Insel der blauen Gletscher Autor: Christine Kabus erschienen Januar 2015 Verlag: Bastei Lübbe ISBN: 978-3-8414-2169-2 | © Bastei Lübbe |
packender Roman, der das Fernweh weckt
2013: Nach der Trennung von ihrem Mann will Hanna wieder in ihrem alten Beruf arbeiten und begibt sich zur Recherche nach Spitzbergen. Unterwegs lernt die Reisejournalistin den Polarforscher Kåre Nybol kennen, der ihr die verborgenen Schönheiten der nordischen Landschaft zeigen kann. Gemeinsam machen sie einen lange verborgenen Fund.
1907: Emilie fühlt sich eingeengt und von ihren Eltern bevormundet. Um ihrem Bruder zu helfen, begibt sie sich an seiner Stelle auf eine Arktisexpedition. Das Abenteuer, das ihr endlich etwas Freiheit gibt, birgt aber auch große Gefahren.
„Insel der blauen Gletscher“ schildert das Leben von zwei Frauen, die in völlig unterschiedlichen Zeiten leben, aber mir beide aufgrund ihres Verhaltens schnell sympathisch geworden sind. Emilie wehrt sich gegen die engen Ketten ihrer Zeit und tritt mutig für ihren Bruder ein, obwohl sie mit dem ständigen Risiko ihrer Entlarvung ein großes Wagnis eingeht. Sie ist tapferer und tüchtiger als die meisten Männer und scheut keine Gefahren.
Hanna erleidet einen schweren Schlag. Doch statt sich zu verkriechen und in Selbstmitleid zu versinken, will sie ihr Leben wieder in die Hand nehmen und alte Träume verfolgen, die sie lange zurückgestellt hat. Allein begibt sie sich auf die Reise in das weit entfernte Land, um unter extremen Bedingungen ihre alten Talente wieder hervorzuholen.
Beide Geschichten sind sehr interessant, wobei gerade die historischen Einblicke spannend sind – nicht nur, was Emilies Leben in Deutschland angeht, sondern vor allem der Weg nach Spitzbergen, das zu dieser Zeit noch viel weniger besucht und besiedelt war als heute.
Christine Kabus schmückt ihre Erzählung mit allerlei detaillierten Landschaftsbeschreibungen, die es ermöglichen, sich das fremde Land bildhaft vorzustellen.
Darüber hinaus gibt es Einblicke in die Geschichte Spitzbergens, die vor allem aus Hannas Recherchen resultieren.
Insgesamt ergibt sich eine abwechslungsreiche Mischung aus Handlung, Landschaftsbeschreibung und geschichtlichen Einblicken. Nur an wenigen Stellen hätten die historischen Fakten für mich etwas knapper ausfallen dürfen, weil ich viel lieber wissen wollte, welche Abenteuer die Frauen als nächstes erwarten.
Zudem hätte es mich gefreut, wenn der Weg nach Spitzbergen etwas kürzer gewesen wäre und dafür die Zeit im Eis, die ich bei beiden Frauen unglaublich faszinierend fand, länger gedauert hätte.
Lange laufen beide Erzählstränge parallel ohne Verbindung nebeneinander her, sodass man sich immer mehr fragt, an welcher Stelle beide Geschichten einen Verknüpfungspunkt bekommen werden. Immer Kapitelweise wird zwischen dem Leben der beiden Frauen gewechselt, wobei am Ende jeweils ein kleiner Cliffhanger steht, der stets die Neugier weckt, was als Nächstes passieren mag.
Erst ganz am Ende fügen sich die zwei Geschichten in vielen Details sehr stimmig und teils überraschend zusammen und sogar der Prolog, der zunächst nicht so recht ins Bild passen wollte, erschließt sich.
„Insel der blauen Gletscher“ ist bereits der dritte Norwegenroman von Christine Kabus. Ich kenne bisher nur den ersten, „Im Land der weiten Fjorde“, und habe mich sehr gefreut, dass Namen von früheren Figuren wieder auftauchen. So habe ich von bereits bekannten Charakteren gelesen, die in Beziehung zu den aktuellen stehen, was mir zunächst gar nicht bewusst war, aber ein schönes Gesamtbild ergibt, da auch immer wieder auf kleinere vergangene Begebenheiten eingegangen wurde.
Zwei starke, mutige Frauen, zwei spannende Geschichten und eine eindrucksvolle Landschaft. Christine Kabus erschafft eine abwechslungsreiche Mischung, die trotz der Buchdicke von über 600 Seiten an die Geschichte zu fesseln vermag und zu keiner Zeit langweilig wird. Nur an sehr wenigen Stellen hätte ich mir ein etwas höheres Erzähltempo anstelle der historische Einblicke gewünscht.