©Audible Studios | Alle Farben des Regens . Jessica Winter gesprochen von Nina-Zofia Amerschläger, Bastian Korff erschienen im Juni 2021 Hörbuch, ungekürzte Lesung: 601 Minuten . . |
emotionale Freundschafts-/Liebesgeschichte
In Aryas Leben läuft vieles nach Plan. Sie ist Vorschullehrerin und geht in ihrem Job total auf. Den Kindern wichtige Werte mitzugeben, ihnen beim Aufwachsen zu helfen und sie auf die Schule vorzubereiten, erfüllt sie mit Freude. Sie ist seit einigen Jahren verlobt und auch wenn die Hochzeit noch nicht so richtig geplant ist und die beiden nach wie vor eigene Wohnungen haben, verbringen sie viel Zeit miteinander und Arya ist zufrieden in der Beziehung. Zumindest meistens, denn ab und an gesteht sie sich schon ein, dass nicht alles so ist, wie sie es sich eigentlich erhofft und gewünscht hatte und dass sie sich verändert hat. Als dann Kasey unerwartet wieder in ihrer Heimatstadt auftaucht, ist das Gefühlschaos der jungen Frau perfekt. All die alten Gefühle und Erinnerungen kommen wieder hoch, unbeantwortete Fragen und unerfüllte Sehnsüchte. Und auch Kasey lässt das Wiedersehen nicht kalt.
Die Geschichte wird aus den beiden Ich-Perspektiven der Protagonisten Arya und Kasey geschildert, wodurch man detaillierte Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelten bekommt. So kann man die Charaktere mit der Zeit immer besser kennenlernen, erfährt, was sie beschäftigt und bewegt, was sie geprägt hat und was das auch für die Gegenwart noch für Auswirkungen hat. Schnell wird dabei deutlich, dass es einige Dinge gibt, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, selbst wenn sie sich immer wieder davor zu verschließen versuchen. Es gab Ereignisse in ihrer Kindheit und Jugend, die sie geprägt und beeinflusst haben, die Gedanken festgesetzt haben, von denen es sich jetzt nur schwer wieder lösen lässt. Die nötigen Veränderungen, um sich Sachen einzugestehen, passieren auch nicht über Nacht, was mir gut gefallen hat. Zwar dreht man sich dadurch gefühlt bei manchen Themen ein bisschen im Kreis, ich empfand es aber nicht als störend, sondern als realistisch, dass man manche Gedankengänge mehrfach gehen muss, um sich wirklich einzugestehen, dass es auch anders sein kann, als es bisher war. Alter und neuer Schmerz muss aufgearbeitet und verarbeitet werden. Offene Fragen beantwortet, Gründe offengelegt und erklärt werden.
Man spürt die Verbundenheit der Protagonisten schon früh im Buch, dennoch wachsen sie über die Zeit noch enger zusammen, überwinden Mauern, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatten und die doch nie ganz dazu führen, dass sie einander nicht an sich heranlassen – emotional gesehen. Und trotzdem schieben sie sich zwischendurch auch weg, blocken ab, lassen Gefühle nicht zu, fokussieren sich auf andere Aspekte in ihrem Leben, spüren noch immer die tiefsitzenden Verletzungen der Vergangenheit.
Das Buch ist größtenteils ruhig und lebt eher durch die intensiven Einblicke in die Gedanken und Gefühle und die emotionalen Entwicklungen, die stattfinden. Es ist eine Mischung aus tiefgreifender Freundschaft, bedingungslosem Zusammenhalt, Verlustängsten, Verantwortung als alleinerziehender Vater, Zweifeln, Hoffnung, Geständnissen und Erkenntnissen. Mir hat diese Kombination gut gefallen und ich fühlte mich gut mitgenommen in der Handlung. Die eine oder andere Szene hätte vielleicht noch etwas ausgebauter sein können, manche Erkenntnis hätte vielleicht auch früher Früchte tragen können, aber insgesamt mochte ich das Zusammenspiel der Figuren, die Dynamik zwischen ihnen, die kleinen und größeren Stolperfallen, aufkommende Ängste und Zweifel, das sich eingestehen, dass man Hilfe benötigt oder was ändern muss.
Der Hauptteil der Geschichte findet in der Gegenwart statt, es gibt aber immer wieder auch Rückblenden in die Vergangenheit, so dass man die Protagonisten in verschiedenen Altersstufen erlebt. Los geht es dabei im Alter von 7, in dem die beiden sich kennengelernt haben und danach unzertrennlich wurden. Abschnitte mit zunehmendem Kindes- und Jugendalter folgen, gemerkt habe ich mir Passagen im Alter von 9, 11, 17 und 20. Diese sind nicht zwingend chronologisch eingearbeitet, sondern so, dass es in die Handlung passt, zu den Gedanken, die die Figuren haben bzw. um zu zeigen, welche Ereignisse sie geprägt haben und wie sich das eine oder andere aufgeschaukelt hat. Dadurch werden die Charaktere auch noch greifbarer und bekommen noch mehr Tiefe. Aktuell sind die beiden Mitte 20. Auf den ersten Blick mag es so wirken, dass Aryas Leben ein wenig besser sortiert ist. Sie hat als Vorschullehrerin ein geregeltes Einkommen, liebt ihren Job und lebt in einer stabilen Beziehung. Nur dass die junge Frau eben nicht so richtig glücklich ist, wenn sie es sich denn mal eingesteht und die Gedanken zulässt. Kasey steht nach einem Schicksalsschlag mit seinen beiden kleinen Kindern allein da und hat zusätzlich noch die Renovierung des Hauses, die ihn zeitlich stark einbindet. Anderen Arbeiten rundrum kann er aktuell kaum nachgehen, wächst ihm doch auch so schon alles nach und nach über den Kopf. Sein Leben ist anders verlaufen, als er es sich gedacht hatte.
Die beiden Sprecher haben mir auch gut gefallen. Ich fand, die Stimmen harmonierten gut miteinander, es wurde ausdrucksstark gelesen und auch die Emotionen wurden gut transportiert. So wurden auch die ganzen Gedankenpassagen sehr intensiv beim Zuhören und ich konnte mich da gut einfühlen. Die gefühlvolle Vortragsweise passte zur Handlung und den Entwicklungen. Richtig toll gemacht fand ich auch die Umsetzung der kleinen Eve. Die Vierjährige lispelt, was beide Sprecher authentisch eingebunden haben. Aber auch darüber hinaus war die Kleine einfach nur zuckersüß und sehr kindlich gelesen. Das ändert aber nichts daran, dass sie etwas sehr Trauriges erlebt hat, was auch eine wichtige Rolle spielt.
Der Ausgang des Buches ist nun nicht überraschend, wie meistens bei Liebesgeschichten, aber der emotionsgeladene, manchmal steinige Weg dahin war trotzdem schön zu verfolgen. Es dauert auch etwas länger, bis die Charaktere wieder richtig zueinanderfinden. Die Zeit bis dahin ist geprägt von Eingeständnissen, vielen Gedanken, dem offenlegen von Gefühlen und dem Aufarbeiten der (gemeinsamen) Vergangenheit verbunden. Manche Szenen waren mir persönlich fast etwas zu kitschig, ich empfand es im Gesamtpaket aber als passend für die Entwicklungen und die Charaktere.
Fazit
Eine gefühlsintensive Geschichte, die mir gut gefallen hat. Ich mochte die Dynamik zwischen den Figuren, viele der Dialoge und Gedankengänge haben mich berührt und sehr gut mitgenommen. Die Entwicklungen sind nicht unbedingt überraschend, es gibt aber einige Dinge, die die Protagonisten auf dem zum Glück aufarbeiten, für sich selbst klären und womit sie sich auseinandersetzen müssen. Die Figuren haben eine gemeinsame Vergangenheit, wodurch eine andere Atmosphäre entsteht, als wenn sie sich neu kennengelernt hätten.
Hallo liebe Dana,
mich hat ja, das muss ich zugeben, deine Bemerkung ein wenig skeptisch zurückgelassen, dass sich die Gedanken der Figuren gelegentlich ein wenig im Kreis drehen. Ich gebe dir Recht: Dieser Fakt ist durchaus menschlich. Kann aber in einem Buch auch auf Dauer ermüdend wirken. Scheinbar konntest du darüber aber gut hinwegsehen. Das stimmt mich in diesem Punkt positiv.
Ansonsten klingt es nach einem durchaus interessanten Buch. Vor Kurzem wäre es vielleicht genau das Richtige für mich gewesen. Aktuell sehne ich mich nachdem ich meinen „Hunger“ auf reine Romanzen nun wieder etwas gestillt habe, aber wieder erstmal nach Fantasy. Aber vielleicht ist das was für einen anderen Zeitpunkt :o)
Ich wünsche dir einen ganz wundervollen Sonntag.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Hallo Tanja,
wenn dein Bedarf an Romance gerade gestillt ist, dann ist es ja auch total okay. 🙂 ich habe das Buch größtenteils in meinem Urlaub auf Hiddensee gehört, das war eine gute Begleitung. Und ich mochte eigentlich auch insgesamt, wie die Charaktere sich verhalten und entwickelt haben. Klar kann man hier und da eben dann auch kleine Kritikpunkte finden. Aber insgesamt kommt es ja auch immer darauf an, was man eben so sucht und will, ob einem die Figuren sympathisch sind usw.
Liebe Grüße,
Dana