[gelesen] Hannas Regen von Susan Kreller

Rezensionsexemplar

©Carlsen
Hannas Regen

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Susan Kreller
erschienen September 2022
ab 12 Jahren
368 Seiten
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Carlsen
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sprachgewaltiger, besonderer Stil, leider nicht ganz meins

Für Josefin ist die neue Mitschülerin Hanna ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht ist es ihre Chance endlich eine richtige Freundin zu finden und nicht länger von allen übersehen zu werden und nur die zu sein, auf die man zurückgreift, wenn sonst keiner kann. Doch Hanna ist still, verschlossen und in sich gekehrt. Josefin wundert sich über das Verhalten des Mädchens, das gar nicht richtig anwesend wirkt. Umso mehr Zeit die beiden dann aber miteinander verbringen, umso mehr andere Gedanken schleichen sich in Josefins Kopf: ist Hanna womöglich in Gefahr? Muss sie alles persönliche verbergen, um sich so schützen? Ist Hanna wirklich Hanna?

Passend zum Namen des Buches beginnt die Geschichte im Regen. Als Josefin das erste Mal Hanna sieht, weiß sie noch gar nicht, dass sie Hanna ist, aber sie wundert sich über ihr seltsames Verhalten inmitten diesen strömenden Regens. Auch im Verlauf des Buches wird immer mal wieder auf den Regen und Hannas Umgang damit eingegangen oder es gibt Vergleiche, die sich darauf beziehen. Der Buchtitel zieht sich also schon irgendwie durch die Handlung und hat einen direkten Bezug dazu, auch wenn es an sich nicht vorrangig um Regen geht, sondern um Josefin und Hanna, wie sie sich kennenlernen und wie zwischen ihnen eine besondere Bindung entsteht, die manchmal schwer greifbar ist. Ihre entstehende Freundschaft beruht nicht unbedingt auf ausgedehnten, tiefgründigen Gesprächen, viel mehr ist es das gemeinsame Schweigen, das einfach still Beieinandersein, das gegenseitige Beobachten und Feinheiten am anderen wahrnehmen. Besonders Hanna, die neu in der Klasse ist, gibt nur wenig von sich preis. Sie ist still und verschlossen, sehr in sich gekehrt, manchmal wirkt es auf Josefin als verstecke sie sich in sich selbst, vor ihrer Umwelt und allem, was da auf sie lauert. Nach und nach sprechen sie dann auch ein bisschen miteinander und man kann schon merken, dass es da eine Verbindung gibt und sie in einigen Dingen auf einer Wellenlänge zu sein scheinen. Trotzdem muss ich sagen, es war für mich oft nicht so recht greifbar, worauf genau ihre Freundschaft aufgebaut wurde. Ich konnte es vom Sinn her zwar verstehen, aber ich konnte es nur in den wenigsten Momenten fühlen. Sich blind zu verstehen und nicht viele Worte zu brauchen, ist wundervoll, meistens muss man sich dafür jedoch ein bisschen kennen, wissen wie der andere tickt und so weiter. Und das ist bei den beiden Mädchen eben nicht wirklich der Fall. Hanna erzählt nur wenig Privates und auch das was Josefin so berichtet, ist jetzt nicht so ausschweifend, dass ihr komplettes Leben und Denken offenbart wird. Als Leser bekommt man da mehr Einblicke, weil man die Protagonistin begleitet und damit auch die Familie und Josefins Gedanken mehr kennenlernt, dennoch blieb es für mich doch eher an der Oberfläche. Von Hanna erfährt man aus Gründen, die sich später ergeben, noch viel weniger. Das machte die stillen Momente zwischen den beiden zwar auf eine gewisse Weise besonders und scheinen sich zu einem typischen Verhalten für sie zu entwickeln aus dem die beiden selbst viel Kraft und Verständnis zu ziehen scheinen, so richtig gespürt habe ich es beim Lesen aber eben oft nicht. Es gab im Buch aber auch ein paar wirklich schöne Momente zwischen den beiden, die eine besondere Magie versprüht haben, die bei mir ankam.
Welche Geheimnisse sich um Hanna und ihre Familie womöglich ranken, bringt eine gewisse Spannung mit in die Geschichte. Da man von ihr jedoch nur wenig erfährt, kann man nicht so sehr viele eigene Theorien entwickeln, man ist eher auf das angewiesen, was Josefin und ihre Mutter so an Ideen dazu haben und wie sie diese zu belegen versuchen.

Es war für mich das erste Buch von Autorin Susan Kreller und ich kann gut verstehen, wieso ihre Bücher als „sprachmächtig“ oder „sprachgewaltig“ beschrieben werden. Denn schon allein aufgrund des Schreibstils war dieses Buch definitiv besonders. Es gibt Metaphern, zahlreiche Sprachbilder, mal ausgeschmückt und vielfältig, mal eher reduziert gehalten, anschauliche Formulierungen von Situationen, die man selbst auf diese Weise vielleicht nicht beschreiben würde, bei denen aber trotzdem klar ist, worum es geht. Dadurch wirkt der Text stellenweise poetisch und bildgewaltig. Man ist sehr fokussiert auf die Art, wie Dinge sind und wahrgenommen werden. Details werden in den Fokus gerückt, Vergleiche sorgen für die Veranschaulichung. Und auch wenn ich manche dieser Sprachbilder wirklich toll und gelungen fand, empfand ich es in der Summe manchmal eben doch als zu viel. Was aber sicher totale Geschmackssache ist. Ich konnte mich in dieser Poesie der Worte einfach nicht so fallen lassen und verlieren, wie es die Protagonistin zu tun scheint, die man in der Ich-Perspektive begleitet. Auch manche der Dialoge wirkten für mich ein wenig schräg. Teilweise reden die Beteiligten total aneinander vorbei, manchmal scheint es ihnen klar zu sein, manchmal nicht, manchmal schweift auch Josefin einfach mit ihren Gedanken woanders hin und wirft dann Sachen ein, die nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben, auf die teilweise aber auch nur bedingt reagiert wird. Die Dynamik in der Geschichte war manchmal einfach nicht so meins.
Mit Voranschreiten des Buches wurde die Bindung zwischen Josefin und Hanna zumindest ein wenig spürbarer und es gab ein Paar schöne, meistens aber eben recht stille Momente zwischen den beiden Mädchen. Am Ende wurde es noch mal ein wenig turbulenter, insgesamt ist das Buch von der Stimmungslage aber eher ruhig und lebt durch den sprachmächtigen, besonderen Stil.

Fazit

Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch Leser finden wird, die sich in der Poesie der Worte und der besonderen Art der Sprachbilder verlieren können und dann von der Magie der Sprache einfach mitgenommen und auf eine stille und trotzdem tiefgründige Art verzaubert werden. Für mich hat der Stil leider nicht komplett funktioniert. Es gab zwar Formulierungen, die ich wirklich schön fand und die mich angesprochen haben, aber insgesamt waren es mir einfach zu viele Sprachbilder. Und auch wenn mit diesen Passagen eine gewisse Tiefe erzeugt wird, zumindest so ganz grundsätzlich, blieben mir die Charaktere zu oberflächlich gezeichnet, ich konnte ihre Verbindung oft nicht so recht spüren, sicher aber auch, weil ich mich im Stil nicht so richtig wohlgefühlt habe. Für alle, die sich von den Worten mehr mitziehen lassen, ist es bestimmt eine besondere Geschichte über Freundschaft,  Geheimnisse und die Magie des Augenblicks.

 

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

2 Gedanken zu „[gelesen] Hannas Regen von Susan Kreller“

  1. Hallo liebe Dana,

    ich habe das Buch auch gelesen und kann dir total zustimmen. Ich fühlte mich von der Geschichte vom sprachlichen Stil auch sehr an die Bücher, die wir in der Schule lesen mussten, erinnert. So konnte ich mich auch nicht in die Geschichte reinfühlen.

    Liebe Grüße
    Jenny

    1. Hallo Jenny,
      irgendwie ist es beruhigend, dass es mir nicht allein so ging. Manchmal denkt man ja, man ist da einfach etwas komisch, dass man nicht mit der Geschichte warm geworden ist.
      Ich glaube, wenn einem der Stil liegt, kann es wirklich ein sehr besonderes Buch sein. Für mich funktionierte es aber eben nur so mäßig.

      Liebe Grüße
      Dana

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