[gelesen] Stille blutet von Ursula Poznanski

Rezensionsexemplar

©Droemer Knaur
Stille blutet

Mordgruppe 1
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Ursula Poznanski
erschienen September 2022
400 Seiten
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Droemer Knaur
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guter Auftakt mit der Mordgruppe

In einem Nachrichten-Update berichtet Moderatorin Nadine Just von ihrem baldigen Tod, bei dem einiges auf ein Verbrechen hindeuten wird. Selbst geschockt von dem, was sie vorgelesen hat, beginnen die Gedanken zu rasen. So recht ernstnehmen kann es zunächst jedoch niemand im Sender. Die Suche nach demjenigen, der ihr da einen üblen Scherz gespielt hat, beginnt. Doch dann ist die Wiener Nachrichtensprecherin tatsächlich tot. Für Fina Plank, die neu bei der Mordgruppe ist, und ihre vier Kollegen starten die Ermittlungen unter erschwerten Bedingungen, denn der Hashtag #inkürzetot flutet das Internet, hilfreiche Informationen oder mögliche weitere Opfer ausfindig zu machen, ist da fast unmöglich. Allerdings gibt es sehr rasch ein weiteres Opfer, ebenfalls mit einer Todesankündigung. Die Mordgruppe sucht, ermittelt und befragt was das Zeug hält und doch gibt es immer wieder Dinge, die nicht zu passen scheinen.

Zu Beginn des Buches erlebt man fast unmittelbar die im Klappentext angekündigte Nachrichtensendung, bei der die Moderatorin Nadine Just ihren baldigen Tod ankündigt. Schock, Unmut und Frustration sind groß, doch Nadine denkt eher an einen bösen Scherz, immerhin hat sie sich nicht nur Freunde in der Redaktion gemacht. Sehr bald gibt es dann das erste Opfer, ein Verbrechen kann man bei dem Zustand des Tatortes wahrlich nicht ausschließen. Die Stimmung ist aufgeladen und bietet einen tollen, temporeichen Start in die Geschichte, der direkt einige Fragen aufwirft. Ich fühlte mich von Beginn an gut mitgenommen und mochte den Aufbau des Buches. Es gibt immer wieder neue Hinweise und Indizien, Beweise und Ungereimtheiten, kleine Wendungen, unerwartete Offenbarungen und auch ein paar Details, die sich angedeutet haben. Für mich sind im Verlauf der Handlung verschiedene Personen in den Kreis der Verdächtigen gerückt, aus unterschiedlichen Gründen. Es gibt im Verlauf ein paar bildhafte Beschreibungen zu Tatorten und den Leichen, ich empfand diese als nicht zu blutig oder eklig, aber es wird auch nicht unbedingt schöngeredet, was die Beteiligten zu sehen bekommen oder vorfinden. Diese Passagen sind nicht übermäßig ausschweifend, dadurch entsteht beim Lesen kein Eindruck einer blutrünstigen oder extrem gewalttätigen Geschichte.

Besonders genial gemacht empfand ich die Abschnitte, in denen die vierte Wand durchbrochen wird. Derjenige, der dort berichtet, spricht das Publikum direkt an. Dadurch fühlte ich mich auf eine Weise mitgenommen, die zum einen faszinierend, aber auch ein wenig gruselig war. Spoilerfrei kann ich da leider gar nicht so viel mehr zu sagen, aber ich mochte diese Art mit ins Geschehen genommen zu werden. Man hat dadurch auch ein paar Einblicke mehr, die die Ermittler nicht haben, ich empfand es allerdings nicht so, dass einem dadurch etwas von der Handlung vorweggenommen wurde.
Der Großteil der Geschichte begleitet jedoch Fina Plank, die neu in der Mordgruppe ist, und Tibor Glaser, den Ex-Freund der zu Beginn ermordeten. Durch die Perspetkviwechsel innerhalb der personalen Erwählweise erhält man unterschiedliche Blickwinkel auf das Geschehen, manchmal hat man schon ein paar Informationen, die sich der „anderen Seite“ erst etwas später erschließen werden, dadurch ist man nicht in jedem Augenblick so überrascht, wie die Charaktere selbst, aber ich mochte das Zusammenspiel der Perspektiven und die Dynamik die durch den Wechsel entstanden ist. Die Atmosphären, die in den Abschnitten mitschwingen sind auch recht unterschiedlich, weil die Emotionen der Figuren nicht zu vergleichen sind.
Fina Plank hat es in ihrem neuen Team nicht immer leicht, besonders einer der Kollegen ist mit seinen Sprüchen ziemlich fies und herablassend. Nicht alle im Team lassen das unkommentiert, was ich gut fand. Dennoch macht Fina sich teilweise darüber Gedanken, auch wenn sie es selbst nicht so sieht, wie ihr teilweise vorgeworfen wird, vielmehr weil sie mit sich selbst nicht ganz im Reinen ist. Das schwingt immer wieder mit und man lernt die Ermittlerin im Verlauf der Geschichte ein wenig kennen. Auf der einen Seite ist es vielleicht schade, dass es wieder die Frau ist, die mit Komplexen und solchen Dingen zu tun hat, auf der anderen Seite mochte ich trotzdem, dass Fina sich im Job durchsetzt und sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, zumindest meistens nicht. Vieles ist für sie noch neu, oft erkennt sie auch die Absichten hinter Aufträgen oder der Arbeitsverteilung und doch steht sie ihre Frau und gibt nicht kleinbei. Jeder hat seine Ecken und Kanten, Fehler und Schwächen. Ich hoffe, Fina wird im Verlauf der Reihe vielleicht noch etwas mehr an Stärke und Zuversicht gewinnen und damit auch ihren vorurteilbehafteten Kollegen weiter zum Verstummen bringen. Es war auf jeden Fall interessant sie zu begleiten und dadurch Einblicke in die Arbeit bei der Mordgruppe, dem Auswerten von Spuren und solchen Aspekten zu erhalten. Etwas schade fand ich dabei allerdings, dass es Hinweise gab, die augenscheinlich nicht zusammenpassten, die aber versucht wurden passend zu machen, damit man vorankommt. So dreht sich sehr lange Zeit die Handlung um gewisse Punkte, die nur wenig neue Spannung mit sich bringen. Trotzdem hat es sich flüssig lesen lassen und ich war neugierig, wie es sich zum Ende hin auflösen wird.
Die Abschnitte, in denen man Tibor Glaser begleitet, haben eine ganz andere Stimmung. Für den Teilhaber einer Werbefirma folgt nach dem Schock über den Tod seiner Ex-Freundin ein Spießrutenlauf, der ihn immer tiefer in den Abgrund strudeln lässt – teilweise auch selbstverschuldet. Tibor versucht einige Dinge herauszufinden, die in der Vergangenheit stattgefunden haben und von denen er nicht wusste, dafür kontaktiert er Menschen, mit denen er teilweise lange nicht zu tun hatte. So taucht man auch in sein Leben Stück für Stück mehr ein. Gleichzeitig ergeben sich immer wieder Details, die die Situation für ihn nicht besonders rosig aussehen lassen. Er ist nicht unbedingt der sympathischste Mensch, aber ich empfand ihn als recht authentisch dargestellt, die Gedanken und Gefühle, die in ihm toben, waren nachvollziehbar geschildert.

Fazit

Seinen eigenen Tod in einer Livesendung anzukündigen, kann einen schon mal ziemlich aus dem Konzept bringen. Als Einstieg in die Geschichte empfand ich das als ziemlich genial gewählt und da die Nachrichtensprecherin dann tatsächlich umgebracht wird, hat man sofort einen temporeichen Auftakt des Buches. Ein angenehmer, flüssiger, spannender Stil zieht sich durch das gesamte Buch, besonders genial fand ich die Abschnitte, in denen die vierte Wand durchbrochen wird und man als Leser angesprochen wird. Hier und da gab es kleine Aspekte, die ich nicht hundertprozentig gelungen oder passend fand, ein paar kleine Kritikpunkte am Verlauf und den Ermittlungsarbeiten bzw. den Schlüssen, die gezogen werden. Das spoilerfrei aufzudröseln, ist nicht wirklich möglich. Insgesamt mochte ich aber den Stil der Geschichte und den Aufbau, sowie das Zusammenspiel der Charaktere und die Dynamik die durch den Wechsel der Perspektiven entsteht.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

4 Gedanken zu „[gelesen] Stille blutet von Ursula Poznanski“

  1. Hi Dana!

    Freut mich dass dir der neue Thriller/Krimi von ihr gefallen hat! Bisher hab ich eher mäßig begeisterte Rezensionen dazu gesehen. Ich selber weiß noch nicht, ob ich es lesen werde. Ihre andere Krimireihe hatte mir zwar gefallen aber so ganz überzeugend fand ich sie nicht. Das letzte Jugendbuch von ihr konnte auch nicht bei mir punkten, weswegen ich jetzt wohl erstmal eine kleine Pause mit ihren Büchern mache. Aber vielleicht hab ich ja irgendwann mal Lust darauf 🙂

    Liebste Grüße und ein schönes Wochenende!
    Aleshanee

    1. Hallo Alex,
      ich hab durchaus ja auch hier und da kleine Kritikpunkte gehabt, insgesamt mochte ich die Geschichte aber. Vorallem die Perspektive mit der vierten Wand fand ich sehr interessant. Die Charaktere sind teilweise schon etwas speziell, daher kann ich auch verstehen, wenn man mit denen vielleicht nicht so warm wird. Da liegt für die nächsten Bände mit dem Mordteam auf jeden Fall auch noch Potenzial, das hoffentlich genutzt wird. Ich habe noch nicht so viel von ihr gelesen, daher kann ich das jetzt nicht so vergleichen. Es wäre jetzt kein Buch, das ich jedem dringend ans Herz legen würde – vorallem wenn man vielleicht eh schon skeptisch ist.
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Hallo Dana,

    na so schlecht ist Stille blutet bei dir ja gar nicht weggekommen. Bei mir wirds wahrscheinlich ein halber Stern weniger, da ich es am Ende doch irgendwie einfach fand und es auch etwas blöd fand, dass nicht vollkommen aufgelöst wurde, sondern der Rest noch mit in die Fortsetzung genommen wird.
    An sich mochte ich Fina gerne, auch wenn ich mir auch wünsche, dass sie noch taffer wird, mir das aber auch gut vorstellen kann. Tibur fand ich auch gut beschrieben. Und ingesamt hat mir auch das Setting gut gefallen.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt, was da noch kommt.

    Liebe Grüße,
    Steffi vom Lesezauber

    1. Hallo Steffi,
      ich könnte es gut verstehen, wenn du einen halben Stern weniger gibst, habe ich auch erst überlegt, aber im Geamtgefüge passte es für mich einfach doch ganz gut zusammen, auch wenn ich hier und da kleine Kritikpunkte hatte. Dass nicht alles aufgelöst wurde, ja ist schade, aber macht mich irgendwie auch neugierig, inwiefern das vielleicht dann in Zukunft noch eine Rolle spielen könnte. Manchmal können so lose Enden ja auch Spannung erzeugen. Fina hat Potenzial, ich hoffe, das wird dann auch wirklich genutzt, wäre schade wenn nicht, sie könnte echt ein coole, starke Frau in dem Team der Mordgruppe werden – ist sie ja eigentlich schon, zeigt es aber eben nicht immer so. Ich hoffe aber, es gibt da jetzt keinen mega Liebesfokus, das fänd ich irgendwie… unnötig? Mich stört Privatleben von Ermittlern jetzt nicht, aber irgendwie wäre es auch mal schön ohne 😀
      Liebe Grüße
      Dana

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