[gelesen] Mein Leben als lexikalische Lücke von Kyra Groh

Rezensionsexemplar | Werbung

© Arctis Verlag
Mein Leben als lexikalische Lücke
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Kyra Groh
erschienen im März 2021
448 Seiten
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Arctis Verlag

lebensnahes Jugendbuch, das viele wichtige Themen anschneidet

Der 18-jährige Ben möchte Arzt werden und absolviert dafür ein Praktikum im Krankenhaus. Seine Mutter versucht derweil, ihn statt von der Wissenschaft von ihrem Glauben an Gott zu überzeugen.
Die 16-jährige Jule macht sich Gedanken um den Umweltschutz und ihre Ernährung. Zuhause finden diese Themen allerdings wenig Anklang.
Beide fühlen sich teilweise fehl am Platz, unzugehörig und zerrissen: wie lexikalische Lücken. Als die zwei sich kennenlernen, versuchen sie gemeinsam, diese Lücken ein wenig zu schließen.

„Mein Leben als lexikalische Lücke“ bietet unglaublich viel. Es ist ein Jugendroman über das Erwachsenwerden und bezieht dabei unglaublich viele Themen mit ein, die auf Jugendliche/ junge Erwachsene einwirken.

Die beiden sympathischen Hauptfiguren machen sich Gedanken über ihr Leben, ihre Träume und Ziele. Sie stellen sich die Frage, wie viel ihrer Eltern in ihnen steckt und suchen ihren Platz im bzw. ihren Weg für ihr Leben.
Es geht um das Erwachsenwerden und zu sich selbst finden. Unweigerlich findet dabei der Vergleich mit Gleichaltrigen statt, der Unsicherheiten schafft.
Es geht darum, sich von den Eltern abzunabeln und eigene Ziele zu entwickeln, aber auch darum, zu seiner eigenen Meinung zu stehen bzw. anderen aufzuzeigen, wenn ihre Ansichten nicht ok sind. Besonders Jule hat damit zu kämpfen. Nicht nur, dass sie sich vegan ernähren möchte, was auf Unverständnis in ihrer Familie trifft, immer wieder kommt es in ihrer Familie zu rassistischen Äußerungen, die Jule wütend machen. Doch sie traut sich nicht, ihrem Ärger Luft zu machen.
Aber auch Ben muss zuhause psychisch einiges aushalten, sodass beiden Protagonisten im Verlauf der Handlung ein Entwicklungsprozess bevorsteht.
Dabei fand ich beide Familien aber so extrem dargestellt, dass ich sie teilweise als unrealistisch und übertrieben empfunden habe.

Natürlich spielen auch Freundschaften eine große Rolle. Besonders Jule ist viel mit Gleichaltrigen unterwegs. Ihre kleine, schräge Gruppe hat große, bewundernswerte Ziele. Allerdings gibt es auch einige Situationen, in denen ihre Freunde nicht besonders sympathisch wirken.
Auch Bens Freunde, Jake und Mia, kommen in diesem Buch vor. Mit „Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion“ haben die beiden bereits ihre eigene Geschichte, zu der es im Grunde keine inhaltlichen Spoiler gibt, außer das, was sich aus der aktuellen Lebenssituation der zwei nun schließen lässt. Umgekehrt ist die Kenntnis des Buches für das Verständnis der lexikalischen Lücke nicht notwendig, da die Handlungen eigenständig sind.

Und zusätzlich gibt es auch noch eine Liebesgeschichte, die sich ganz langsam und zaghaft entwickelt, was sie sehr nachfühlbar und authentisch macht.

Die Geschichte ist unglaublich toll geschrieben. Der Schreibstil ist flüssig, jugendlich und anschaulich. Die beiden wechselnden Ich-Erzähler/innen Jule und Ben schildern ihre Erlebnisse und geben ausführliche Einblicke in ihre verwirrte Gefühlswelt.
Besonders gefallen haben mir all die sprachlichen Feinheiten und Seitenhiebe. Jedes Kapitel enthält ein Wort aus unterschiedlichen Sprachen, für das es in anderen Sprachen kein Pendant gibt (bekanntes Beispiel: Déjà-vu), was ich total spannend fand.
Dabei sind nicht nur die sprachlichen Aspekte schön eingebunden. Auch die eingestreuten Fakten, zum Beispiel zum Soja, fügen sich ganz natürlich ein, ohne das man das Gefühl bekommt, belehrt zu werden.

Das Ende ist mir ein klein wenig zu knapp gefasst. Zwar bleiben nicht direkt Fragen offen, dennoch gibt es ein paar Aspekte, zu denen ich gern noch ausführlicher gelesen hätte, wie sie sich in der Folge entwickeln.

Fazit

Das Buch greift ein breites Spektrum an lebensnahen und aktuellen Themen auf, die Jugendliche auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden begegnen und bewegen: Umweltschutzaspekte, Rassismus, Zukunftssorgen, Freundschaft, Familie, Verliebtsein… Eigentlich fehlt nur noch Corona.
Dabei fügen sich all diese Aspekte ganz natürlich in eine süße Geschichte über zwei Teenager, die ihren Platz im Leben suchen und dabei fast wortwörtlich übereinander stolpern.
Aus dem Buch lässt sich viel mitnehmen: Dass jeder etwas tun und beitragen kann. Dass man anderen aufzeigen sollte, wenn sie falsch liegen. Und das man auch mit ganz kleinen Schritten die Welt – auch im Zwischenmenschlichen – ein kleines bisschen besser machen kann.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

2 Gedanken zu „[gelesen] Mein Leben als lexikalische Lücke von Kyra Groh“

  1. Liebe Anja,

    vielen Dank für die tolle Buchvorstellung. Das Buch kannte ich bisher noch gar nicht, aber was du sagst klingt richtig toll.Aus der Geschichte scheint man viel mitnehmen zu können. Das schreibe ich mir auf jeden Fall auf die Wunschliste.

    Liebe Grüße
    Jenny

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