn man selbst mitten drin steht.
Zweifel und Ablehnung werden allerdings erneut angedacht, wenn er in die traurigen Augen eines ausgemusterten Rennpferdes schaut und erkennt, wie zerbrochen das Tier innerlich ist.
Als die beiden aufeinandertreffen, ist nicht zu erwarten, dass sie wirklich auf einer Wellenlänge sind, haben sie doch ganz unterschiedliche Ansichten zum Pferdesport. Doch beide müssen erkennen, dass nicht alles immer nur schwarz oder weiß ist. Es gibt viel dazwischen. Und mehr Wege für sich selbst, als man manchmal sieht.

Ein Buch, das noch eine ganze Weile bei mir nachgewirkt hat. Es sind viele Themen enthalten, die einen nachdenklich stimmen, die teilweise auch bedrücken oder berühren, aber auch immer wieder Szenen, die einfach ans Herz gehen und vielleicht auch einfach neues Wissen mit sich bringen.
Ich hatte vorher mit dem Pferdesport nicht viel zu tun, daher waren die Informationen, die es dazu gab, größtenteils eher neu für mich. Auch mit Galopprennen habe ich mich nie intensiver beschäftigt. Dass es für die Jockeys und Pferde eine Belastung ist, kann man sich wohl vorstellen, bei dem Tempo, das dort gelaufen wird und dem harten Training, das dahinter stecken muss. Wie viel man dabei dann aber so beachten muss, wie Trainingspläne aussehen, wie Leistungen aufgebaut und abgerufen werden können, darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Die Passagen dazu wirkten sehr gut recherchiert und klangen für mich auch nachvollziehbar und stimmig. Wie die Autorin selbst sagt, hat sie auch viel recherchiert, daher würde ich auch davon ausgehen, dass das alles Hand und Fuß hat.
Dass es in manchen Ställen nicht gut zugeht, kann man sich ebenfalls vorstellen. Nicht allen ist das Wohl der Tiere wichtig. Hauptsache sie haben kurze erfolgreiche Phasen, können Geld kassieren und investieren dann eben in die nächsten. Aber es ist eben auch nicht überall so. Richtig gut gefallen hat mir, dass das Thema nicht einseitig behandelt wird innerhalb der Geschichte. Man bekommt verschiedene Seiten und Facetten präsentiert, viele Informationen, um sich selbst ein gewisses Bild machen zu können, ohne dabei ständig zu urteilen, verurteilen oder einen in eine bestimmte Richtung zu drängen. Schon allein wodurch die Charaktere ja „auf verschiedenen Seiten stehen“, bekommt man einen umfangreicheren Blick auf Elemente, die damit in Verbindung stehen. Es wird Kritik geübt, es werden aber auch Dinge aufgezeigt, die den Reiz und die Faszination ausmachen und wie viel Arbeit dahintersteckt, die die Tiere nicht zwingend quälen muss.

Das Buch begleitet sowohl Sam als auch Thiago, so dass man von beiden Protagonisten intensive Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelten bekommt, auch wenn es keine Ich-Perspektiven gibt. Die beiden jungen Männer haben es nicht immer leicht gehabt und auch ihr Zusammentreffen ist nicht ganz unproblematisch. Geheimnisse überschatten das Kennenlernen, auf beiden Seiten. Nach und nach öffnen sie sich einander mehr, komplett harmonisch und geradlinig verläuft es allerdings nicht. Ein ziemliches auf und ab der Emotionen, das ich nachvollziehbar geschildert empfand. Die Gefühle wurden intensiv transportiert, ich fühlte mich durch den flüssigen Schreibstil mitgenommen und auch wenn das Buch stellenweise wirklich bedrückend von der Atmosphäre war, fühlte ich mich nie erschlagen von der Fülle an ernsteren Themen bzw. Gedanken. Svea Lundberg geht mit Fingerspitzengefühl an die Dinge ran und thematisiert dennoch authentisch.
Sie lässt ihre Charaktere zeitweise leiden, fängt sie dann aber auch wieder auf. Es gibt Augenblicke zum Schmunzeln, aber auch viele Momente, in denen man sie eher in den Arm nehmen möchte.

Sam und Thiago haben mir als Protagonisten sehr gut gefallen. Sie sind alles andere als perfekt und auch die Verbindung zwischen den beiden ist besonders zu Beginn eher holprig und geprägt von den Sachen, die zwischen ihnen stehen. Die Entwicklungen der beiden zu verfolgen, hat mir gut gefallen und ging mir auch immer wieder unter die Haut. Stück für Stück arbeiten sie sich an die schwierigen Themen heran, wodurch es immer wieder auch Mauern gibt, die hochgezogen werden, Gefühlsausbrüche, Verleugnungen, irgendwann aber auch Eingeständnisse.
Eine Mischung aus Schmerz, Geheimnissen, Versteckspiel, sich selbst etwas vormachen, Kontrolle, Zuneigung, Zusammenhalt, sich entwickelndem Vertrauen, Rückhalt und Pferdesport in vielen Facetten. Die Geschichte enthält auch Liebesszenen, die für mich allerdings nicht so im Fokus des Geschehens standen.

Neben den Protagonisten lernt man noch andere Figuren kennen, einige etwas mehr, andere eher wenig. Sie haben aber alle ihren Platz im Gefüge, sind teilweise sehr unterstützend und aufbauend, manchmal treiben sie jedoch auch die Dinge an, die eh schon in den Charakteren wüten. Insgesamt entsteht aber eine gute, mitnehmende Dynamik, die für ganz unterschiedliche Dialoge, Streitigkeiten und Offenbarungen sorgt.

Fazit

Ein Buch, das mir bestimmt noch eine Weile im Gedächtnis bleiben wird. Es ist keine locker-leichte Gay-Romance mit ein bisschen süßen Entwicklungen. Die ernsteren Themen dominieren die Geschichte und prägen über weite Strecken die Atmosphäre. Ich empfand es nicht als erdrückend, aber schon teilweise als bedrückend und vor allem berührend und nachdenklich stimmend.
Mit viel Fingerspitzengefühl spricht Svea Lundberg verschiedene Dinge an, zeigt Facetten des Rennsports, aber auch der persönlichen Schicksale der Charaktere und schafft damit eine vielseitige Mischung, die Momente zum Schmunzeln und fürs Herz, aber eben auch etwas heftigere, ernstere Passagen enthält.


4 Gedanken zu „[gelesen] Shattered Crescent – Die Risse seiner Seele von Svea Lundberg“

  1. Hallo liebe Dana,
    ich muss sagen, dass du mich mit deiner Rezension gerade sehr neugierig auf dieses Buch gemacht hast. Ich hätte im ersten Moment gar nicht so viele ernsten Themen in dem Buch erwartet. Etwas, was ich in Geschichten aber sehr gerne sehe, sofern die Themen gut behandelt werden.

    Sehr spannend finde ich, was du hier über das Thema Reitsport berichtest. Ich selbst habe mit dem Reiten und insbesondere auch mit Reitsport noch nicht so viele Berührungspunkte im Leben gehabt. Gut, ich bin als Kind ein – zwei Mal auf einem Pferd geritten (und hatte immer sehr viel Respekt vor dem Tier). Aber das war’s auch schon. Umso spannender stelle ich mir die von dir angeführten Schilderungen hinter die Kulissen vor.

    Aber auch die Figuren scheinen sehr interessant und fascettenreich dargestellt.

    Ich danke dir für diese Buchvorstellung. Das könnte durchaus auch ein Buch für mich sein.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich fand es auch wirklich spannend, in den Pferderennsport ein wenig Einblicke zu bekommen, vor allem weil es eben auch wirklich vielseitig thematisiert ist und nicht nur Pro oder Contra. es ist auch nicht alles nur schwarz oder weiß, es gibt viel dazwischen und das wird hier mit viel Fingerspitzengefühl eingearbeitet, ebenso wie die anderen Themen, die enthalten sind. Für mich passte es von der Mischung auf jeden Fall gut, auch der Umgang mit den anderen Aspekten, die so drin waren und auch die Charaktere mochte ich gern- das ist ja immer wichtig, wenn der Fokus viel darauf liegt. Noch habe ich mir nicht ausgesucht, welches Buch das nächste von der Autorin für mich wird, aber es war definitiv nicht das letzte 😉
      Liebe Grüße,
      dana

        1. Hallo Tanja,
          man sollte die Bücher ja nicht unbedingt alle miteinander vergleichen 😉 Klar macht man das manchmal ganz automatisch, aber wenn die Geschichten thematisch ganz anders aufgezogen sind, hat man beim Lesen natürlich auch ein ganz anderes Gefühl. Ich geb dir aber gern Bescheid, wenn ich da wider was lese. In den nächsten Wochen wird das aber eher nichts 😉
          Liebe Grüße,
          Dana

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