© dtv | Tara und Tahnee – Verloren im Tal des Goldes . Patrick Hertweck erschienen im März 2022 304 Seiten ab 10 Jahren . hier geht’s zum Verlag → dtv |
spannendes Abenteurer im Wilden Westen
Sierra Nevada im Herbst 1856, für Tahnee eine Zeit, die sie wohl niemals vergessen wird. Auf sich allein gestellt, kämpft sich das Mädchen durch die Wildnis und muss dabei Herausforderungen und Gefahren meistern, auf die man sie kaum hätte vorbereiten können. Angetrieben von dem Wunsch, ihrem Vater irgendwie zu helfen, schöpft sie immer wieder neue Kraft und Hoffnung, wie ausweglos die Situation auch aussehen mag. Doch werden ihre Mühen wirklich belohnt? Was erwartet sie in dem Anwesen in San Fransisco, das zu erreichen sie versprochen hat?
Im Buch begleitet man sowohl Tara, als auch Tahnee, wodurch man beide Mädchen in ihren Lebenssituationen kennenlernen kann. Durch die Tagebucheinträge in der Ich-Form erhält man bei Tara, die in einem herrschaftlichen Anwesen wohnt, einen guten Überblick über ihre Wohnsituation, die Menschen, die sie umgeben und ihre Gedanken und Gefühle zu den zuvor erlebten Dingen. Mit der Zeit werden Empfindungen dann auch ziemlich durcheinander gewirbelt. Sie beginnt Nachforschungen anzustellen und versucht auf ganz unterschiedliche Weise, an Informationen zu gelangen, die alle anderen ihr vorenthalten wollen. Nach und nach wird sie mutiger, angetrieben von den Ungereimtheiten, die ihr auffallen und von den Dingen, die sie erfährt und zu denen sie gern die gesamte Geschichte hören möchte. Besonders zum Ende des Buches hin verlässt sie ihre wohlerzogene Rolle und unternimmt auf eigene Faust einen verzweifelten Versuch, noch etwas zu erreichen, wodurch sie sich selbst in Gefahr begibt.
Diese Tagebucheinträge, die gut als solche gekennzeichnet sind, sorgen für eine schöne Abwechslung und zusätzliche Spannung im Buch, da sie sich immer wieder zwischen die Kapitel von Tahnee schieben, mit der man die meiste Zeit unterwegs ist. Durch die Datumsangaben kann man gut verfolgen, wie sich die Abschnitte von Tara und Tahnee nach und nach annähern, bis sie zum Ende hin dann komplett zusammenlaufen.
Tahnee ist in sehr viel einfacheren Verhältnissen aufgewachsen, hat sich mit ihrem Vater in ihrer Hütte jedoch gut arrangiert und viel nützliches über das Leben gelernt. Das hilft ihr dabei, als sie sich in der Wildnis durchschlagen muss, ändert aber nichts daran, dass sie immer wieder in Gefahr gerät und dabei zeitweise eine gute Portion Glück oder Helfer benötigt, um aus ihren misslichen Lagen wieder herauszukommen. Tahnee ist erst elf und muss sich enormen Herausforderungen stellen. Sie ist mutig, aufmerksam und taff. Vertrauen zu fassen, fällt ihr in ihrer Lage verständlicherweise schwer, doch sie verlässt sich auf ihre Menschenkenntnis und ihr Bauchgefühl – mit unterschiedlichem Erfolg. Schön fand ich, dass bei ihr nicht alles glatt läuft, aber auch nicht pausenlos alles schief geht. Es war eine angenehme Mischung, die das Tempo und die Spannung in der Geschichte zusätzlich noch angetrieben hat.
Mir hat der anschauliche Schreibstil gut gefallen. Man kann sich beim Lesen die Situationen und Umgebungen sehr lebendig vorstellen und bekommt einen guten Eindruck von der damaligen Zeit, den Lebensumständen und der gesellschaftlichen Lage. Sprachlich empfand ich das Buch als dem empfohlenen Alter angemessen. Insgesamt ist es einfach und gut verständlich gehalten, natürlich spielen aber auch Ausdrücke eine Rolle, die dem 19. Jahrhundert und dem Wilden Westen angepasst sind. Der Lesefluss bleibt erhalten, es ist nicht zu schwulstig, kompliziert oder verschachtelt und damit gut zu erfassen, auch wenn so viel passiert und die Schwierigkeiten der Zeit mit eingeflochten wurden. Neben den Gefahren und Problemen, mit denen Tahnee selbst auf ihrer abenteuerlichen Reise durch die Wildnis zu kämpfen hat, spielen verschiedene andere Themen eine Rolle, die in der Zeit, in der die Handlung spielt, zum Alltag gehörten. Unter anderem fließen Aspekte rund um die Ausgrenzung von Menschen mit dunkler Hautfarbe und der Indianer mit in die Geschichte rein, sowie das gesellschaftliche Gefälle, was aufgrund von Reichtum und Armut entsteht. Wer Geld hat, hat die Macht und kann sich unliebsame Gegner vom Hals schaffen, Schweigen erkaufen und andere Gefälligkeiten bekommen. Trotz der ernsten Themen und der zahlreichen Probleme gibt es aber auch immer wieder kleine Lichtblicke und gute Seelen, die zeigen, dass nicht jeder nur an sich selbst denkt. Und selbst die, die ausgegrenzt werden, haben so ihre Strategien entwickelt, ihren Weg zu gehen und zurecht zu kommen. So schwingen immer wieder auch positive Aspekte mit und es ist nicht ausschließlich düster. Dabei gibt es dann auch für Tahnee immer wieder Momente, in denen sie Hilfe bekommt, auch weil andere unterschätzt werden.
Mir hat die Dynamik in der Geschichte richtig gut gefallen. Zeitweise wird das Tempo ordentlich angezogen, dann gibt es auch mal wieder etwas ruhigere Momente, in denen dann andere Dinge als Flucht und Gefahr im Fokus stehen. Die Kombination aus Gefahren, Herausforderungen, glücklichen Fügungen, Informationen über die vergangene Zeit und die damaligen Lebensweisen, die beiden Perspektiven, die die Gesellschaft von verschiedenen Seiten beleuchten und gemeinsam einen schönen Handlungsfluss ergeben und den schön ausgearbeiteten Protagonistinnen sorgt für Spannung, Neugier und Abwechslung.
Fazit
Ein schöner, spannend und dynamisch gestalteter Abenteuerroman, der auch mich als erwachsene Leserin gut unterhalten und mitgenommen hat. Ich bin eher selten im historischen Setting unterwegs, fand die Art, wie die Gegebenheiten der damaligen Zeit hier mit eingeflochten wurden jedoch sehr angenehm. Auch wenn man sich den einen oder anderen Zusammenhang beim Lesen denken kann, hat es Spaß gemacht Tara und Tahnee zu begleiten und Stück für Stück hinter die Geheimnisse zu kommen.