[gehört] Die Verlorenen von Simon Beckett

Rezensionsexemplar

©Argon Hörbuch
Die Verlorenen
Jonah Colley 1
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Simon Beckett
Sprecher: Johannes Steck
erschienen im Juli 2021
Hörbuch, gekürzte Lesung: 638 Minuten
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Argon Hörbuch
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solider Thriller mit kleinen Schwächen

Seitdem Jonahs Sohn Theo verschwunden ist, ist für ihn nichts mehr, wie es einmal war. Obwohl inzwischen zehn Jahre vergangen sind, beschäftigen ihn die schlimmen Ereignisse, die Ungewissheit nagt an ihm und die Schuldgefühle sind sein ewiger Begleiter. Etwa genauso lange hat der Ermittler einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei keinen Kontakt mehr zu seinem ehemaligen besten Freund. Als dieser sich überraschend bei ihm meldet, gibt es für Jonah keinen Zweifel: er kommt der Bitte von Gavin nach und begibt sich zu dem ausgemachten Treffpunkt. Was ihn dort jedoch erwartet, wird sein Leben erneut auf den Kopf stellen…

Der Großteil des Buches spielt in der Gegenwart, zwischendurch gibt es jedoch auch Rückblicke in die Vergangenheit, die dazu dienen, einige Zusammenhänge herzustellen und zu zeigen, welche Geschehnisse die Charaktere geprägt haben, welche Verbindungen und Verknüpfungen es zwischen ihnen und auch einigen der Ereignisse gibt oder geben könnte. Dadurch bekommt man vor allem zu Jonah noch einen intensiveren Bezug und versteht, welche Dinge vorgefallen sind, die ihn auch nach zehn Jahren noch nicht loslassen. Aber auch einige der anderen Personen spielten in der Vergangenheit bereits eine Rolle. Die meiste Zeit begleitet man den Protagonisten Jonah Colley, um den sich das Hauptgeschehen rankt. Perspektivwechsel ermöglichen es jedoch auch, einige andere Einblicke zu bekommen, an denen der Polizist nicht beteiligt ist.

Im Verlauf der Geschichte setzen sich Stück für Stück die Hinweise und Beweise zusammen, die am Ende dann zur Auflösung des verstrickten Falles führen. Durch einige Ungereimtheiten, Möglichkeiten und fehlende logische Erklärungen rückt auch Jonah immer wieder selbst in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Jonah selbst hält sich allerdings auch nicht immer an die Vorschriften und Regeln, was es für die anderen Polizisten nicht leicht macht, mit ihm zu arbeiten und zu wissen, inwieweit sie ihm vertrauen und glauben können. Für Jonah steht dadurch schnell mehr auf dem Spiel, als er zu Beginn erwartet hätte.
Insgesamt gesehen war der Stil von Simon Beckett angenehm zu verfolgen. Es gab einige Überraschungen und Offenbarungen im Laufe des Buches, andere Dinge kamen jedoch nicht unbedingt unerwartet. Das Tempo innerhalb der Geschichte war unterschiedlich. Einige Passagen waren sehr turbulent und temporeich, die Ereignisse überschlugen sich, es wurde teilweise ziemlich brutal und blutig. In anderen Abschnitten war es deutlich ruhiger und man hatte das Gefühl, es geht nicht so ganz voran, auch wenn einige Ermittlungen und Recherchen natürlich auch einfach Zeit benötigen. Zusätzlich ausgebremst wurde Jonah durch seine schwere Verletzung, die ihn für meinen Geschmack manchmal jedoch eigentlich noch zu wenig beeinflusst hat, wenn man bedenkt, was er immer wieder und immer wieder einstecken musste. Trotzdem war es insgesamt auf jeden Fall interessant Colley zu begleiten, auch wenn er als Beteiligter die Ermittlungen nicht offiziell führt. Je nachdem auf wen er getroffen ist, hat sich dann auch sein Verhalten geändert und man hat hin und wieder auch ein paar privatere Einblicke bekommen. Viele der anderen Charaktere sind eher blass geblieben, was in einem Thriller allerdings auch nicht komplett ungewöhnlich ist. Von Kommissar Fletcher, der die Aufklärung des Falles leitet, bekommt man hingegen einen recht genauen Eindruck: er ist ein absolutes Ekelpaket, für den ich keine Sympathie entwickeln konnte, aber vermutlich soll man das auch nicht.
Manche der Gespräche haben mir richtig gut gefallen, es gab auch hin und wieder schlagfertige Auseinandersetzungen, sehr deutliche Worte und dadurch in die Enge getriebene Figuren auf unterschiedlichen Seiten. Leider waren andere Dialoge dagegen etwas platt und mir zu nichtssagend. Ich kann noch gar nicht mal genau sagen, ob das jetzt nur inhaltlich war oder ob es daran lag, dass mir kleinere Passagen zu emotionslos gelesen waren. Teilweise kam für mich die Stimmung nicht besonders intensiv rüber, ich konnte mich nicht so richtig einfinden und einfühlen und dadurch ist die Atmosphäre zwischenzeitlich auf der Strecke geblieben. Das war nicht dauerhaft der Fall und an sich hat mir die Klangfarbe des Sprechers auch gut gefallen. Die Stimme passte für mich zu dem Protagonisten und durch Anpassungen in der Tonlage, dem Sprechtempo und der Betonung waren die unterschiedlichen Personen gut voneinander zu unterscheiden. Es hätte jedoch einfach noch düsterer, bedrückender und bedrohlicher an der einen oder anderen Stelle sein können, da ich den Eindruck hatte, dass der Text das eben durchaus hergibt und man es beim selbstlesen vielleicht auch anders empfunden hätte. Ich würde daher sagen, für mich ist bei der Hörbuchumsetzung in einigen Abschnitten ein bisschen Atmosphäre auf der Strecke geblieben, auch wenn mir andere Passagen wiederrum gut gefallen haben.

Fazit

Insgesamt gesehen war es kein schlechter Thriller. Es gab spannende und turbulente Passagen, auch blutige und brutale Momente, Verstrickungen und Überraschungen, auch wenn nicht jede Wendung völlig aus dem Nichts kam. Für Jonah Colley wurde es zu einem ziemlich persönlichen Fall, der ihn auf unterschiedliche Art und Weise gefordert und an seine Grenzen gebracht hat. Vielleicht lag es an der Kürzung im Hörbuch, vielleicht auch an der Handlung selbst, an einigen Stellen wirkte es für mich nicht hundertprozentig stimmig und rund und leider sind für mich in manchen Dialogen, aber teilweise auch in anderen, kleineren Szenen die Emotionen und die unheimliche Atmosphäre etwas auf der Strecke geblieben.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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