[gelesen] Kerstin Bätz – Wo du auch bist

©Kerstin Bätz
Wo du auch bist
Autor: Kerstin Bätz
erschienen August 2015
Amazon Publishing

 

Psychothriller mit Gänsehautfaktor

Sonja flüchtet vor den Schatten ihres eigenen Lebens und versucht in der Nähe von Berlin ganz neu anzufangen. Als Historikerin nimmt sie sich die Ruinen der Beelitzer Heilstätten vor und lässt die alten Geschichten wieder lebendig werden. Während sie immer mehr unheimliche Details entdeckt, nimmt auch die reale Gefahr um sie herum stetig zu. Gestalten, Bewegungen, Geräusche – an jeder Ecke scheint etwas auf Sonja zu lauern. Doch was ist da wirklich in der Dunkelheit?

 

Der Schreibstil von Kerstin Bätz ist flüssig und mitreißend. Bereits der Einstieg in das Buch, mit der kleinen Reise in die Kriegszeit, ist sehr interessant gestaltet. Die Vergangenheit hat Spuren hinterlassen, die Sonja bei ihrer Arbeit wieder ausgräbt und neu zum Leben erweckt. Die Suche nach Zusammenhängen und Details, das Aufarbeiten von persönlichen Schicksalen und Umständen schafft, durch den direkten Bezug zur Gegenwart, eine schöne Verbindung zwischen den Zeiten.

Anschauliche, detaillierte Beschreibungen lassen die Ruinen wieder lebendig werden. Man kann sich die Schauplätze in der verlassenen Waldgegend sehr gut vorstellen. Ein Wald als Handlungsort kann etwas sehr Beruhigendes, Natürliches haben, es liegt aber auch eine gewisse Unbehaglichkeit in der Luft, sobald es dunkel wird und man sich nicht mehr so recht orientieren kann. Sonja lernt sowohl die Sonnen- als auch die Schattenseiten ihrer Umgebung genauestens kennen. Immer wieder scheinen ihre Sinne Sonja Streiche zu spielen. Unheimliche Geräusche, huschende Bewegungen, schattenhafte Gestalten, die mit der Dunkelheit verschmelzen. Ist das alles echt oder bildet sie es sich nur ein? Ist sie zu müde und überarbeitet oder wird sie tatsächlich beobachtet und verfolgt? Geprägt durch ihre eigene Vergangenheit, werden, durch die aktuellen Geschehnisse, ihre tiefsten Ängste wieder hoch geholt. Sie kommt kaum zur Ruhe und weiß bald nicht mehr wem sie trauen und glauben darf.

Die Handlung nimmt im Verlauf immer mehr Fahrt auf, es wird spannend und dramatisch. Ich selbst habe mich manches Mal in die Irre führen lassen, obwohl ich immer wieder Vermutungen und Ahnungen hatte. Man weiß nie so richtig, wie nun alles zusammenhängt, was man richtig einordnet und was vielleicht einfach nur logisch scheint, es aber gar nicht ist. Der Autorin gelingt es einen komplett in die Handlung zu ziehen. Besonders durch die Ich-Perspektive ist man Sonja sehr nah. Man erlebt all ihre schaurigen Situationen hautnah mit, dringt in ihre Gedankenwelt ein und führt ihre teils wirren Gedankengänge weiter. Durch all die Einblicke, die man in ihr Leben erhält, kann man ihr Verhalten und ihre Reaktionen gut verstehen. Wer solche Dinge erlebt hat, wird der Welt nicht mit offenen Armen gegenüber treten und zu Fremden vertrauen fassen. Wäre ich in ihrer Situation, würde ich auch an allem und jedem zweifeln.

Die Kombination aus persönlichen Entwicklungen und den Fortschritten im Archiv hat mir besonders gefallen. Alles ist so eng miteinander verknüpft, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben schnell verschmelzen. Für Sonja macht es das nicht unbedingt leichter sich zu orientieren und zu entscheiden, mit wem sie zusammen arbeiten will und von wem sie sich lieber fern halten sollte.

Obwohl das Buch die Nerven wie Drahtseile spannt, gibt es auch einige sehr emotionale Szenen. Und damit meine ich nicht die Momente, in denen einen selbst die Angst überkommt, obwohl man nur ein Buch in der Hand hält und nicht selbst durch den Wald läuft. Es gibt Passagen, die mich sehr berührt und bewegt haben. Kleine Weisheiten bringen einen zum Nachdenken und lenken den Fokus für kurze Augenblicke weg von den Gefahren.

Fazit

Ein spannender, vielseitiger Psychothriller, der mir echt unter die Haut gegangen ist. Man sollte sich nicht wundern, wenn einem beim oder nach dem Lesen einige Dinge plötzlich komisch vorkommen. War da nicht eben ein Geräusch? Eine Bewegung in der Dunkelheit? Die Anspannung überträgt sich, da kann einem die eigene Wohnung schon mal unheimlich werden – das spricht für ein tolles, mitreißendes Buch.

 

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