[gehört] Das St. Alex. Nachtleuchten von Anne Lück

Rezensionsexemplar

©Argon Hörbuch
Nachtleuchten
Das St. Alex 1
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Anne Lück
Sprecherin: Marie-Isabel Walke
erscheint am 1. August 2022
Hörbuch, ungekürzte Lesung: 636 Minuten
Buch bei Droemer Knaur
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Argon Hörbuch
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schöne Liebesgeschichte, gut gesprochen

Samira ist in ihrem Leben voll ausgelastet. Seitdem sie sich um ihre jüngeren Brüder kümmert, hätte sie allein damit wohl alle Hände voll zu tun, aber dann ist da natürlich noch ihr Job: sie ist Krankenschwester auf der Kinderpalliativstation – ein Bereich, der einen oft nicht gleich nach dem Dienst abschalten lässt. Für große Freizeitaktivitäten oder gar die Liebe bleibt der jungen Frau da einfach keine Zeit. Doch dann begegnet ihr der Assistenzarzt Louis, der zunächst so gar nicht zu ihr und ihrer Lebensgestaltung zu passen scheint, bis sie ihn besser kennenlernt und hinter die strahlende Feierfassade blickt.

Mich hat der Klappentext des Buches sofort neugierig gemacht. Ich arbeite zwar in einem anderen Fachgebiet, bin selbst aber auch Krankenschwester und war daher gespannt, wie der Job von Samira in die Geschichte mit eingebunden ist. Da die Autorin selbst eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin hat, war ich hier auch nicht ganz so skeptisch wie sonst oft, ob medizinische Aspekte, sollten sie in der Handlung eine Rolle spielen, gut und realistisch eingeflochten sind.
Wenn Krankenhausszenen nur aus dramaturgischen Gründen aufgebauscht oder völlig falsch rübergebracht werden, nervt mich das leider schnell. Hier hat mich Anne Lück aber nicht enttäuscht. Es wurde nicht zu medizinisch, es ist also auch für Lesende, die dazu keinen Bezug haben, gut nachzuvollziehen, was Samira bei ihrer Arbeit macht und wofür das eine oder andere Medikament, das erwähnt wird, wichtig ist. Auch wenn es hier nicht zu sehr ins Detail geht, ist man schon sehr häufig in der Klinik und durchwacht mit der jungen Krankenschwester die Nächte auf Station. Nicht jede Station hat den gleichen Arbeitsaufwand, nicht jede Nachtschicht ist fest durchgetaktet, so bleibt Samira nebenbei manchmal auch die Zeit, sich um andere Sachen zu kümmern, die in ihrem Leben gerade anfallen, die ihr Sorgen machen oder die eben den Assistenzarzt betreffen, der eines Nachts in ihr Leben stolpert und der sie eigentlich erst mal gar nicht interessiert. Auch die Auswirkungen des Nachtdienstes, der Schlafmangel, die Schlafenszeit am Tag, die manchmal schwierig ist, ist in die Handlung mit eingebunden, was mir gut gefallen hat.

Den Stil der Autorin empfand ich als sehr angenehm. Man bekommt Einblicke in den Klinikalltag von Samira, der in der Nacht natürlich etwas anders ist, als am Tag. Trotzdem spielen die Herausforderungen, die dort teilweise auf die Krankenschwester zukommen, immer mal wieder eine Rolle, auch weil einen der Job eben nicht immer gleich loslässt. Aber auch Samiras Privatleben steht im Fokus des Geschehens. Beide Bereiche beschäftigen die junge Frau und machen ihr Leben aktuell aus, für eigene Dinge darüber hinaus ist nur wenig Zeit – realistisch, wenn man betrachtet, wie viel sie da gerade um die Ohren hat und um was sie sich alles kümmern muss. Samira ist eine starke Protagonistin, die entschlossen ist, ihre anfallenden Arbeiten zu schaffen und sich gut um ihre Brüder zu kümmern, trotz all der Probleme, die immer wieder aufploppen. Die Familiensituation war auf jeden Fall mal eine andere, als sonst oft in Büchern, was mir gut gefallen hat. So hat man noch mal andere Aspekte und Sorgen, um die sich die Protagonistin kümmern muss. Als Kontrast dazu tritt dann Louis auf, der scheinbar ein sehr gut sortiertes und finanzproblemfreies Leben führt und nach der Arbeit flexibel in seiner Freizeitgestaltung. Doch auch bei dem Arzt gibt es ein paar Dinge, die man nicht sofort weiß und ahnt.
So bekommt die Geschichte nach und nach mehr Tiefe, man lernt durch die Perspektive besonders Samira intensiv kennen und bekommt auch einen guten Eindruck von den Brüdern und der Lebenssituation im allgemeinen. Aber auch von Louis erfährt man mehr. Dadurch werden die Charaktere greifbarer und authentischer in ihren Reaktionen. Ich mochte die Dynamik zwischen den beiden, die Gespräche, die unterschiedlich waren, je nachdem worüber sie gesprochen haben, aber die eben auch zeigten, dass da mehr ist. Die Entwicklung zwischen den beiden war nicht geradelinig, es gab Hürden, ich empfand es aber nicht als künstlich dramatisiert. Besonders für Samira gibt es eben noch mehr Baustellen und auch wenn man ihr zwischendurch gern sagen möchte, dass sie nicht alles allein schaffen muss und sie nicht Schuld ist, konnte ich doch verstehen, wieso es für sie so wirkt, wieso ihr schlechtes Gewissen aktiviert wird und so weiter.

Die Kombination aus Familienalltag, Familiensorgen und den Herausforderungen, die durch die ungewöhnlichen Lebensumstände zustande kommen, den beruflichen Einblicken, den ungeplanten Problemen, den kleinen Momenten zwischen Samira und ihren Freundinnen und der sich entwickelnden Liebesgeschichte hat mir gut gefallen. Hier und da hätte es noch etwas mehr in die Tiefe und ins Detail gehen können, insgesamt mochte ich die Handlung aber sehr gern. Für mich hätte es auch gern noch etwas länger sein dürfen, da man am Ende an einem Punkt ist, an dem ich gern wüsste, wie es weitergeht.

Die Sprecherin hat mich von Beginn an mitgenommen und die Emotionen der Protagonistin gut rübergebracht. Auch die anderen Charaktere konnte man durch Anpassungen in der Stimmlage und der Sprechweise gut voneinander unterscheiden. Besonders gefallen hat mir, dass man die Änderungen der Atmosphäre beim Zuhören spüren konnte.

Fazit

Eine Liebesgeschichte, die ihre Wurzeln im Krankenhaus hat, ohne dabei zu krankenhauslastig zu werden. Denn obwohl es der Arbeitsplatz der Protagonisten ist, man sich dadurch zeitweise dort aufhält und auch Dinge aus dem Berufsleben eine Rolle in der Geschichte spielen, gibt es noch einige weitere Aspekte, die in die Handlung einfließen. Ich empfand die Mischung aus privaten Herausforderungen, Berufsalltag, sich anbahnender Liebesgeschichte und damit verbunden Sorgen und Gedanken als angenehm. Der Stil von Anne Lück hat mich gut mitgenommen und ich bin neugierig auf den zweiten Band, auch wenn es dann nicht mehr vorrangig um Samira gehen wird.

Ich danke dem Verlag und NetGalley für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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