![]() © Klett-Cotta | Der letzte Mord am Ende der Welt . Stuart Turton erschienen im Februar 2025 464 Seiten . hier gehts zum Verlag → Tropen/ Klett-Cotta |
Schräg, spannend, ungewöhnlich
Die Welt ist zerstört. Die letzten Überlebenden wohnen abgeschieden auf einer einsamen Insel und können sich dank anwesender Wissenschaftlicher gegen den tödlichen Nebel, der die ganze Welt überzogen hat, schützen.
Als auf der Insel ein Mord geschieht, gerät das Abwehrsystem aber ins Wanken. Nur wenn der Mord zügig aufgeklärt wird, können die Inselbewohner überleben.
Ich-Erzählerin der Geschichte ist Abi – die ungewöhnlichste Erzählperson, die mir bisher in einem Buch begegnet ist. Denn Abi ist eine KI – oder etwas in der Art. Auf jeden Fall ist Abi mit allen Inselbewohner:innen verbunden. Sie ist in ihren Köpfen, spricht zu und mit ihnen. Sie lenkt und leitet sie.
Da Abi die Gedanken der Bewohner kennt, fließt dies in ihre Erzählung ein. Manchmal fand ich die Erzählweise dabei ein wenig verwirrend und musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, wer gerade „ich“ ist. Zudem ist ihr Stil eher emotionslos.
Im Prinzip gibt es also eine allwissende Erzählerin, die die Gedanken aller Charaktere kennt. Allerdings weiß Abi auch nicht alles – oder will es uns nicht verraten. Denn in der Nacht des Mordes hat sie das Gedächtnis aller Inselbewohner gelöscht und schweigt sich selbst darüber aus. Und das macht die Mordermittlungen schwer.
Auf der Insel gibt es klar geregelte Abläufe. Jeder hat seine Aufgaben. Abi und die Wissenschaftlicher sorgen dafür, dass alles zur richtigen Zeit erledigt wird. Allerdings gibt es auch ein paar sehr befremdliche Dinge auf der Insel: Mit exakt 60 Jahren sterben die Menschen. Dies wissen sie und so feiern sie ihre eigenen Beerdigungen am Abend vor ihrem Tod. Manchmal wachsen die Inselbewohner mit Verletzungen oder verdreckter Kleidung auf. Wer viele Fragen stellt, bekommt wenig Antworten.
Emory ist eine besonders wissbegierige Inselbewohnerin. Sie tut sich schwer damit, die ausweichenden Erklärungen hinzunehmen und eckt mit ihren Zweifeln und Fragen häufig an. Der Mordfall bietet ihr eine Möglichkeit, ihre Stärken für die Gemeinschaft einzusetzen. Denn niemand schaut so genau hin und hinterfragt so kritisch wie sie.
Doch letztlich stehen Emory auf der Insel nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung. Dass sich niemand an die fragliche Nacht erinnert, macht es natürlich auch nicht leichter. Und so wird im Verlauf jeder verdächtigt. Es gibt zahlreiche verquere Theorien, was passiert sein könnte und ich hatte leider eher den Eindruck, dass es mehr Glück und Zufall ist, wenn Emory etwas herausfindet, während sie kreuz und quer über die Insel läuft.
Dennoch konnte mich das Buch insgesamt gut unterhalten. Es gibt etliche Wendungen, bevor sich die Ereignisse der Mordnacht tatsächlich rekonstruieren lassen.
Gleichzeitig fand ich das ganze Szenario, Abis Verhalten und auch die Lebensweise auf der Insel aber oft schräg und befremdlich.
Fazit
Eine KI als allwissende Ich-Erzählerin, die emotionsarm berichtet und nur genau das preisgibt, was ihr in den Kram passt, ist die erste Besonderheit des Buches, das auch mit einem ungewöhnliche Setting (bisschen Dystopie, bisschen Science Fiction) daherkommt. Die Spurensuche wirkt oft ziellos und zufällig, dennoch konnte mich die Geschichte mit ihren vielen Wendungen insgesamt fesseln.
Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.