[gelesen] Wo sich Licht im Wasser bricht von Lexis Able

Rezensionsexemplar

© Carlsen

Wo sich Licht im Wasser bricht

Westcoast Skies 1
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Lexis Able
erschienen im Juli 2023
400 Seiten
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hier geht’s zum Verlag
Carlsen
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Liebesgeschichte, kombiniert mit ernsteren Themen und einem sommerlichen Setting

Für Enya beginnt eine aufregende Zeit voller neuer Erfahrungen. Endlich ist sie Volljährig und möchte die neue Freiheit nutzen, um durch das Land zu reisen, an Orten Rast machen, die ihr gefallen, sich mit kleinen Jobs über Wasser halten, sich Wünsche und Träume erfüllen und herausfinden, was sie selbst vom Leben erwartet. Und am besten auch noch ihre Mutter zu finden.
Als sie ihr Wohnmobil an der Küste San Diegos abstellt, ist es mehr als nur ein Zwischenstopp. Mit diesem Ort verbindet sie mehr, als nur Neugier, was sie dort erleben wird. Von ihren Gefühlen überwältigt und magisch angezogen von der Schönheit des Meeres, geht Enya direkt nach ihrer Ankunft schwimmen und unterschätzt dabei die Naturgewalt. Wäre da nicht der stille Retter gewesen, der schneller wieder weg ist, als sie sich bedanken kann, wäre ihre Reise an diesem Morgen vorbei gewesen.
Doch Enya bekommt die Chance, ihren Retter, Jonah, kennenzulernen und erhält Stück für Stück Einblicke in seine Vergangenheit, die einige Geheimnisse mit sich bringt und ihn stark geprägt hat. Trotz der Anziehung, die beide spüren, ist ihr Weg ziemlich steinig und geprägt von der Dunkelheit in ihnen.

Die Geschichte begleitet beide Protagonisten aus der Ich-Perspektive, was die Möglichkeit bietet, sehr intensive Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelten zu bekommen. Beide denken viel nach, gehen immer wieder in sich, hinterfragen was passiert ist und versuchen, für sich selbst einen Weg zu finden, der funktionieren könnte. Immer wieder wird dabei auch deutlich, dass sie Päckchen haben, die sie mit sich tragen und von denen sie andere nicht unbedingt etwas sehen lassen wollen. Irgendwann kommen sie dann aber doch ans Tageslicht.
Durch die Perspektivwechsel hat man beim Lesen manchmal einen kleinen Wissensvorsprung, weil man schon weiß, welche Dinge die Charaktere beschäftigen und was sie dem jeweils anderen davon noch nicht offenbart haben. Stück für Stück lernen Enya und Jonah sich besser kennen und tauchen dann auch tiefer in die Vergangenheit und die Aspekte, die sie geprägt haben ein.
Ich fand es schön zu verfolgen, wie die beiden sich eine Vertrauensbasis aufbauen und sich immer besser aufeinander einlassen können. Die Chemie zwischen den Protagonisten stimmt schon von Beginn an, der Umgang miteinander gelingt trotz der Ausgangslage recht spielerisch, vor allem weil Enya so empathisch und rücksichtsvoll ist. Ihr Umgang mit Jonah ist respektvoll, achtsam und trotzdem packt sie ihn nicht komplett in Watte, wie manch andere es aufgrund seiner Einschränkung tun. Auch für Jonah selbst ist Enyas Umgang mit seiner Beeinträchtigung sehr erleichternd, zunächst aber fast irritierend, weil es so ungewohnt ist. Es hilft ihm dann aber dabei, sich zu entspannen, selbstverständlicher damit umzugehen und auch mehr zu öffnen und Enya mehr in seine Welt zu lassen. Auch anderen Personen gegenüber verändert sich dadurch Jonahs Einstellung bzw. sein Umgang mit der Thematik. Es werden noch mal einige Aspekte angestoßen, die aufgearbeitet und verarbeitet werden müssen. Jonah entwickelt sich im Laufe des Buches weiter und findet einen Weg, wie er selbst auch besser mit all dem umgehen kann, was ihn belastet, prägt und beschäftigt. Dabei läuft auch nicht alles geradlinig, es gibt immer mal wieder kleine Rückschläge, unausgesprochene Dinge oder Fehleinschätzungen. Auch in Bezug auf Enya und Jonah.
Für Enya ist die Reise durch die USA auch ein wenig eine Reise zu sich selbst. Man spürt im Verlauf deutlich, wie sie sich öffnet für Dinge, die sie vorher nicht so gesehen oder nicht an sich herangelassen hat. Manche Erfahrungen sind aber auch ziemlich schmerzhaft und rütteln Wunden wieder auf, mit denen sich die junge Frau dann auseinandersetzen muss. Wenn man ihre leichtsinnige Aktion mit dem Meer zu Beginn der Geschichte außer acht lässt, trifft sie sonst eher überlegte und gut durchdachte Entscheidungen. Sie ist sehr hilfsbereit, offen für Neues, geht unbefangen auf neue Menschen zu und versucht jeden zu nehmen, wie er ist. Durch das Aufwachsen in einer Pflegefamilie hat Enya viel Kontakt zu verschiedenen Menschentypen gehabt, was dabei hilft, nicht direkt Vorurteile zu entwickeln.

Der Schreibstil ist flüssig und voller Emotionen. Ich fühlte mich gut mitgenommen in der Handlung, konnte mich in die Charaktere ganz gut hineinversetzen und mochte die Entwicklungen gern. Ich habe es als angenehme Mischung aus den ernsten Themen mit den Entwicklungen rund um die sich vertiefende Beziehung der Protagonisten und ihre persönlichen Entwicklungen empfunden. Es gibt ruhigere Momente, zeitweise nachdenkliche Atmosphäre, aber auch Augenblicke voller Leichtigkeit, Freude, Zuversicht und Herzlichkeit. Besonders die berührenden Momente und Einblicke haben für eine schöne Tiefe in den Passagen gesorgt.
Einige Entwicklungen waren zu erwarten, manche Probleme wären zu vermeiden gewesen, wenn man gleich offener miteinander sprechen würde, aber ich empfand es trotzdem als recht realistisch, wie die beiden miteinander interagiert haben. Jonah und Enya sind beide sympathisch, aber eben auch mit Ecken und Kanten, Fehlern und falschen Entscheidungen. Eine Offenbarung, die für mich auch früher hätte kommen dürfen, war für mich in dem Umfang dann doch auch überraschend.
Schön fand ich, dass das Thema Familie mit unterschiedlichen Aspekten und Facetten thematisiert und mit in die Handlung integriert wird. Auch die Freunde von Jonah spielen immer wieder eine Rolle und sorgen für Handlungselemente abseits der sich entwickelnden Beziehung und der persönlichen Baustellen.

Fazit

Um ganz restlos verzaubert zu sein, fehlte mir vielleicht noch ein kleines bisschen, aber ich mochte die Geschichte und habe die Protagonisten gern auf ihrem Weg begleitet, der immer wieder bewegend und berührend wurde. Der Schreibstil ist angenehm und mitnehmend, die Mischung der enthaltenen Themen hat mir gut gefallen und ich mochte auch die Figurenkonstellation insgesamt sehr gern. Durch die Nähe zum Strand und das Meer, das immer wieder Schauplatz wird, entsteht oft ein sommerliches Feeling beim Lesen.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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