Rezensionsexemplar
©Fischer Verlag | Vier. Zwei. Eins . Autorin: Erin Kelly erschienen August 2018 480 Seiten, Print . hier gehts zum Verlag → Fischer Verlag . |
schöne Grundidee, zäh in der Umsetzung
Man begegnet im Laufe seines Lebens ganz unterschiedlichen Menschen. Manche bleiben für immer, auf die eine oder andere Weise, manche sieht man nie wieder, einige würde man vielleicht gern öfter sehen, schafft es aber nicht mit ihnen in Kontakt zu bleiben und wieder andere würde man am liebsten aus seinem Leben streichen, doch sie verfolgen einen, Jahre lang.
Laura und Kit sind auf einem Festival, um die Sonnenfinsternis in Cornwall 1999 zu genießen, als die Geschichte, die sie nie mehr loslassen wird, beginnt. Durch einen Zufall stoßen sie auf zwei andere junge Leute und von dem Zeitpunkt an, sind ihre Leben miteinander verwoben. Die Erlebnisse, die folgen, sind größtenteils nicht positiv. Gerichtsverhandlungen, Angst, Verzweiflung, Drohungen und eine große Lüge belasten die Zukunft und egal, wie viel Zeit vergeht, die Protagonisten kommen einfach nicht von ihrer Vergangenheit los.
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die einen durch verschiedene Jahre führen. Man erlebt die Protagonisten, Kit und Laura, sowohl 1999, als alles begann, als auch 2015, in der Gegenwart der Figuren, sowie in einigen, ausgewählten Jahren dazwischen, in denen für die Entwicklung ihrer Leben wichtige Dinge passiert sind. Durch die zwei ich Perspektiven ist man sehr nah bei den Protagonisten und erhält Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelten, die im Laufe der Jahre mit immer unterschiedlichen Dingen gefüllt und belastet werden. Nach und nach baut sich so die Geschichte zusammen, man erfährt etwas über die Zusammenhänge der verschiedenen Ereignisse und die zahlreichen Verstrickungen zwischen den Figuren, die man zu Beginn der Handlung so nicht erwartet.
Insgesamt bleiben mir die Charaktere aber zu blass. Obwohl man so nah bei Laura und Kit ist, taucht man erst sehr spät etwas tiefer in ihre Persönlichkeiten. Die Einblicke vorher geben eher ein grobes Bild bzw. eines, das die Autorin eben in uns entstehen lassen will. So richtig tiefgründig wird es aber nicht, obwohl oder vielleicht auch gerade wegen den zahlreichen Zeitsprüngen, die einen durch die verschiedenen Jahre jagen. Man bekommt eher einen groben Überblick über alles, so richtig greifbar wurden die Figuren für mich dadurch aber nicht.
Die Grundidee der Geschichte ist auf jeden Fall interessant, leider konnte mich die Handlung und der Schreibstil aber nicht vollständig überzeugen und fesseln. Es gibt reichlich langatmige, zähe Passagen, in denen nicht so richtig viel passiert, die einen dann aber von den ereignisreicheren, spannenderen Szenen weglenken, in denen man hofft zu erfahren, wie nun wirklich alles zusammenhängt und was so verhängnisvolles passiert ist, das die gesamte Situation sich so zuspitzen und eskalieren konnte. Auch die Rückblenden in die Vergangenheit sind, für meinen Geschmack, manchmal etwas zu umfangreich gestaltet. Es ist schon interessant zu lesen, was den Charakteren passiert ist, da man sich nur so ein Bild darüber machen kann, wieso sie teilweise so seltsam reagieren, was sie verschweigen, wovor sie Angst haben. Diese Rückblicke hätten aber etwas knackiger und kürzer sein können. Die zwischendurch sehr detaillierten Beschreibungen entschleunigen die Handlung und bringen sie immer wieder ins stocken.
Erst nach etwa 300 Buchseiten war ich dann doch etwas mehr von der Handlung und den ganzen Geschehnissen gefesselt genug, dass ich wissen wollte, wie es weiter und aus geht, für mich leider deutlich zu spät.
Die Autorin hat die Handlung und die Charaktere schon clever angelegt. Immer wieder ändert man beim Lesen die Meinung über die Protagonisten, man zweifelt, grübelt und weiß bis zum Schluss kaum, wem man was zutrauen soll. Durch die turbulenten Passagen am Ende kommen viele Dinge ans Licht, es werden dunkle Geheimnisse aufgedeckt, die ich so nicht erwartet hätte. Mich konnte es insgesamt aber einfach nicht mehr abholen, nachdem es zu lange an der Oberfläche plätscherte, ohne das man so richtig von der Handlung gefangen genommen wurde.
Was mir allerdings gut gefallen hat, ist der Zusammenhang mit der Sonnenfinsternis und dem Anpassen der Handlung an die verschiedenen Phasen der Finsternis. Das war ein sehr ungewöhnliches Element, das ich so vorher noch nie gesehen habe.
Fazit:
Eine interessante, sehr verstrickte Grundidee, in der es reichlich Lügen und Intrigen zu entdecken gibt. Während des Lesens ändert man mehrfach seine Meinung zu den Charakteren und weiß bald gar nicht mehr, wem man noch glauben darf. Leider gibt es zu viele langatmige, zähe Passagen und auch die Figuren waren mir insgesamt zu blass und nicht greifbar genug. Die Spannung kam für mich zu spät auf, dadurch konnte mich das Buch nicht mehr packen und überzeugen.
Ich danke dem Verlag für das bereitgestellte Rezensionsexemplar.