[gelesen] Rachejagd 1. Gequält von Nica Stevens und Andreas Suchanek

Rezensionsexemplar

©Heyne
Gequält

Die Rachejagd-Trilogie 1
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Nica Stevens, Andreas Suchanek
erschienen Oktober 2022
448 Seiten
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Heyne
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guter Start, am Ende unzufrieden – zu viel Effekthascherei, zunehmend unlogische Handlung

Vor drei Jahren wurde Anna Jones gemeinsam mit ihrer Freundin Natalie entführt, über mehrere Tage gefangengehalten und gequält. Nur mit viel Glück konnte Anna sich befreien, musste jedoch ihre Freundin zurücklassen, die das Martyrium nicht überlebt hat. Seither muss die Journalistin mit der Schuld leben und denkt immer wieder an den Mann zurück, der ihnen all das angetan hat und niemals gefasst wurde. Edward Harris.
Als Anna im Büro einen Brief erhält, schwappt eine Welle aus Erinnerungen und Panik über sie hinweg. Ihr Peiniger ist zurück. Schnell fühlt sich Anna nirgends mehr sicher, denn Harris scheint überall sein zu können, ohne dass ihn jemand bemerkt. Was er will, ist klar, wie man ihn aufhalten kann, ungewiss.

Der Einstieg in das Buch hat mir gut gefallen. Man erlebt Anna, die sich gerade aus den Fängen ihres Peinigers befreien konnte und hilflos durch die Gegend tappt, bis sie auf jemanden stößt, der ihr helfen kann. Damit ist man direkt in einer unheimlichen, angespannten Atmosphäre und erhält erste Einblicke in die Geschehnisse, die Anna auch in der Gegenwart noch beschäftigen.
Drei Jahre nach der Entführung scheint nun alles von Neuem loszugehen, Harris ist zurück, beobachtet sie, kontaktiert sie, will ihr Angst einjagen, bis er sein Spiel auf den Höhepunkt treibt.
Dieses Mal muss Anna sich ihm jedoch nicht allein entgegenstellen. Nick Coleman, den Anna aus ihrer Jugend kennt, ist inzwischen FBI Agent und reist nach Chicago, um ihr beizustehen und die Ermittlungen gemeinsam mit der ortsansässigen Polizei zu übernehmen.
Damit hat man auch die beiden Protagonisten der Geschichte, die man in den Kapiteln abwechselnd begleitet. Einige Zeit erlebt man sie natürlich auch gemeinsam, oft sind sie aber auch getrennt unterwegs, gehen Hinweisen nach, stellen Nachforschungen an oder können aus anderen Gründen nicht gemeinsam agieren. So hat man viele Perspektivwechsel im Buch und erhält immer wieder andere Blickwinkel auf die Handlung und die Figuren. Auch das Tempo wird damit an einigen Stellen noch mal angezogen und immer wieder gibt es kleine Cliffhanger zwischen den Kapiteln, die die Anspannung und Spannung hochtreiben sollen. Teilweise hat das bei mir auch funktioniert, zeitweise aber auch nicht, weil es mir dann im Verlauf einfach zu oft war.

An sich liest sich die Geschichte flüssig weg, die Schreibstile ergänzen sich gut, ich hatte auf jeden Fall nicht den Eindruck, dass einige Kapitel qualitativ schlechter waren als andere. Ich mochte auch die Perspektivwechsel, die es gab. Wodurch man mal bei Anna und mal bei Nick ist, erhält man immer mal wieder andere Informationen, bekommt ein Update von den Ermittlungen, aber auch von den Dingen, die bei Anna los sind, die sie erlebt und so weiter. Durch Andeutungen und das Wegblenden, wird das Tempo hoch gehalten und Spannung erzeugt. In manchen Passagen war auch eine schöne, unheimliche Atmosphäre spürbar.
Leider hat das Buch aber aus anderen Gründen an Punkten bei mir eingebüßt. Umso dramatischer, spannender und turbulenter es besonders zum Ende hin wurde, umso schlechter fand ich es. Was nicht an den blutigen, actionreichen Szenen lag, sondern daran, dass die Handlung zunehmend unlogisch wird, die Reaktionen der Charaktere nicht wirklich nachvollziehbar sind und einiges sehr überspitzt wird. In der Summe war es mir dann einfach zu viel. Es musste immer noch eins und noch eins oben drauf gesetzt werden. Hier ein kleiner Schockmoment, hier noch mal eine Verletzung, hier eine Panne, da etwas Drama und noch was hier und noch was da und noch mehr und noch mehr. Manches empfand ich einfach als unnötige Dramatisierung obendrauf, ein bisschen weniger hätte es vermutlich viel spannender und wirkungsvoller gemacht. Was ich aber noch schlimmer fand waren die unlogischen Entscheidungen und Handlungen, die die Geschichte zunehmend kaputt gemacht haben, zumindest für mich.
Es gab im Verlauf zwar Offenbarungen, die ich gelungen fand und die auch Wendungen mit sich brachten, die ich so nicht habe kommen sehen, anderes dagegen war entweder vorhersehbar oder so abgedreht, dass es einfach nicht passte.
Zusätzlich fand ich auch die Protagonisten teilweise etwas zu idealisiert und klischeehaft. Es ist ja okay, wenn sie starke Persönlichkeiten sind, fest im Leben stehen und sich nicht so schnell unterkriegen lassen. Aber selbst die stärkste Persönlichkeit dürfte dann auch mal ihre Grenzen haben, besonders wenn man bedenkt, was sie da alles erleben und durchmachen. Zwei, drei Tage später ist aber der Großteil davon schon wieder vergessen und man geht mindestens genauso energiegeladen wie zuvor in den Kampf und steckt auch alles weitere weg. Ein paar mehr „Zusammenbrüche“ hätte ich schon irgendwie authentischer gefunden, besonders bei Anna, auch wenn es sicher bemerkenswert ist, wie sie mit vielem umgeht. Insgesamt blieb mir hier aber auch zu viel einfach an der Oberfläche.
Noch detaillierter rein zu gehen, würde spoilern, aber in der Summe kamen einfach immer mehr Stellen, die für mich nicht mehr passten, die ich nicht greifbar und nicht mehr nachvollziehbar fand. Der große Showdown war zwar ereignisreich, hat mich aber gar nicht angesprochen, aus unterschiedlichen Gründen.

Fazit

Nach einem guten Einstieg in die Geschichte, der mich neugierig gemacht hat, hat die Handlung immer mehr an Boden verloren. Es wurde zunehmend unlogisch und in der Summe einfach zu viel an allem. Dass es teilweise recht brutal und blutig war, hat mich an sich nicht gestört, eher dass eben immer noch mal eins oben drauf gesetzt werden musste, was die Geschichte nicht gebraucht hätte. Die Charaktere waren ziemlich idealisiert, blieben mir insgesamt aber zu blass, obwohl man viel mit ihnen unterwegs ist.

Ich danke dem Verlag und vorablesen für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.

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