Ungewöhnliche Handlungsorte – Reise oder Recherche? Wir haben nachgefragt.

Kennt ihr das: Ihr lest ein Buch, das an einem exotischen Ort spielt und würdet am liebsten sofort die Koffer packen, um Urlaub zu machen?
Egal ob Hitze in der Karibik oder Schlittenfahrten am Nordkap – in Büchern erleben wir aufregende Abenteuer an ungewöhnlichen Handlungsorten mit.


Aber haben die Autoren eigentlich live erlebt, was sie dort beschreiben? Wir haben einmal nachgefragt, ob Corina Bomann, Emilia Lucas, Ute Jäckle, Rike Stienen und Karola Löwenstein ihre Reiseerfahrungen einfließen lassen oder wie sie sich informieren, um das Land trotzdem lebendig werden zu lassen.


Recherche oder Reise? Wie bist du gerade auf diese Handlungsorte gekommen? Warst du selbst schon dort oder wie hast du die örtlichen Begebenheiten recherchiert?

Ich siedle meine Geschichte gern an ungewöhnlichen Orten an, weil ich die Leute dafür interessieren möchte und finde, dass es den Romanen eine ungewöhnliche Note gibt. Ich selbst interessiere mich sehr für Asien und da ich sehe, dass nicht viele Leute darüber Bescheid wissen, versuche ich, in die Romane viele Informationen reinzubringen, natürlich gut vermischt mit der unterhaltenden Handlung. Selbst in Vietnam, Sumatra und Sri Lanka war ich noch nicht, dafür fehlten mir bisher die Zeit und das Geld – aber dank des Internets ist es möglich, sich eine sehr genaue Vorstellung von diesen Ländern zu machen. Außerdem lese ich viel, auch sehr alte Bücher über diese Länder und treffe ich mich mit Leuten, die dort waren oder von dort kommen, diese Geschichten sind sehr wertvoll bei der Recherche.

Auf Rügen jedoch war ich schon sehr oft, ich bin gebürtige Mecklenburgerin und fahre jedes Jahr mindestens einmal auf die Insel, besonders dann, wenn dort noch kein großer Tourismusverkehr ist. Auch dort lerne ich von den Inselbewohnern viel neues und manchmal muss ich auch nachlesen, aber das meiste ist mir vertraut.

Vietnam, Sumatra und Sri Lanka sind nur drei Beispiele für Handlungsorte von Corina Bomanns Romanen. In „Der Mondscheingarten“ führt die Geschichte Protagonistin Lilly nach Sumatra.


Ullstein, März 2013
9783548285269

Weniger ungewöhnlich aber nicht weniger schön ist der Handlungsort von Krähenmann: Die Geschichte spielt auf Rügen.


Coppenrath, August 2014
978-3-649-61676-4

In der Steal my Heart-Reihe erleben Ina und Josh erotische Abenteuer an verschiedensten Orten – von Nordkap bis zur Dominikanischen Republik.


feelings, Oktober 2014
978-3-426-43345-4

Generell schreibe ich am liebsten über Orte, an denen ich schon war, weil ich mich dann viel besser in das Setting einfühlen kann. Manchmal geht es aber nicht, so wie bei Steal my Heart. Ich habe die erste Folge ja für eine Freundin geschrieben, die eine Kreuzfahrt in Norwegen machen wollte, also war das Setting sozusagen vorgeschrieben. In Norwegen war ich leider noch nicht. Da ich aber schon mal in Neuseeland war und die Landschaft doch sehr ähnlich ist, war es nicht so schwer, ein Gefühl dafür zu bekommen. Allerdings habe ich auch wahnsinnig viel recherchiert, habe jede Straßenkurve und Abzweigung nachgeschlagen, habe stundenlang Youtube-Videos von Busfahrten angeschaut, Reiseblogs abgeklappert, Grundrisse, Ausstattung und Reiserouten von Kreuzfahrtschiffen angeschaut, damit ja alles ganz genau stimmt. Als klar wurde, dass aus Steal my Heart mehr wird, als nur eine einzelne Folge, habe ich mir aber für die anderen Folgen Orte ausgesucht, an denen ich schon war. London, die Zugspitze, die dominikanische Republik. Die dominikanische Republik war mir ein besonderes Anliegen, weil sie leider ähnlich wie Mallorca als Sauf- und Partyurlaubsziel verschrieen ist. Tatsächlich hat sie aber landschaftlich und kulturell unheimlich viel zu bieten und eine Reise dorthin lohnt sich sehr. In der Folge Tropenhitze habe ich übrigens nur Dinge beschrieben, die ich selbst gesehen oder erlebt habe. Die wilde Brandung am Strand, der Voodoo-Schrein, die beängstigende Fahrt mit dem Guagua und das Schwimmen in der unterirdischen Zisterne.

2011 hatte ich im Urlaub, beim Dösen am Strand, plötzlich eine Szene aus meinem Buch im Kopf und interessanterweise spielte die in einem Regenwald. Es war eine Szene, in der meine Protas beieinandersaßen. Das Setting hat mich auch deswegen fasziniert, weil es ein exotischer Ort ist, ich kenne so gut wie keine Bücher, die im Dschungel spielen. Dazu ist es dort immer schön warm, also kann man sich dort auch mal gut längere Zeit im Freien aufhalten. Ich selbst war noch nie in Südamerika, somit auch noch nie im Dschungel, aber ich hatte von Anfang an alles, wie in einem Kinofilm, bereits vor Augen, also ich sah, wie meine Protas durch den Dschungel liefen, wie das Camp aufgebaut war usw. Da ich ja ein fiktives Camp mit fiktiven Entführern habe, konnte ich meiner Fantasie so richtig schön freien Lauf lassen und diese Parts habe ich mir auch alle komplett ausgedacht, auch die Struktur der Bande entspringt komplett meiner Fantasie. Es gibt zwar solche Entführungsbanden in Kolumbien wirklich, aber über die Strukturen ist so gut wie nichts bekannt. Deswegen konnte ich mich so richtig schön austoben beim Setting. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, mir zu überlegen, wie ich so etwas wohl aufziehen würde, das Resultat sieht man ja im Buch.
Natürlich musste ich aber doch ein wenig über Flora und Fauna recherchieren, da hat mir dann viel das Internet geholfen. Ich habe mir Dokus über den Regenwald angeschaut, oder Berichte über die Pflanzen- und Tierwelt nachgelesen, und somit hatte ich dann auch ein genaues Bild vor Augen, wie es im Dschungel so aussieht. Die schwüle Hitze, die Geräusche, der Geruch, das alles kommt ja noch dazu. Und mir haben schon viele Leser erzählt, dass sie sich beim Lesen alles ganz genau und bildlich vorstellen konnten und das freut mich ganz besonders. Dass ich es geschafft habe, meine Bilder in die Köpfe der Leser zu projizieren, auch meine ganzen ausgedachten Bilder, wie das Lager und das ganze Drumherum. Das macht mich schon glücklich.

In Verloren in der grünen Hölle schickt Ute Jäckle ihre Figuren in den kolumbianischen Dschungel.


bookshouse, Juni 2014
9789963523979

In Verschollen im Land der Lotusblüten reist Mara nach Sri Lanka, um ihren Bruder zu suchen

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bookshouse, April 2014
9789963525928

Die beschriebenen Orte auf Sri Lanka gibt es alle wirklich, und ich war auch selbst dort. Meine Hochzeitsreise ging in dieses herrliche Land. Damals herrschte noch Bürgerkrieg, der inzwischen glücklicherweise beigelegt ist. Mich hat die Gastfreundschaft der liebenswerten Menschen dort sehr beeindruckt. Egal ob reich oder arm, jeder Besucher war willkommen und wurde bewirtet mit dem, was gerade vorhanden war. Die Natur ist einzigartig und sehr vielfältig. Um alle diese schönen Eindrücke nochmal im Kopf Revue passieren zu lassen, habe ich meine Protagonistin Mara in das Land der Lotusblüten geschickt und freue mich, wenn ich meine LeserInnen dazu animiere, auch einmal nach Sri Lanka zu reisen.
Babyelefant im Elefantenhaus auf Sri Lanka

In der Antarktis bin ich ganz zwangsläufig gelandet, als ich dem Grundgedanken meiner Romanidee gefolgt bin. Da die Saga allerdings noch nicht abgeschlossen ist, würde ich jetzt zu viel verraten, wenn ich preisgebe, warum es Selma genau dorthin verschlagen hat.
Ich kann zumindest so viel sagen, dass es nicht ihre letzte Reise war und auch im nächsten Band wird es Selma wieder an einen ungewöhnlichen Ort verschlagen.

Selber bin ich noch nicht am Südpol gewesen, aber er steht auf meiner Liste der Wunschreiseziele ziemlich weit oben. In Zeiten in denen unsere Landschaft bis in den letzten Zipfel erforscht und bewirtschaftet wird, üben diese menschenleeren Gegenden mit ihren extremen klimatischen Verhältnissen eine große Faszination auf mich aus.
Sie bieten Platz für Wunder und Überraschungen und schaffen den Raum, unbemerkt epochale Schlachten geschehen zu lassen. Recherchiert habe ich natürlich hauptsächlich im Internet, erst einmal allgemeine geschichtliche und geografische Grundlagen. Ich habe Karten studiert und die Reiserouten von Forschern nachverfolgt. Es gab viele Fragen zu klären, zum Beispiel: Wann scheint in der Antarktis die Sonne, Selma brauchte Licht, um die Landschaft wahrnehmen zu können. Wann ist die beste Reisezeit? Selbst für Magier sind Temperaturen unter -50 Grad Celsius auf Dauer nicht zu ertragen.
Wo gibt es Ebenen und Flächen und wo Gebirgszüge? Wo konnte ich die Welt rund um Antarktika verstecken, damit es glaubwürdig bleibt, dass sie nicht ein Forscher schon längst hätte finden können.
Wie genau fühlt sich das Wetter dort an? Ist es vorrangig windig oder gibt es eher starken Schneefall?
All diese Dingen waren für mich wichtig, damit man beim Lesen das Gefühl hat, tatsächlich vor Ort zu sein und mit Selma beinahe zu erfrieren.
Wenn man sich all diese Fragen beantworten möchte, stößt man auf Reiseberichte, die einem einen guten Eindruck von den Verhältnissen vor Ort verschaffen. Ich habe sogar Aufnahmen gefunden, die die Geräusche im Meer an der antarktischen Küste einfangen.

Man merkt es sicher, die Recherchearbeiten zu „Königsblut-Land aus Eis“ haben mich unglaublich fasziniert und haben ganz sicher meinen Wunsch bestärkt, diese faszinierende Landschaft irgendwann selbst zu bereisen, auch ohne magische Kräfte oder dem Ziel magische Gegenstände aufzuspüren


Einige Teile der Handlung von Königsblut – Land aus Eis spielen in der Antarktis.


CreateSpace Independent Publishing Platform, Juni 2014
978-1499761597

5 Gedanken zu „Ungewöhnliche Handlungsorte – Reise oder Recherche? Wir haben nachgefragt.“

  1. Huhu,
    Manche Autoren schaffen es, dass man sich die Orte richtig schön bildlich vorstellen kann. Bei Ute Jäckle ging es mir wirklich so: ich habe den Urwald richtig vor mir gesehen und teilweise regelrecht die Sonne auf der Haut gespürt.
    Solange eine Autorin das schafft ist es egal ob sie selbst schon dort war.
    Toller Beitrag, jetzt hat mich doch glatt das Fernweh gepackt. 🙂
    Liebe Grüße vom Lesemonsterchen Dani

    1. Huhu,
      da sind wir ausnahmsweise mal gern Schuld.
      Bei mir ist es so, dass sowohl Irland als auch Nordnorwegen (im Süden war ich schon) schon länger auf der michte-ich-gern-mal-hin-Liste stehen, Irland aber ursprünglich ganz weit vorn. Dank der Steal my Heart-Reihe wird es nun aber vermutlich doch Norwegen zuerst werden, irgendwie habe ich mir nach den Büchern Bilder von Fjorden und dem Nordkap angeschaut… und war wieder hin und weg. Aber als ich dann vor zwei Wochen im Reisebüro war, gabs leider den Katalog, den ich zu der Region haben wollte, noch nicht.
      Ich muss nur noch jemanden finden, der Zeit hat, mitzukommen… :-/

      LG,
      anja

  2. Hey,
    toll, dass die jeweiligen Cover der Bücher und der Handlungsort mit abgebildet bzw. vermerkt sind.
    Ich frage mich auch immer bei einigen Büchern, die detaillierte Beschreibungen von Landschaften etc. haben, ob das wirklich so ist oder ob der Autor sich den Ort nur so vorstellt. Ist ja echt wahnsinnig viel Zeit und Recherche, die die Autoren dafür aufbringen, das ist einem oftmals gar nicht bewusst. Emily Bold zB siedelt einige ihrer Romane in Schottland an, das ihr Lieblingsreiseziel ist, was man auch an den wunderschönen Beschreibungen merkt.
    lg. Tine =)
    http://www.buchstabengefluester.blogspot.de

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