[gelesen] Gips oder Wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte von Anna Woltz

© Carlsen
Gips oder Wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte
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Anna Woltz
erschienen im Februar 2019 (Taschenbuch, ebook 2016)
176 Seiten
ab 12 Jahren
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Carlsen

 einfühlsam erzählte Geschichte

Wenn Eltern sich scheiden lassen, dann ist für die gesamte Familie eine Umstellung, auf die jeder ganz unterschiedlich reagiert. Für manche ist es eine Erleichterung und sie können endlich wieder sie selbst sein, andere fallen in ein tiefes Loch, ziehen sich zurück, machen verrückte Sachen, kommen auf ungewöhnliche Ideen, schreien ihre Wut hinaus – je nachdem wie alles abläuft und wen aus der Familie man betrachtet. Auch für Fitz, 12,  und ihre Schwester Bente, 9, ist die Trennung ihrer Eltern nicht leicht. Viele unterschiedliche Gefühle, Gedanken und Fragen schwingen mit und wühlen besonders die Zwölfjährige auf. Als dann jedoch ihre kleine Schwester einen Fahrradunfall hat und ins Krankenhaus muss, rückt alles für eine Weile in den Hintergrund. Und dann ist da auch noch Adam, den Fitz im Krankenhaus zufällig trifft. Mit ihm durchdenkt sie verschiedene Themen, auf der Suche nach Lösungen und Wegen, wie jeder mit den eigenen Situation umgehen kann und was man vielleicht versuchen könnte, um ein bisschen zu reparieren.

Der Schreibstil von Anna Woltz ist sehr angenehm und mitnehmend. Die Sprache ist leicht verständlich und trotz der zwischendurch immer wieder ernsten Themen empfand ist die Geschichte nicht als zu schwermütig. Sie stimmt jedoch immer wieder nachdenklich und es gibt durchaus bedrückende Momente. Ebenso gibt es jedoch auch Augenblicke zum Schmunzeln und Passagen, die einen auf eine positive Weise berühren. Teilweise haben die Heranwachsenden auch recht kreative Ideen, um ihre Pläne voran zu bringen.
Im Buch vermischen sich verschiedene Aspekte, weil jeder Charaktere so seine Päckchen, Baustellen und Ansichten mitbringt. Es war schön zu sehen, wie die Heranwachsenden sich auf die unterschiedlichen Situationen und Gedanken einlassen können und gemeinsam versuchen, Wege zu finden, wie sie ihre Situationen verbessern oder zumindest verändern können. Dabei geht natürlich auch mal was schief, man ist sich auch mal uneinig oder missversteht sich. Es ist kein Buch voller Sonnenschein, guter Laune und Unbeschwertheit. Das bringt schon die Umgebung der Geschichte mit sich, da man fast die gesamte Zeit im Krankenhaus ist, wenn auch an unterschiedlichen Orten und aus verschiedenen Gründen. Und trotzdem bringt es viel Wärme mit sich, weil es so einfühlsam und authentisch erzählt ist.

Protagonistin Fitz ist 12 Jahre alt und versucht mit der veränderten familiären Situation klar zu kommen. Und auch so bringt ihr Alter natürlich gewisse Herausforderungen für die Heranwachsenden mit sich. Tausend Fragen und Gedanken gehen ihr durch den Kopf, die Gefühle sprudeln auch mal über und sie trifft Entscheidungen, die nicht auf Gegenliebe stoßen. Ich empfand sie als sympathische und authentische Protagonistin. Sie macht sicher nicht alles richtig und doch hat sie immer wieder auch viele sehr schöne, kluge, einfühlsame oder kreative Gedanken. Ich mag ihre Herangehensweise an die Dinge, die auf sie einprasseln und wie sie versucht, für sich Wege und Lösungen zu finden – auch wenn vielleicht nicht immer alles so klappt oder umsetzbar ist. Auf ihrer kleinen „Reise“ durch die Klinik begegnen ihr verschiedene Personen. Manche spielen nur ganz kurz eine Rolle, andere sind zwar auch nicht intensiv vertreten, aber wiederkehrend und einige wenige nehmen eine wichtigere Rolle ein, wie Adam. Den einsamen Jungen trifft Fitz vor einem Fenster sitzend in einem anderen Stockwerk der Klinik. Sie tauchen sich darüber aus, wieso sie da sind und was ihr weiterer Plan ist. Zunächst sind beide etwas skeptisch und nicht sofort ehrlich miteinander, das ändert sich dann allerdings und sie finden einen guten Draht zueinander, auch wenn ihre frisch entstehende Freundschaft dann recht rasch auf eine Probe gestellt wird. Über manche Personen hätte ich gern noch etwas mehr erfahren, manches blieb doch eher ein wenig an der Oberfläche und ging nicht so sehr in die Tiefe. Für die geringe Zeitspanne, in der die Geschichte spielt allerdings auch verständlich, dass man viele Charaktere nicht so tiefgehend betrachten kann. Trotzdem mochte ich die Dynamik zwischen den Figuren und wie sie sich immer wieder neu sortieren, sobald sich eine Situation verändert hat. Man muss sich auch nicht immer total lange und intensiv kennen, um füreinander da zu sein oder gemeinsam kleine „Abenteuer“ zu erleben.

Fazit

Der Aufenthalt von Fitz und ihrer Familie im Krankenhaus bringt eine ziemliche Achterbahnfahrt an Gefühlen für die Zwölfjährige mit sich. Die ohnehin schon eher schwierige familiäre Situation hat großen Einfluss auf ihre Reaktionen und ihre Versuche, alles wieder etwas zu reparieren. Die einfühlsame Erzählweise und die authentisch wirkenden Gedankengänge und Emotionen haben es leicht gemacht, sich in die Sicht von Fitz einzufinden. Eine schöne Geschichte mit vielen nachdenklich stimmenden Augenblicken, aber auch viel Wärme und Zusammenhalt.

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