[gelesen] Straßensymphonie von Alexandra Fuchs

©Drachenmond Verlag

Straßensymphonie

Autorin: Alexandra Fuchs
erschienen August 2016
376 Seiten
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Drachenmond-Verlag
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schöne Geschichte, anders als erwartet

Kat ist eine Gestaltenwandlerin, wie viele in ihrer Umgebung und auch in der Bar, in der sie arbeitet. Bis vor ein paar Monaten hat sie dort gemeinsam mit ihrem Vater auf der Bühne gestanden und die Gäste mit ihrer Stimme verzaubert. Doch zur Zeit kann sie sich absolut nicht mehr vorstellen, noch einmal vor Publikum zu singen, zu groß ist der Schmerz, der in ihr arbeitet. Aber dann kommt Night Cirus vorbei und alles könnte sich ändern… Nicht nur die Begegnung mit der Band bringt Veränderungen mit sich, denn im Untergrund gehen noch viel mehr Dinge vor sich, von denen viele Wandler nichts wissen.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Protagonistin Kat geschildert, so dass man sie sehr intensiv begleitet und detaillierte Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt bekommt. Kat hat ihren Vater verloren und mit ihm auch einen Teil ihrer Lebensfreude. Sie arbeitet zwar nach wie vor in der Bar, in der die beiden gemeinsam aufgetreten sind, aber sich wieder auf die Bühne zu stellen, kommt für sie einfach nicht in Frage. Verständlich, denn die Trauer sitzt tief und sie hat den Verlust noch lange nicht überwunden. Kat ist eine Gestaltenwandlerin und ihr Seelentier ist eine Katze. Sie selbst zeigt auch alle Facetten von der Kratzbürste bis zur Schmusekatze. Manchmal ist sie sehr bissig und aufbrausend, bekommt ihr Temperament kaum gezügelt und schlägt dabei auch mal über die Stränge und handelt kopflos. So schnell, wie sie explodiert, kann sie sich aber auch wieder beruhigen und genießt dann Nähe in vollen Zügen. Auch wenn Kat insgesamt gesehen schon eine interessante Protagonistin ist, war sie mir manchmal doch etwas zu viel und zu sprunghaft. Teilweise zweifelt sie an sich und ihrem Körper, obwohl sie weiß, dass Kleidergröße 42 absolut nichts Dramatisches ist – was ich sehr richtig finde und auch gut, dass sie das so sagt. Zum Wandeln in die Tiergestalt muss sie allerdings ihre Kleidung ablegen und das tut sie meistens dann doch sehr unbesorgt und schneller, als ihre sonst aufkeimenden Zweifel nachvollziehbar machen. In den „Notsituationen“ kann ich das ja noch nachvollziehen, es geschieht jedoch auch in den ganz normalen Momenten auf ähnliche Weise.
Auch die Rückkehr auf die Bühne ging mir einfach zu schnell und zu problemlos. Ein klein bisschen gut zureden und Levi tief in die Augen schauen und nichts ist unmöglich. Die Anziehung zwischen den beiden ist natürlich spürbar und das auch schon zu der Zeit, als sie sich eigentlich noch anfauchen bzw. Levi sich von Kat anfauchen lässt. Trotzdem kennen sie sich kaum und irgendwie ging das dann doch sehr schnell. Zumal der Klappentext vermuten ließ, dass dieses Problem von Kat -die Musik wieder zuzulassen- mehr Raum einnehmen könnte. Die Mitglieder der Band Night Cirus mochte ich alle sehr gern. Sie sind sehr verschieden und ergänzen sich gut. Wenn einer mal die Nerven verliert, ist ein anderer zur Stelle und baut ihn wieder auf. Auch dass die Musik immer mal im Mittelpunkt des Geschehens stand, fand ich schön, da mir auch die Auszüge aus den Liedtexten gut gefallen haben.
Kat und Levi sind teilweise eine ziemlich explosive Mischung. Sie sind beide temperamentvoll und gehen auch mal an die Decke, stoßen den anderen von sich, obwohl sie ihn eigentlich brauchen. Nach und nach erfährt man bei einigen Aspekten auch, woran das liegt, bei Levi liegt da einiges in seiner Vergangenheit begraben. Ihre Ausflüge in Tiergestalt sind häufig sogar harmonischer, als die Begegnungen in der Menschengestalt. Zu ruhig wird es mit den beiden zumindest nicht.

Im Verlauf des Buches hat die Handlung dann eine Richtung eingeschlagen, mit der ich zu Beginn gar nicht so gerechnet hatte. Night Cirus ist zwar stets im Fokus des Geschehens, auch wenn ihre Ziele sich irgendwann ändern, man taucht aber doch deutlich intensiver in die Welt der Gestaltenwandler und Jäger ein, als ich angenommen hatte. Mir haben diese Einblicke gut gefallen, immer wieder gibt es auch kleine Zusammenhänge zu bestehenden Märchen der Gebrüder Grimm. Besonders faszinierend finde ich, dass man in den Augen der Wandler sehen kann, welches Tier in ihnen wohnt und wie vielfältig diese selbst innerhalb einer Familie sein können.
Da auch die Mitglieder der Band über einige Entwicklungen innerhalb ihrer Spezies nichts wussten, kann man mit ihnen gemeinsam entdecken, welche Geheimnisse es dort gibt.

Der Schreibstil von Alexandra Fuchs ist angenehm und das Buch hat sich zügig lesen lassen, auch wenn mir Kat manchmal etwas zu viel war. Durch die Perspektive ist man hautnah am Geschene und  durch Kats „Gedankengespräche“ fühlte ich mich noch intensiver in die Handlung integriert. Liebe, Freundschaft und Hoffnung spielten genauso eine Rolle, wie Angst, Intrigen und Zweifel. Die Figurenmischung ist facettenreich und interessant und bringt auch immer wieder neuen Zündstoff oder Gesprächsbedarf mit sich.

Fazit

Straßensymphonie habe ich nach fast vier Jahren von meinem SuB befreit. Es ist eine ganz schöne Geschichte, in der einiges anders kommt, als ich es zu Beginn erwartet hatte. Besonders spannend fand ich die Einblicke rund um die Welt der Gestaltenwandler und ihre Fähigkeiten. Protagonistin Kat ist vielseitig und auch wenn sie mir mit ihrer Kaffeesucht und Sprunghaftigkeit manchmal etwas zu viel war, wird es mit ihr auch nicht so schnell langweilig. Wer einen besseren Draht zu ihr aufgebaut bekommt, hat bestimmt sogar noch mehr Spaß an dem Buch.


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