[Dana] Rezension: Tom Reven – Mission: Polaroid

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 ©Main Verlag

 Mission: Polaroid

Autor: Tom Reven
erschienen Februar 2018
ISBN:  978-3-95949-183-9
facettenreiche, bunte Geschichte mit Momenten zum Nachdenken

Vince ist aus seinem Heimatort weggezogen, um etwas zur
Ruhe zu kommen, um freier Leben zu können, unbefangen und ohne die Schatten,
die ihn zuletzt gequält haben. Obwohl er sich schnell seine Position als
Außenseiter erarbeitet hat und ihn seine Klassenkameraden in Frieden lassen,
spürt er die erwünschte Freiheit nur, wenn er mit seiner Kamera unterwegs ist.
Als Liam neu in die Klasse kommt, ändert sich allerdings alles. Er wird aus
seiner Ecke getrieben und lernt Menschen kennen, die auf der einen Seite Mauern
einreißen und auf der anderen Seite neue Probleme auslösen.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, ich habe mich
direkt wohl gefühlt in der Geschichte, auch wenn viele problematische,
aufwühlende Themen aufgerollt werden. Stück für Stück lernt man die Charaktere
kennen, blickt hinter ihre Fassaden, erfährt etwas zu ihren Hintergründen und
bekommt hautnah mit, wie sie sich entwickeln.
Da die Geschichte aus zwei Ich-Perspektiven erzählt wird,
hat man unterschiedliche Eindrücke und bekommt mehr von der Handlung mit,
selbst wenn die Protagonisten nicht gemeinsam agieren. Sowohl Vince, als auch
Liam haben ihr Päckchen zu tragen und auch wenn ihre Geschichte durch die
Schule den ersten Berührungspunkt hatte, spielt sich der Großteil der Handlung
doch in ihrem Privatleben ab. Die beiden Einzelgänger treffen durch eine
glückliche Fügung nicht nur aufeinander, sondern auch noch auf eine kleine
Truppe Underdogs, die bis dahin eher für sich geblieben sind. Dadurch hat man
eine Figurenkonstellation, bei der viele verschiedene Probleme, Ängste,
Schwierigkeiten und Einstellungen aufeinandertreffen, die nicht alle in ihrem
Umfeld teilen. Auf den ersten Blick mag man den Eindruck haben, dass es sehr
gestellt und konstruiert ist, dass da so viele „Problemkids“ aufeinander
treffen. Aber wenn man etwas tiefer in die Geschichte eintaucht und auch die
Charaktere besser kennenlernt, fällt auf, dass sie doch eher Dinge beschäftigen,
die es häufiger gibt, aber sie trotz allem in irgendeiner Form zum Außenseiter
gemacht haben bzw. sie sich selbst dazu gemacht haben, um Intoleranz, dummen
Sprüchen und Mobbing zu entgehen. Es ist wirklich schade, dass es nach wie vor
so schwierig ist, in der Gesellschaft akzeptiert zu werden, wenn man mal nicht
so ganz mit dem „gewöhnlichen“ Storm schwimmt. Wobei ich mir immer die Frage
stelle, wer denn festlegt, was normal, gewöhnlich, akzeptabel und repräsentabel
ist. Machen einen Haarfarben wirklich zu einem anderen Menschen? Spielt es eine
Rolle, wen wir lieben und sollte es nicht eigentlich viel wichtiger sein, dass
wir lieben können?
Die Handlung stimmt auf jeden Fall nachdenklich, weil
reichlich Themen angesprochen werden, die für die Betroffenen zum Problem
werden, wenn ihr Umfeld es nicht versteht oder akzeptiert. Doch auch die
Figuren selbst reagieren nicht immer so, wie es sich der Gegenüber wünscht. Sie
sind ebenfalls in einer Findungsphase, wollen sich austesten, aus ihren Fesseln
ausbrechen, eigentlich nur so sein, wie sie sind, fühlen sich aber durch Regeln
in Schubladen gezwängt, in denen sie sich nicht wohlfühlen. Da können die
Emotionen schon mal überkochen und man sagt oder tut etwas, was man später
bereut.
Liebe, Freundschaft, Vertrauen, Zweifel, Angst, Hoffnung,
Ehrlichkeit, Mut, Outing, Selbstfindung, Akzeptanz, Toleranz, Mobbing – viele unterschiedliche
Facetten treffen im Buch aufeinander und werden in den verschiedensten Formen
kombiniert. Die Zusammenhänge sind nachvollziehbar und authentisch, wenn
aufgrund der Personenkonstellation, auch etwas geballt.
Das Thema Fotografie/Polaroid spielt nicht nur im
Buchtitel, sondern auch in der Handlung eine Rolle.  Vince ist kaum ohne seine Kamera unterwegs
und versucht, Momente festzuhalten, die einmalig sind und man nicht stellen
kann. Ich fand dieses Element sehr schön, für meinen Geschmack hätte es sogar
noch etwas ausgebauter sein dürfen.
Authentische Figuren, die alles andere als langweilig
sind, ein angenehmer Schreibstil, der mich gut in der Handlung mitgenommen hat,
viele verschiedene Emotionen und nachdenklich stimmende Themen haben dieses
Buch für mich zu einem tollen Erlebnis gemacht.


Vielen Dank an den Verlag für das bereitgestellte
Rezensionsexemplar!

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