[gelesen] Wie du die Welt verändern kannst von Sarah Welk

Rezensionsexemplar

© arsEdition

Wie du die Welt verändern kannst
Ob Familie, Schule oder das ganze Land – so funktioniert Demokratie

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Sarah Welk
erschienen im Juli 2021
128 Seiten
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arsEdition

Demokratie kindgerecht erklärt

Im Buch wird das Prinzip von Demokratie und Föderalismus in einfachen Worten und mit vielen anschaulichen Vergleichen erklärt, sodass das Grundprinzip verständlich wird. Zudem werden ein paar historische Grundlagen genannt und auch ein vergleichender Blick auf Diktaturen geworfen.

Auch wie eine Wahl funktioniert, welche Stimmen es gibt, welche verschiedenen Wahlen und Regierungsebenen wir in Deutschland haben, wird im Buch erläutert. Damit ist es nicht nur für Kinder, sondern ebenso für „politikfaule“ Erwachsene geeignet, um sich im Begriffswust von Bundestag, Bundesrat und co zurechtzufinden.

Die Kinder werden als „DU“ direkt angesprochen. Vom kleinen zum großen Bereich wird Schritt für Schritt geschildert, wo und wie Kinder mitwirken können: zuhause in Verhandlungen mit Eltern, in der Schule über Klassensprecher*innen und Schüler*innenparlamente, in ihrer Stadt und dem ganzen Land mit Briefen an Politiker*innen, Demonstrationen oder Petitionen.
Dabei wird darauf hingewiesen, dass es nicht immer darum geht, am Ende wirklich etwas durchzusetzen – denn das kann, gerade auf Stadt- oder gar Bundesebene, natürlich ein schwieriger und langwieriger Prozess sein, Veränderungen überhaupt in Gang zu bringen. Und natürlich sind nicht alle Kinderwünsche umsetzbar und sinnvoll für Erwachsene und auch tatsächlich bezahlbar…
Aber es geht darum, den Mut und die Beharrlichkeit aufzubringen, es überhaupt zu versuchen. Sich für die eigenen Interessen oder den Planeten einzusetzen und sich Gehör zu verschaffen. Und vielleicht kommt ja auf lange Sicht etwas in Gang… Zuhause mit etwas Glück auch schon früher.
So werden den Kindern neben Anleitungen, wie Demonstrationen beantragt und Petitionen eingereicht werden, auch Tipps und Tricks für Verhandlungen an die Hand gegeben: für zuhause oder für die Schule. Und an dieser Stelle weist das Buch für mich ein paar Schwächen auf, denn hier werden Erwachsene teils für dumm verkauft. So wird darauf hingewiesen, sich in vielen Bereichen Hilfe von älteren Kindern oder Erwachsenen zu suchen (was beispielsweise Internetaktivitäten oder Anträge angeht). Aber bei einigen Aktionen wird empfohlen, die Jüngsten zu schicken, da diese gestresste Erwachsene besser um den Finger wickeln können…

Auch was die Tipps für die Verhandlungen mit Eltern angeht, finde ich zumindest die Art der Formulierung teils grenzwertig. Klar geht es immer wieder darum, Kompromisse zu finden, mit denen alle einverstanden sind, Zugeständnisse zu machen und sich auch in die Gegenseite hineinzudenken, um deren Sichtweise zu verstehen. Aber platt gesagt, werden die Kinder hier dazu aufgefordert, die Erwachsenen in ihren Verhandlungen auszutricksen. Und natürlich sollen sie den Erwachsenen diese Tricks nicht verraten, sonst klappen sie ja nicht mehr.

Dabei sind mir die Vorschläge, was sich Kinder wünschen könnten, teils etwas zu skurril und weltfremd: jeden Tag Pudding zum Mittag in der Schule, kostenloses Eis im Freibad… Allerdings wird zumindest in einigen Fällen auch erläutert, warum viele Dinge, die richtig cool wären, halt so leider nicht funktionieren können, weil verschiedene Parteien oder Kosten oder Jobs daran hängen.

Spannend sind die vielen Beispiele von Städten, Schulen und Projekten, wo Kinder etwas erreicht haben – eine demokratische Schule, in der man auch den ganzen Tag spielen dürfte, statt zu lernen, oder Kinderbürgermeisterinnen.

Das Buch ist ansprechend gestaltet. Es gibt viele einfach gehaltene Grafiken und bunte Kästen mit zusätzlichen Erläuterungen, die den Text auflockern. Und Text gibt es tatsächlich eine ganze Menge. Gut ist auch der „Kurz & Knapp“-Bereich am Ende vieler Abschnitte, der die wichtigsten Punkte, z.B. die Schritte der Wahl oder den Ablauf des Klassenrats, nochmal zusammenfasst.

Als nicht so gelungen empfinde ich die kleinen Quizfragen, die am Ende einen Lösungssatz ergeben: Die falschen Antworten sind nämlich durchweg lächerlicher Blödsinn, sodass es nicht wirklich eine Rolle spielt, ob der entsprechende Text gelesen, geschweige denn verstanden, wurde.

Fazit

Die Begriffe Demokratie und Föderalismus werden kindgerecht (und politikuninteressiertengerecht) erklärt. Auch das deutsche Wahl- und Regierungssystem wird in einfachen Worten und mit vielen anschaulichen Beispielen dargestellt. Auf dieser Grundlage zeigt das Buch verschiedene Beispiele auf, wo und wie Kinder mitwirken können, wobei auch ihre Chancen abgewogen werden – die in der Familie oder Schule natürlich besser stehen als in der Stadtpolitik, wo viel mehr Bereiche und Menschen in Entscheidungen einbezogen werden müssen. Kinder werden aber dennoch aufgefordert, den Mut zu fassen, sich für ihre persönlichen Wünsche ebenso wie für Belange, die ihnen am Herzen liegen, einzusetzen und sich nicht zu leicht abwimmeln zu lassen.

Die Tipps für die Verhandlungen mit Erwachsenen mögen aus Kindersicht ganz cool sein, ich empfinde sie – als Erwachsene – aber als teilweise grenzüberschreitend, da Erwachsene dabei an einigen Stellen als dumm hingestellt werden und den Kindern signalisiert wird, ‚mit diesen Handlungsweise und Argumenten kannst du deine Eltern in die Ecke drängen, sie veralbern und deinen Willen durchsetzen‘.

Durch viele verschiedenen bunten Infokästen werden die langen Textpassagen aufgelockert. Gar nicht gelungen empfinde ich die Rätsel, da die falschen Antworten überwiegend unsinnig (im Sinne von absolut albern) sind, sodass zur Beantwortung der Frage auch auf das Lesen des Buches verzichtet werden kann.

Ich danke dem Verlag sowie NetGalley für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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