Rezensionsexemplar
©Impress (Carlsen) | Hochmütiges Herz Seven Sins 1 . Autorin: Lana Rotaru erschienen Dezember 2019 494 Seiten . hier geht’s zum Verlag → Impress (Carlsen) . |
interessante Idee, nicht so überzeugende Umsetzung
Avery steht kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag und eigentlich freute sie sich auf diesen Tag. Doch ahnte sie bisher auch nicht, dass ihre Seele dem Teufel versprochen ist und sie diese nur retten kann, wenn sie sich auf Prüfungen einlässt, die mit den sieben Todsünden zu tun haben. Obwohl Avery kaum glauben kann, was sie da hört, hat sie keine wirkliche Wahl. Wenn sie eine Chance auf ein Leben möchte, muss sie zu den Prüfungen antreten…
Die Idee hinter diesem Buch hat mir richtig gut gefallen. Die Todsünden an sich sind schon ein spannendes Thema und in Verbindung mit Prüfungen, Aufgaben und magischen Wesen können sie sehr vielfältig interpretiert und eingebaut werden. Immer wieder habe ich mich beim Lesen dabei erwischt, wie ich hinter dem einen oder anderen Aspekt eine Verbindung zu den Sünden gesucht haben oder mich gefragt habe, ob es Zusammenhänge mit manchen Entwicklungen geben könnte. So richtig gepackt und überzeugt hat mich der Auftakt der Reihe am Ende dann jedoch nicht.
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Avery erzählt. Für Die Schülerin verändert sich quasi über Nacht ihr gesamtes Leben. Vorher zählten für sie hauptsächlich ihre Freunde, ihre Mutter und das Surfen. Nun stehen magische Wesen und unbekannte Herausforderungen auf ihrem Tagesplan und sie hat keine Chance, sich dagegen zu wehren, wenn sie leben möchte. Durch die Perspektive begleitet man Avery sehr intensiv und hat Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Ich weiß gar nicht so recht wie ich Avery beschreiben soll. Auf der einen Seite hat sie ein gutes Herz und für die Menschen, die ihr wichtig sind, ist sie bereit einiges zu tun, auf der anderen Seite ist sie aber auch zeitweise dickköpfig und möchte unbedingt ihren Willen durchsetzen, selbst wenn sie nicht überblicken kann, was das für Konsequenzen aufgrund der veränderten Situation haben könnte. Manchmal ist sie impulsiv und naiv, aber irgendwie auch mutig und ehrgeizig.
Gemeinsam mit ihrem besten Freund Adam und Nox, auf den beide eigentlich gern verzichten würden, entsteht eine explosive Protagonistenmischung. Streitigkeiten und sarkastische oder ironische Sprüche stehen genauso an der Tagesordnung wie hochkochende Gefühle, ehrliche Besorgnis und Fürsorge. Besonders Nox und Avery sagen häufig was sie denken und lassen sich nicht gern den Mund verbieten. Da erlebt man den einen oder anderen erfrischenden Schlagabtausch zwischen den beiden. Adam bringt noch mal andere Facetten in die Gespräche und insgesamt mochte ich die Kombination der drei schon. Jeder hat so seine Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen und man kann sich vorstellen, dass sie drei zusammen sicher einige Abenteuer bestehen könnten. Trotz all der Sorgen und anstehenden Probleme bleibt auch immer wieder Raum für aufgewühlte Emotionen, Annährungen und Flirtversuche.
Leider konnten mich nicht alle Entwicklungen in der Handlung so richtig überzeugen. Wenn man mal davon ausgeht, dass es für die drei Protagonisten um Leben und Tod geht und zwar nicht für jeden einzelnen, sondern im Dreierpack, sollten man meinen, sie würden sich anders verhalten. Entweder sie schaffen es alle oder keiner von ihnen. Und dann verheimlichen sie sich trotzdem entscheidende Aspekte, um den anderen zu schonen oder selbst nicht an negative Dinge denken zu müssen oder weil es ja bestimmt gar nicht so wichtig ist und sie die Prüfung schon schaffen werden, obwohl sie bisher NIEMAND geschafft hat (auch wenn es nur die wenigsten waren, die es überhaupt versucht haben). Wie kann man mit so einer Selbstverständlichkeit da ran gehen, obwohl es doch eigentlich eher ziemlich aussichtslos ist? Und wie kann man dann Sachen für sich behalten nur um den Gegenüber nicht zu sorgen oder die Stimmung wieder zu vermiesen? Ich kann es leider nicht so recht nachvollziehen und auch wenn ich sonst ja eigentlich gern dafür bin, die Figuren dürfen handeln, wie es zu ihnen passt und sich so entwickeln, wie sie es eben sollen/wollen, kann ich das hier wirklich gar nicht verstehen. Gemütlich und entspannt Filme zu schauen, um nach den ernsten Themen, die zuvor besprochen wurden, noch ein paar friedliche Stunden zu haben, könnte man sicher in vielen Situationen verstehen, allerdings nicht, wenn einem die Zeit wegläuft und alles, was Seltsames passiert wichtig sein könnte und man im Vorfeld mit dem Gedanken aufgebrochen ist, den anderen unbedingt davon erzählen zu müssen, was mit einem passiert ist. Damit das für mich rund geworden wäre, hätten die Figuren auch sonst eher sorglos sein müssen, das sind sie jedoch nicht. Sie machen sich schon Gedanken und Sorgen, haben auch zeitweise Angst um ihre Zukunft, was nur verständlich ist. Allerdings dauert es lange, bis sie ihr Verhalten entsprechend anpassen, obwohl sie nie wissen, wie viel Zeit sie wirklich noch haben.
Und selbst als sie dann mitbekommen haben, dass Aspekte doch wichtig für die anderen sind, da sie an einem Strang ziehen müssen und Geheimniskrämerei und falsche Eitelkeit einfach nicht helfen, sind sie nicht wirklich bereit, über ihre Schatten zu springen, um wirklich offen miteinander zu reden. Das empfand ich leider als ziemlich schwierig in dem Buch. Über einige Dinge dürfen Adam und Nox nicht reden, dagegen können sie natürlich nicht viel machen. Teilweise erhöht es sicher auch die Spannung, wenn nicht sofort alle Karten auf den Tisch gelegt werden, aber in ihrer aktuellen Situation sollte man über einige persönliche Befindlichkeiten wohl einfach mal hinwegsehen und sich dem gemeinsamen Ziel: Überleben, zuwenden. Zum Ende der Geschichte wurde das zwar etwas besser und man hat dann auch mehr und umfangreichere Einblicke in die Welt der magischen Wesen und einige Zusammenhänge bekommen, es war mir persönlich nur einfach viel zu spät und es kam dann auch nicht mehr so richtig Fahrt auf, auch wenn die Geschehnisse beginnen turbulenter zu werden.
Einige Passagen, die besonders als Erklärung für Avery nötig waren, waren recht lang und haben die Handlung zusätzlich entschleunigt. Allerdings mochte ich diese Abschnitte trotzdem, da man da mehr über die Elfen und auch ein paar erste Aspekte über die Dämonen und Engel erfährt. Mit den Zusammenhängen kann man auch die Ereignisse und Reaktionen dann etwas besser verstehen und einordnen.
Fazit
Obwohl mir die Grundidee hinter der Geschichte wirklich gut gefallen hat und aus meiner Sicht auch wirklich Potenzial hat, konnte es mich einfach nicht so packen und mitnehmen. Es gibt einige witzige Aspekte in der Handlung, die vor allem durch die sarkasmushaltigen Gespräche und die aufeinander prallenden Emotionen entstehen. Anderes konnte ich allerdings gar nicht nachvollziehen. Das ständige „wir müssten eigentlich miteinander reden oder dieses und jenes erzählen, machen es aber nicht, weil wir ja so viel ZEIT haben und das alles schon werden wird“ ging mir ziemlich auf die Nerven. Zeit ist nun leider das, was die Protagonisten nicht haben. Und damit auch nicht die Zeit sich alles mögliche zu verschweigen und vielleicht, aber auch nur vielleicht, später mal darüber zu reden, wenn sie ihre eigenen Befindlichkeiten etwas weiter hinten anstellen. Geheimniskrämerei kann die Spannung erhöhen und man möchte ja auch mit den Protagonisten in die Situation hinein wachsen, mehr erfahren usw., aber wenn das eigene Leben plus das von zwei anderen Personen auf dem Spiel steht, sollte es dann doch irgendwo grenzen haben.
Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.
Hey Dana 🙂
Ich kenne die Geschichte noch, als sie vor ein paar Jahren (ich weiß nicht mehr genau wann) im Selfpublishing veröffentlicht wurde. Damals gab es ja nur Band 1+2 und dann wurde die Reihe eingestellt. Deswegen habe ich mich schon gefreut, dass sie nun weitergeht, weil mir die beiden Bände wirklich gut gefallen haben.
Allerdings weiß ich nicht, was sich zu dieser Ausgabe hier vielleicht verändert hat – deswegen werde ich da auch nochmal von vorne anfangen. Zudem hab ich doch viele Zusammenhänge wieder vergessen.
Schade, dass dich der Auftakt nicht so richtig überzeugen konnte – wirst du denn weiterlesen oder die Reihe hier dann abbrechen?
Lieben Gruß
Andrea
Hallo Andrea,
was jetzt geändert wurde, weiß ich natürlich auch nicht. Ich habe einfach nicht so richtig Zugang zu den Figuren, ihren Entwicklungen und Entscheidungen gefunden… Daher ist meine Tendenz momentan eher die Reihe nicht weiter zu verfolgen, ganz entschieden ist das jedoch noch nicht.
Wenn dir die Bände, die du damals gelesen hast, gefallen haben, dann stehen die Chancen ja nicht so schlecht, dass es dich wieder überzeugen würde. Ich bin gespannt, ob du sie dir noch mal vornehmen wirst. 🙂
Lg Dana
Hallo liebe Dana,
ich kann deinen Kritikpunkt gut verstehen. Die Situation, dass man an den Buchseiten klebt und am Liebsten hineinspringen würde, um den Charakteren mal richtig die Meinung zu sagen, kenne ich. Einerseits zeigt das natürlich, dass das Buch einen bewegt. Aber vielleicht doch auf die falsche Art und Weise ;o) Das was du über den verbalen Schlagabtausch der Figuren berichtest klingt hingegen wieder sehr dynamisch und sehr gut. Auch die Grundidee hat ihren Reiz. Ich denke aber auch, dass der Kritikpunkt auch bei mir die positiven Aspekte überlagert hätte.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Hallo Tanja,
ich habe gar nicht generell ein Problem damit, wenn ich mit den Charakteren nicht einer Meinung bin, solange es eben zu ihnen und ihrem Werdegang/ihren Aufgaben passt. Aber das habe ich in dem Fall wirklich nicht so empfunden. Wenn ich wüsste, dass ich sterben müsste, wenn ich eine Aufgabe bzw. Prüfungen, bei denen ich noch nicht mal weiß, worum es sich dreht, nicht bestehe, dann würde ich mich und ich denke dann sollte sich jeder ausnahmslos darauf konzentrieren… Trotzdem hoffe ich, dass die Reihe einige begeisterte Leser finden wird, ich finde die Grundidee und auch das Wechselspiel zwischen den Figuren nämlich wirklich schön, werde aber vermutlich nicht weiter lesen.
LG Dana