[gehört] Das Eulentor von Andreas Gruber

 

©der Hörverlag
Das Eulentor
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Andreas Gruber
gesprochen von Achim Buch
erschienen im August 2022
Hörbuch, ungekürzte Lesung: 626 Minuten
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der Hörverlag
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 unheimliche, mysteriöse Stimmung im ewigen Eis

Im August 1911 segeln Alexander Berger, der Kartograph Hansen und eine Handvoll Norweger ans Ende der Welt. Inmitten zerklüfteter Gletscher und arktischer Temperaturen sterben die Teilnehmer an Erfrierungen, stürzen in Gletscherspalten oder verschwinden unter mysteriösen Umständen im Blizzard.

Kurz vor Abbruch der Expedition entdecken die Überlebenden einen mysteriösen Schacht, der senkrecht und scheinbar endlos tief in die Erde führt. Sie wollen dieses Rätsel, das jedem physikalischen Gesetz widerspricht, lösen. Der gefährliche Abstieg in die Dunkelheit beginnt, wo Tod und Wahnsinn lauern… ©Klappentext: Der Hörverlag

Das Buch teilt sich in zwei verschiedene Zeitebenen auf. Zum einen begleitet man die Expedition 1911 und die Erforschungen, die sich daraus in den folgenden Jahren ergeben. Zum anderen hat man Kapitel, die 2021 spielen, und einen ebenfalls nach Spitzbergen zu dem mysteriösen Schacht mitnehmen. Ich fand diese unterschiedlichen Abschnitte recht gut miteinander verbunden, da die Protagonistin der Gegenwart Stück für Stück in die Vergangenheit eintaucht, Erfahrungsberichte liest und versucht das Geheimnis hinter der Forschungsstation in Spitzbergen zu ergründen. Das gibt immer wieder die Überleitung, um dann die Ereignisse des frühen zwanzigsten Jahrhundert mitzuverfolgen. Deutlich werden dabei dann auch die technischen Fortschritte, die es in der Zwischenzeit gegeben hat. Weniger unheimlich machen sie den Schacht allerdings nicht.

Alexander Berger, der eigentlich Arzt war, diesen Beruf jedoch für die Expedition ins ewige Eis aufgibt, schildert seine Erlebnisse in Form von Tagebucheinträge. Dadurch ist man immer sehr nah bei ihm und erfährt vom Rest der Gruppe nur aus seiner Sicht oder durch die Gespräche zwischen ihnen etwas. Einige der Passagen waren mir etwas zu ausgedehnt, insgesamt fand ich es aber sehr interessant Berger und die anderen zu begleiten und diese unterschwellige Anspannung mitzuerleben, die stetig herrscht. Schon allein aufgrund der extrem frostigen Temperaturen muss sich die Gruppe immer wieder einigen Herausforderungen stellen. Als sie dann auch noch auf den unerklärlichen Schacht treffen, ändert sich der Fokus, leichter wird es für sie jedoch nicht. Mit der Zeit entwickelt sich eine ganz eigene Dynamik in der Truppe und man hat stetig das Gefühl, in der Tiefe lauert etwas, was nur darauf wartet, endlich entfesselt und an die Oberfläche gebracht zu werden. Umso weiter die Kapitel rund um Berger voranschreiten, umso mehr Unfälle, Verluste und Probleme gibt es in Spitzbergen, es wird dramatischer und es müssen Entscheidungen getroffen werden, die scheinbar niemand mehr rational treffen kann, weil alle der Faszination des Schachtes erlegen sind.

Die Abschnitte 2021 sind besonders zu Beginn des Buches recht turbulent und actionreich und geben damit einen temporeichen Einstieg in die Geschichte. Neele gerät ziemlich in Bedrängnis und hat mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen, als sie erwartet hatte. Sie ist mit ihrer Neugier und dem Wissensdurst zum Schacht ein guter „Aufhänger“, um die Tagebuchinhalte und auch die Erkenntnisse aus der Zeit danach einfließen zu lassen, ich hätte so viel zusätzliches Drama aber nicht unbedingt gebraucht, weil die Ereignisse am Schacht selbst eigentlich für sich stehen. Da man im Verlauf des Buches dann immer wieder von ihr „weggeht“, verliert sich der Actiongehalt, der hier zu Beginn aufgebaut wird dann auch irgendwann, weil die Abschnitte nur noch punktuell kommen und ich immer etwas rausgerissen aus ihrer Situation war. Insgesamt fügt es sich aber schon gut zusammen und die neuen Abschnitte, die es in der überarbeiteten Version nun gibt, ergeben gemeinsam mit dem Ursprünglichen ein recht rundes Gesamtbild.

Die gesamte Geschichte wird von einer leicht bis stark angespannten, unheimlichen Atmosphäre umspannt. Selbst wenn eigentlich gerade nichts akut passiert, löst man sich nicht von dem Mysteriösen in Spitzbergen. Immer wieder spitzt sich dann die Lage zu, es gibt neue Entdeckungen, die Fragen aufwerfen, schreckliche Unfälle, unerklärliche Phänomene und obwohl allen Anwesenden klar zu sein scheint, dass etwas mit diesem Ort nicht stimmt, können sie sich doch nicht so recht von dort lösen und die Geheimnisse unerforscht lassen. Streckenweise ist die Handlung aber auch recht ruhig, es ist nicht so, dass sich die erschütternden Augenblicke die Klinke in die Hand geben.

Der Sprecher hat mich gut mitgenommen und die unheimliche Stimmung des Buches toll transportiert. Die unterschiedlichen Empfindungen der Figuren wurden gut rübergebracht und vor allem diese mysteriöse Spannung, die sich rund um den Schacht ausbreitet wurde durch die Sprache gut vermittelt. Die tiefe Stimmlage passt zur Handlung und unterstützt das Geschehen zusätzlich. Durch die Anpassungen in der Tonlage und Sprechweise kann man die verschiedenen Charaktere in den Dialogen gut voneinander unterscheiden. Schön fand ich auch, dass einige der Charakterzüge in der Art mitschwangen, wie die Figuren gesprochen wurden.

Fazit

Eine Geschichte, die geprägt ist von eisigen Temperaturen und den Widrigkeiten, die diese mit sich bringen und dem unheimlichen Schacht, der die Erforschenden vor mächtige Rätsel und unüberwindbar scheinende Hürden stellt. Die gesamte Zeit herrscht eine unterschwelle Anspannung und eine etwas unheimliche Stimmung, Horror in Form von brutaler Action, Blut oder riesigen Schrecken gibt es eher nicht. Insgesamt hat es mir, trotz kleiner Kritikpunkte gut gefallen und ich kann mir gut vorstellen, von dem Autoren noch mehr Geschichten zu lesen oder zu hören.


6 Gedanken zu „[gehört] Das Eulentor von Andreas Gruber“

  1. Hi Dana!

    Freut mich dass es dir gefallen hat!
    Ich hätte die „neuen“ Abschnitte tatsächlich auch nicht gebraucht, also die aus dem Jahr 2021. Soweit ich das verstanden hab, wurden die ja in der neuen Auflage hinzugefügt. In der alten Ausgabe ging es nur um die Expedition.
    Die Atmosphäre fand ich auch besonders, das hat der Autor hier super rausgearbeitet!
    Was ich dir sehr empfehlen kann von ihm ist Der Judas Schrein, das hat auch eine so spezielle Atmosphäre 😉

    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Hallo Alex,
      ich hatte es auch so verstanden, dass die Abschnitte 2021 neu hinzugefügt wurden und in der ersten Ausgabe nicht drin waren. Noch mal einen Bezug in die Gegenwart zu schlagen, hat natürlich was. Es macht die Bedrohung weniger abgeschlossen, aber gelebt hat die Geschichte für mich durch die Passagen der Vergangenheit. Danke für den Tipp, das Buch schaue ich mir bestimmt auch mal an. 🙂 In eine so besondere Atmosphäre abzutauchen, hat auf jeden Fall was und erlebt man ja auch nicht ständig beim Lesen oder Hörbuchhören.
      Liebe Grüße,
      Dana

  2. Hallo Dana,

    ich schließe mich an und freue mich auch, dass du das Buch mochtest. 🙂 Ohne die neuen Abschnitte wäre ich übrigens auch gut ausgekommen. Ich fand diesen Schacht und die merkwürdige Logik dahinter so unheimlich. Das ist etwas, wobei ich beim Nachdenken einen Knopf in den Gehirnzellen bekommen, der richtig weh tut.

    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Hallo Nicole,
      es ist echt interessant, dass wir die „neuen“ Abschnitte gar nicht gebraucht hätten und es dem Autoren offenbar aber ein Bedürfnis war, diese noch einzufügen und die Geschichte nun auf diese Weise erzählen zu können 😉 Wenn man nicht gewusst hätte, dass es vorher anders gewesen ist, hätte man sich vielleicht auch gar nicht so viele Gedanken darüber gemacht, ob man die Abschnitte nun „gebraucht“ hätte oder nicht, dann wären sie ja eh dagewesen.
      Ich werde mir bestimmt noch mehr Bücher des Autoren anschauen, diese unheimliche Atmosphäre, die einen zum Grübeln bringt, mochte ich hier echt gern. Kann mir gut vorstellen, dass mir der Stil der Geschichten allgemein liegen könnte.
      Liebe Grüße,
      Dana

  3. Guten Abend liebe Dana,
    ich finde die (Hör)-Bücher von Andreas Gruber allgemein richtig gut. Er hat immer einen so fesselnden Schreibstil, dass ich mir wirklich gut vorstellen kann, wie spannend die Story sein muss. Ich packe den Thriller gleich mal auf meine Wunschliste, denn das Setting klingt wirklich atemberaubend.
    Ganz liebe Grüße und eine schöne Woche
    Andrea ♥

    1. Hallo Andrea,
      für mich war es das erste Buch von Andreas Gruber, daher habe ich jetzt keinen Vergleich. Aber ich denke, es wird sicher nicht mein letztes gewesen sein. Die Atmosphäre war schon sehr besonders. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man beim Selbstlesen ebenfalls eine tolle Stimmung erzeugt bekommt durch die gelungene Wortwahl. Beim Hörbuch muss man sich ja immer sehr darauf verlassen, dass der Sprecher einen mitzunehmen weiß.
      Liebe Grüße,
      Dana

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