[gelesen] Willodeen. Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere von Katherine Applegate

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Willodeen – Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere

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Katherine Applegate
erschienen im März 2023
240 Seiten
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Lehrreich, aber auch traurig

Willodeen liebt Kreischer – eine Tierart, die nachts kreischende Geräusche macht. Viele Bewohner ihres Dorfes schätzen diese Tiere nicht, weil sie stinken. Daher dürfen sie gejagt werden.
Viel lieber haben die Bewohner die kleinen Summbärchen, die jedes Jahr im Dorf überwintern und zahlreiche Touristen anlocken. Bis die Summbärchen plötzlich nicht mehr auftauchen, die Touristen ausbleiben und damit auch die Einnahmen…
Willodeen ist die einzige, die bemerkt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden beider Tierarten geben könnte.

Das Cover ist zugleich süß und düster. Und so lässt sich auch die Geschichte beschreiben. Ein wichtiges Thema wird hier in ein niedliche Story verpackt, die aber an vielen Stellen sehr traurig, bedrohlich und brutal ist.

Vielleicht wäre es einen Gedanken wert, auch Kinderbücher mit einer Triggerwarnung zu versehen, damit Eltern wissen, was ihre Kinder erwartet, ohne zwangsläufig das ganze Buch gelesen zu haben.

Es sind nur wenige Seiten, dann gibt es ein Feuer. Völlig aus dem Nichts. Willodeen verliert ihre Eltern und ihren Bruder. Es sind nur wenige Sätze, nichts wird ausgeschmückt, weder der Brand noch Willodeens Schmerz. Und doch wird es immer mal wieder thematisiert. Das junge Mädchen wird von zwei Frauen des Dorfes aufgenommen und versorgt. Trotzdem sagt Willodeen selbst, dass dies nicht ihr richtiges zuhause sei. Der Verlust schwingt durchweg mit, ohne richtig behandelt zu werden.

Es geht ebenso bedrückend weiter. Willodeen muss mit ansehen, wie auf Tiere geschossen wird, die ihr sehr am Herzen liegen. Im Anschluss wird das Mädchen selbst bedroht.

Und trotzdem ist es ein schönes Buch, das ich durchaus (mit Einschränkungen halt, weil der düstere Aspekt für die unbegleitete Lektüre nicht für jedes Kind geeignet ist) empfehlen würde. Vielleicht aber noch nicht ab 10, wie vom Verlag angegeben.

Es ist eine Geschichte über ein besonderes Mädchen, das nicht so gern Kontakt zu anderen Menschen hat und sich lieber mit Tieren umgibt und in der Natur aufhält.
Eine Geschichte über eine zarte Freundschaft, nachdem Connor immer wieder in der Nähe auftaucht und Willodeen ein ganz besonders, magisches Geschenk macht.
Eine Geschichte über zwei Kinder, die nicht locker lassen, bis die Erwachsenen ihnen endlich zuhören. Die mutig werden und ihre Ängste überwinden für ein Thema, das ihnen so wichtig ist.

Denn es sind die Kinder, die den Zusammenhang erkennen, das die Probleme, die in ihrem Dorf existieren mit den getöteten Tieren zusammenhängen. Die das Zusammenspiel von Natur und Umwelt erkennen und die Folgen, die sich auch für den Menschen ergeben, wenn ein Lebewesen komplett aus dem System verschwindet.

Was der Geschichte fehlt, ist ein wenig Schwung. Der Handlungsverlauf ist sehr ruhig. Willodeen streift viel umher und macht sich ihre Gedanken. Kluge Gedanken, die den Menschen letztlich helfen werden. Aber Spannung kommt nur wenig auf.

Fazit

Nachdenklich, ein wenig düster, aber auch sehr niedlich und lehrreich. Willodeen ist ein besonders Mädchen, das die Natur genau beobachtet und dadurch Zusammenhänge erkennt, die den Erwachsenen verborgen bleiben. Sie wird mutig und wächst über sich hinaus, um sich Gehör zu verschaffen. Das traurige Schicksal des jungen Mädchens ebenso wie der brutale Umgang mit den Kreischern geben der Geschichte aber eine teils bedrohliche und traurige Atmosphäre, daher Vorsicht mit der Altersempfehlung.

5 Gedanken zu „[gelesen] Willodeen. Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere von Katherine Applegate“

  1. Schönen guten Morgen!

    Das klingt nach einem sehr intensiven Thema für Kinder – aber ich denke, dass das durchaus auch 10jährige lesen können. Es ist immer schwierig, hierfür ein Alter festzulegen, weil Kinder, ich sag mal zwischen 8 und 14, wirklich sehr sehr unterschiedlich sind in diesen Dingen, wie sie sie aufnehmen und wie sehr sensibel sie darauf reagieren.

    Ich re-reade ja grade die Gregor Reihe von Suzanne Collins. Die ist auch ab 10 und sehr brutal teilweise (kennt man ja aus ihren Tribute von Panem Büchern‘)… aber eben auch eine wirklich großartige Abenteuergeschichte mit viel Fantasie! Ich liebe diese Reihe und hab sie damals meinen Kindern vorgelesen, die waren in unterschiedlichem Alter zwischen 8 und 12 und ihnen hat es allen gefallen.

    Das hier nicht so auf den Tod der Eltern eingegangen wird ist für ein Kinderbuch an sich (das jetzt nicht genau für dieses Thema geschrieben ist) aber eigentlich sinnvoll. Kinder denken in dem Moment meist nicht so sehr drüber nach und sollen dadurch auch nicht den Tod der Eltern vertiefen. Der Fokus legt sich dann auf die Tiere – so hab ich es verstanden, wobei der Aspekt hier ja auch sehr traurig zu sein scheint.

    Ein Buch, das auf die fragilen Elemente in der Natur aufmerksam machen soll, so hab ich es verstanden, was wichtig ist. Nur dass es insgesamt wohl eher bedrückend ist, hätte vielleicht etwas Auflockerung bedurft.
    Dadurch ist es wahrscheinlich schwierig zu entscheiden, wem man es empfehlen könnte.

    Liebste Grüße und ein schönes Wochenende
    Aleshanee

    1. Hallo,
      ich gebe dir absolut Recht, Kinder in dem Alter sind super verschieden weit entwickelt und nehmen Themen ganz unterschiedlich wahr.
      Der Tod der Eltern ist nicht so dezent, dass man darüber hinweglesen könnte, weil es Willodeen unterschwellig dann ja doch immer mal wieder beschäftigt. Die Art, wie es ganz plötzlich über das Kind – und die Geschichte – hineinbrach, fand ich schon recht extrem. Der Naturaspekt war total ausreichend, man hätte das ganze Familienthema einfach aussparen können.
      Tod der eigenen Eltern (meinen Eltern könnte etwas passieren.. sie gehen weg und kommen vielleicht nicht wieder…) ist für mich dann auch nochmal ein viel schwierigeres Thema als allgemeine Gewalt, die sich gegen Feinde richtet. Und natürlich kommt es total darauf an, welche Erfahrung die Kinder mit dem Thema Verlust und Verlustängsten schon gemacht haben.
      Daher sage ich ja, eine Triggerwarnung wäre gut, damit sehr sensible Kinder oder Kinder, die vielleicht gerade erst einen Verlust erlebt haben, das Buch nicht unbedingt in die Hand bekommen.

      Viele Grüße
      Anja

      1. Ich finde, dass das tatsächlich recht häufig vorkommt – ich lese ja wenig Kinderbücher oder Bücher mit Kindern in dem Alter von 8 – 12 Jahren, aber da sterben komischerweise recht oft die Eltern. Warum das unbedingt in diese Geschichten mit rein muss, wer weiß. Die Autoren der Bücher denken sich ja (hoffentlich) etwas dabei und an sich ist es ja gut, auch über dieses Thema offen zu sprechen. Aber das verträgt eben nicht jedes Kind gleich gut.
        Meist ist es, wie ich schon gesagt habe, recht oberflächlich und dann lesen Kids meist drüber weg und denken gar nicht so drüber nach. Genauso wie über das Verbrennen der Hexe in Hänsel und Gretel 😀 Das wird ja oft als zu brutal angekreidet – aber als Kind war mir das überhaupt nicht bewusst und ich war einfach nur froh, dass die böse Hexe tot ist 😉

        Das ist bei Kinderbüchern tatsächlich nie groß erwähnt, wenn schwere Themen drin vorkommen. Allerdings ist die Altersgruppe ja auch so, dass da Eltern nicht unbedingt mehr so genau hinschauen. Man erwartet es einfach nicht, dass es um so etwas geht oder sowas in der Geschichte mit verarbeitet wird.

        1. Ich lese häufiger Geschichten für diese Altersgruppe, weil 5 bis 11 ja meine Altersgruppe bei der Arbeit ist, und ich kann mich nicht erinnern, jemals so plötzlich mit dem Tod der Eltern konfrontiert worden zu sein – zumindest nicht bei Menschen. Bei vermenschlichten Tieren kommt das ja auch wieder häufiger vor, wenn man allein an Disney denkt. Aber auch da machen die Kinder dann eben einen Unterschied. Ebenso, wie es ja voll ok ist, wenn die Bösen getötet werden.
          Ein Kinderbuch, bei dem die Altersangabe von 11 für mich auch gar nicht passte, war „Adresse unbekannt“. Das wurde vom Verlag schon von 10 (im Original) auf 11 hochgesetzt, war aber so vollgestopft mit ernsten Themen, dass ich es pauschal auch nicht für das Alter empfehlen würde – hab es dann auch noch einer Kollegin mit einer damals 11 jährigen Tochter in die Hand gedrückt, die beide diesen Eindruck teilten. Dennoch ein unglaublich gutes Buch, auch für Erwachsene.

          Im Grunde ist es ja auch wie mit Erwachsenenbüchern. Nicht jeder verträgt jedes Thema gleich gut.
          Nur dass Kinder das vorher nicht unbedingt gut einschätzen können – womit wir wieder bei der Triggerwarnung als Hilfe für die Eltern wären. 😉

          1. Dann kannst du das auf jeden Fall besser einschätzen. Ich bin ja in den Büchern dieser Altersgruppe sehr wenig unterwegs. Und meist wird der Tod von Eltern tatsächlich „nur erwähnt“, ist also meist schon vorbei.

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