[gelesen] Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge von Nils Pickert

Rezensionsexemplar

©Carlsen Verlag
Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge

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Nils Pickert, Lena Hesse (Illustration)
erschienen August 2022
ab 5 Jahren
72 Seiten
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Carlsen Verlag
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tolles Kinderbuch, schöne Botschaft, wundervoll illustriert

Für Mara war schon ganz früh klar: sie ist ein echtes Seeräubermädchen! Ihr Hund hat den passenden Namen „Landratte“ bekommen und zu Hause und auf dem Spielplatz stürmt sie mit ihren Enterhaken und dem Holzschwert durch die Gegend, um Feinde zu vertreiben oder Beute zu machen.
Bei Milo geht es oft ein wenig ruhiger zu. Er ist ein Prinzessinnenjunge und liebt es mit seinen Krönchen und schöner Kleidung durch die Wohnung zu tanzen, immer mit dabei seine Puppe Lulu. Beide Kinder haben Spaß am Leben, nur auf eine ganz unterschiedliche Weise. Als Mara und Milo sich eines Tages auf dem Spielplatz begegnen, ist sofort Sympathie da und beide Kinder fangen an miteinander zu spielen und ihre Welten auf eine ganz unkomplizierte Art zu vermischen. Eine wunderbare Freundschaft entsteht, die jedoch auch mal eine Hürde überwinden muss.

Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Schon auf den ersten Seiten wird man durch die farbenfrohen, wunderschönen Illustrationen und die liebevoll gestalteten Buchseiten toll mitgenommen und lernt Mara und Milo kennen. Durch die farblichen Unterschiede in der Schrift ist auch direkt klar, mit wem man unterwegs ist. Maras Abschnitte sind in einem hellen, kräftigen blau, die von Milo in einem dunklen Violettton gehalten. Im Verlauf des Buches, wenn die Kinder gemeinsam unterwegs sind, sind die Passagen in einem dunkleren blau.
Wenn man Mara und Milo zu Beginn kennenlernt, mag man vielleicht denken, ihre Welten passen nicht so recht zusammen. Milo ist eher ein Träumer, liebt Kleider und Röcke, seine Puppe, Ballett und seine Krönchen. Nicht alle Kinder in seiner Umgebung verstehen das und manchmal muss er sich auch gemeine Sprüche dazu anhören. Aber seine Eltern unterstützen ihn und lieben ihren Milo, wie er ist. Mara ist sehr aktiv und aufgeweckt, erbeutet sich auch zu Hause gern mal Goldtaler von ihrem Vater und hat eine sehr lebendige Fantasie,besonders rund um Seeräuber.
Als die beiden Kinder dann aufeinander treffen, wird aber schnell klar, dass es ihnen ganz egal ist, ob ihre Art zu spielen auf den ersten Blick zueinander passt. Sie finden ganz unkompliziert Wege, beide „Welten“ miteinander zu vermischen, die Stärken von jedem zu nutzen und sich gegenseitig in das Spiel des anderen zu integrieren. Ein paar Glitzerbänder haben schließlich noch keinem Seeräuberschiff geschadet, außerdem kann man damit wunderbar verschiedene Dinge festbinden. Mara und Milo sind offen und aufgeschlossen im Umgang miteinander, lassen sich voneinander inspirieren und entwickeln gemeinsame schöne Ideen. Auf eine sehr angenehme, unaufgeregte Art. Für die Kinder spielt es einfach keine Rolle und genau so sollte es ja auch sein.

Als sie dann für einige Zeit voneinander getrennt sind, verändert sich ihre Welt. Ohne den anderen macht es nicht so viel Spaß. Sie machen Erfahrungen, die zeigen, dass manches doch gar nicht so bunt und fröhlich ist oder eben ganz anders, als sie es sich vorher vorgestellt hatten. Für mich stand es auch symbolisch für Erlebnisse und Ereignisse, die es im Leben so gibt, die einen prägen und verändern und auch für Entwicklungsschritte, die man so macht. Als sie sich wiedersehen, ist da erst mal eine gewisse Distanz, vermutlich weil sie nicht direkt über ihre Gefühle reden wollen oder können und vielleicht auch selbst nicht genau wissen, ob sich nicht noch mehr verändert hat, als das, was ihnen so aufgefallen ist. Durch die Reduzierung der Farbe wird das auch in den Illustrationen deutlich. In Freundschaften ist nicht immer nur alles locker und leicht, manchmal muss man auch kleine Hürden und Hindernisse überwinden – am besten natürlich gemeinsam.

Die Texte im Buch sind sprachlich einfach gehalten, so dass es für Kinder gut verständlich ist. Die Illustrationen sind größtenteils sehr großflächig, manche sind auch etwas kleiner, auf diesen Seiten gibt es dann auch mehr Text. Die Mischung war aber sehr angenehm und es gibt immer was zu entdecken. Die Bilder sind gut auf die Handlung abgestimmt und machen alles noch lebendiger und mitnehmender. Mir hat der Stil des Buches richtig gut gefallen, die Stimmung in der Geschichte, die kleinen Botschaften, die drin stecken und vor allem der unaufgeregte Umgang der beiden Kinder miteinander.
Geschlechterklischees sollten wirklich nicht so einen große Rolle spielen. Jeder sollte sich einfach so fühlen, wie er sich eben fühlt und das auch zeigen dürfen – warum auch nicht? Es tut doch keinem weh, sich auszuleben und zu testen, das zu tragen, was man mag, mit dem zu spielen, was man mag und so weiter. Es wird ja eher von der Gesellschaft geprägt, verboten und beschränkt, was es für alle schwieriger macht, wenn sie nicht in die teils starren Muster passt, die es einfach gar nicht geben müsste.
Einziger kleiner Kritikpunkt ist vielleicht, dass ich nicht ganz verstanden habe, wieso die Eltern sich auch voneinander „entfernt“ haben, als die Kinder es taten, eigentlich gab es dafür keinen wirklichen Grund, da aber Mara und Milo im Fokus standen und die beiden ihren Weg gefunden haben, fand ich das nicht so schlimm.

Ein wirklich wunderschönes Kinderbuch.

Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

4 Gedanken zu „[gelesen] Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge von Nils Pickert“

  1. Huhu liebe Dana,
    klingt nach einen wundervollen Buch <3
    Das Leben könnte so einfach sein, aber leider machen es sich die Erwachsenen selber schwer.
    LieGrü
    Elena von ElenasZeilenZauber

    1. Hallo Elena,
      manches könnte wirklich viel leichter sein, wenn man offener wäre, mehr reden würde und so weiter… 😉 Aber man kann ja wenigstens im Kleinen anfangen, vielleicht ändert sich dann Stück für Stück eben doch etwas.
      Liebe Grüße
      Dana

  2. Hallo Dana,
    das klingt nach einem ganz wundervollen Buch mit einer sehr schönen Botschaft. Ich denke auch, dass viele Ansichten und Lebensentscheidungen schon früh in der Kindheit gefestigt und geprägt werden. Ich finde es klasse, dass in diesem Buch gezeigt wird, dass es doch nicht wichtig ist, ob man als Junge gerne mit Puppen spielt. Ich denke Mädchen haben es da heute leichter. Spielen sie mit Autos und bauen sie Buden im Wald, dann werden sie nicht so schräg angeschaut, als wenn ein Junge zu Hause nur Puppen liegen hat.

    Sehr interessant und schön gemacht finde ich die Sache mit den Farbspielereien im Buch. Gerade, dass man hier klischeehaft zugeordnete Farben (Blau, Rosa/Lila) eben mal neu positioniert, finde ich richtig klasse. Aber auch das, was du über die Farbwechsel in den Illustrationen je nach Stimmung sagst, spricht mich sehr an.

    Du schreibst von der Veränderung und von der Unsicherheit, die die beiden Kinder im späteren Alter empfinden, als sie sich wiedersehen. Auch dieser Part gefällt mir. Ich denke dieses Gefühl kennen viele von uns. Ich hatte das auch schon in manchen Lebenslagen. Man checkt den anderen ab, weil man nicht weiß, wieviel von dem noch vorhanden ist, was man einen damals miteinander verbunden hat.

    Ein wirklich tolles Buch.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Hallo Tanja,
      ich denke auch, dass es wichtig ist, im eigenen Kopf so Klischees und Erwartungen loszulassen.Es ist ja auch wirklich total egal, womit man gern spielt. Und es ist auch egal was man gern anzieht.
      Ich stimme dir auf jeden Fall zu, dass Mädchen es leichter haben. Sie tragen inzwischen ganz selbstverständlich Hosen – was früher ja nicht so war – aber wenn Jungs gern einen Rock tragen wollen, werden sie schräg angeschaut. Und einem selbst würde es vielleicht auch zuerst so gehen, aber warum eigentlich? Es ist ja nur, weil die Gesellschaft es so geprägt hat, nicht weil ein wirklich triftiger Grund dagegensprechen würde.. Ebenso was Spielsachen und Co angeht.
      „im späteren Alter“ ist so nicht ganz richtig, es liegen ja nur zwei Wochen Urlaub dazwischen, die Kinder sind jetzt nicht um Jahre älter geworden, es würde sich aber natürlich auch auf solche Situationen übertragen lassen. Aber manchmal reichen auch schon kurze Zeiträume, neue Erfahrungen und daraus resultierende Gedanken aus, um eine kleine Kluft entstehen zu lassen.
      Liebe Grüße
      Dana

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