[gehört] Weihnachten mit Bolle von Mirjam Müntefering

©Saga Egmont
Weihnachten mit Bolle

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Mirjam Müntefering
gelesen von Juliane Fechner
Hörbuch erschienen November 2020
152 Hörminuten, ungekürzte Lesung
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Bastei Lübbe
Saga Egmont
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Weihnachtsgeschichte mit schönen, aber auch ernsten Momenten

Eigentlich war das Leben von Chester gar nicht so schlecht. Er hatte ein gutes zu Hause, einen tollen Korb, wurde regelmäßig gefüttert und zu Spaziergängen mitgenommen, auch wenn die für seinen Geschmack oft länger hätten ausfallen dürfen. Auch waren seine Menschen gar nicht mehr ganz so erfreut und kuschelig, wie noch zu Beginn. Aber er wollte sich auch nicht beschweren, schließlich hatte er es warm und war versorgt. Bis er eines nachts auf einem kalten, verlassenen Parkplatz schlafen muss und der Kleine am nächsten Tag feststellen muss, dass wohl noch gar nicht aufgefallen ist, dass er vergessen wurde. Zum Glück kommt da Hannes vorbei und nimmt ihn mit. Von da an wird alles anders: ein neuer Name, ein neues zu Hause, neue Freunde, neue Erfahrungen und eine ganz andere Art von Weihnachten…

Ich hatte mir gar keine großen Gedanken gemacht, was ich von der Geschichte erwarte, ich habe einfach nach einem weihnachtlichen Hörbuch gesucht und dieses hier klang nach einer niedlichen Geschichte. Zu Beginn ist es jedoch erst mal gar nicht so niedlich, denn die Familie, bei der Chester wohnt, hat definitiv andere Prioritäten, als ihren Hund. Und als dann aufgrund von einer spontanen Urlaubschance alles noch schwieriger wird und sie nicht wissen, wohin mit ihm, wird er kurzerhand ausgesetzt. Ein sehr trauriger, wenn auch nicht unrealistischer Aspekt, der Chester, der dann zu Bolle wird, jedoch die Möglichkeit gibt, neue Leute kennenzulernen und ein neues, liebevolles zu Hause zu finden.

Die Geschichte wird aus der Sicht des Hundes erzählt, was auf jeden Fall eine interessante Art der Betrachtung ist. Chester bzw. Bolle versteht einige der Dinge, die die Menschen um ihn herum machen oder sagen natürlich nicht so, wie sie eigentlich gemeint sind. Oft interpretiert er auch selbst einfach etwas hinein oder verdreht es so, wie es für ihn passen könnte. Dadurch werden seine Erwartungen zwar manchmal enttäuscht, aber er freut sich dann eben über etwas anderes. Auch das ausgesetzt werden, sieht er erst mal gar nicht als solches an. Für ihn ist es mehr wie ein „Urlaub“ oder Abenteuer woanders, schließlich war er auch schon mal in Hundepersonen, wenn Mutti, Vati und Luis weggefahren sind. Für den Zuhörer werden die Situationen, die dort umschrieben werden, aber trotzdem deutlich und man erkennt, was eigentlich passiert bzw. was die Personen mit dem meinen, was sie besprechen. Diese kleinen „Missverständnisse“ ziehen sich durch das gesamte Buch, auch wenn Bolle mit der Zeit das eine oder andere neu kennen- und damit auch verstehen lernt. Ich fand die Perspektive des Hundes sehr niedlich und gleichzeitig an vielen Stellen auch berührend, weil er sich mit so einfachen Dingen wie einer Wurst oder ein paar Streicheleinheiten durchaus zufriedengibt oder sich freut, wenn er toben darf oder etwas gut gemacht hat. Ob Hunde nun genauso denken oder ihre Welt wahrnehmen oder nicht, das sei nun dahingestellt. Es war aber mal eine andere Sicht auf die Dinge, die um die Tiere herum passieren und bietet auch viele intensive Einblicke in die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten der Menschen. Hilfreich bei der Betrachtung der Menschen und ihrer Handlungen ist auch die feine Nase von Bolle, die oft dabei hilft, Situationen einzuschätzen.
Hannes, der den verlassenen Hund aufnimmt, ist obdachlos und kümmert sich trotzdem sehr liebevoll um den Kleinen. Die zwei werden zu einem klasse Team, unterstützen und beschützen sich gegenseitig und das zu erleben, hat mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Es gibt aber auch immer wieder Situationen in denen man betrübt ist, wie fies, gedankenlos und einfach idiotisch manche Menschen sind – leider ist auch das aber nicht aus der Luft gegriffen. Nach und nach erfährt man auch, wie Hannes in diese Situation gelangt ist und was er tut, um sein Leben wieder auf festere Beine zu stellen. Dabei gibt es immer wieder verschiedene Schwierigkeiten, aber auch mal kleine Erfolge.
Das Buch spielt in der Vorweihnachtszeit und auch der Weihnachtsabend ist mit enthalten. Durch die Lage von Hannes und Bolle ist es aber nicht durchweg weihnachtlich oder besinnlich von der Stimmung her. Es gibt aber verschiedene Momente, in denen durchaus eine sehr schöne Atmosphäre aufkommt und man sich mit den Charakteren über die Entwicklungen freuen kann. Es ist aber eben auch immer wieder ein wenig bedrückend oder aufwühlend. Ich mochte die Mischung und die Entwicklungen in der Geschichte gern, auch wenn an der einen oder anderen Stelle vielleicht noch etwas mehr in die Tiefe gegangen hätte werden können. Es ist ja aber auch ein eher kurzes Buch.

Auch die Sprecherin hat aus meiner Sicht einen guten Job gemacht. Ich mochte die Klangfarbe und war besonders von der Umsetzung des Hundes sehr angetan. Die freudige Aufgeregtheit, die schon bei kleinen Situationen entsteht, wurde toll eingefangen und rübergebracht. Bolle wurde für mich sehr lebendig, aber auch die anderen Figuren konnte ich mir ziemlich gut vorstellen und sie waren aufgrund von Veränderungen in der Tonlage und Sprechweise auch gut voneinander zu unterscheiden. Erika war mir persönlich etwas zu schrill gesprochen, aber Menschen haben eben unterschiedliche Stimmlagen, daher war es trotzdem passend.

Fazit

Eine berührende, teilweise bedrückende, aber auch sehr schöne Weihnachtsgeschichte, die zeigt, wie unterschiedlich Menschen sind, wie verschieden ihre Situationen und Lebenslagen sein können und dass es nicht unbedingt immer Einfluss darauf hat, wie sie mit anderen Menschen oder Tieren umgehen. Besonders schön fand ich die gewählte Perspektive, da man das Buch aus der Sicht des Hundes miterlebt, was mir wirklich gut gefallen hat. Obwohl Bolle das eine oder andere für sich selbst nicht richtig versteht oder einordnen kann, bekommt man als Zuhörer ein ziemlich gutes Bild der Situationen und der Dinge, die hinter den gesprochenen Worten oder durchgeführten Handlungen liegen.


4 Gedanken zu „[gehört] Weihnachten mit Bolle von Mirjam Müntefering“

  1. das ist schon das zweite Weihnachtsbuch mit einem Tier was ich ganz interessant finde. Hab grad geschaut und bin bei BookBeat fündig geworden – wenn ich mit den aktuellen durch bin, dann werd ich auf jeden Fall mal reinhören. Es ist nicht nicht so lang und lässt sich sicher gut einplanen.

    Liebe Grüße und ein schönes WE
    Tanja (ehemals Nordlicht liest)

    1. Hallo Tanja,
      ich habe beim Stöbern nach Weihnachtsgeschichten auch verschiedene mit Tieren gesehen. Das scheint auch recht beliebt zu sein. Wenn du dieses hier antestet, lass mich doch gern wissen, wie es dir gefallen hat, da bin ich auf jeden Fall neugierig. Mir hat das Hören ja viel Spaß gemacht 🙂
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Hallo liebe Dana,

    ich freue mich gerade, dass du es geschafft hast noch einige Weihnachtsbücher zu lesen.

    Weihnachten mit Bolle klingt nach einer sehr herzerwärmenden Geschichte. Du schreibst, du hättest dir teilweise etwas mehr Tiefe gewünscht. Allerdings führst du auch einige Punkte, wie das Verhalten der Menschen aber auch der Moment, in dem Bolle ausgesetzt wird, auf, die sehr bewegend klingen. Dass Bolle das selbst nicht so kritisch sieht und ein eher lebensbejahendes Kerlchen zu sein scheint, finde ich gar nicht so verkehrt. Gerade bei Tiergeschichten geht mir ein trauriges Schicksal oft sehr zu herzen.

    Eine sehr schöne Buchvorstellung von dir <3

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      irgendwie passten in diesem Jahr die Weihnachtsbücher etwas besser rein bzw. ich hatte etwas mehr Lust auf solche Bücher als sonst. 😉
      Es ist nicht so, dass jetzt keine tiefgründigeren Themen besprochen werden bzw. nicht das eine oder andere anklingt, aber hier und da hätte es eben mehr sein können. Aber es war eben aus der Sicht des Hundes erzählt, daher war es ja dann eh noch mal was anderes, weil das Kerlchen sich verständlicherweise über manches nicht so viele Gedanken macht. Ich mochte die Perspektive auf jeden Fall gern. 🙂
      Liebe Grüße
      Dana

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